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Loveparade-Strafverfahren: Einschätzung der Römermann Rechtsanwälte AG

„Eine Verurteilung erscheint nach allem, was bislang vorliegt, nahezu ausgeschlossen.“
Das Hauptverfahren im Strafprozess um die Love-Parade 2010 in Duisburg wird nun doch eröffnet – Stellungnahmen der Verteidigung

Amts- und Landgericht Duisburg am König-Heinrich-Platz. Foto: Petra Grünendahl,
Das Oberlandesgericht ist in seiner Betrachtung zu der Einschätzung gekommen, dass das Landgericht die Tatsachen nicht umfassend gewürdigt habe. In Wirklichkeit hat sich das Landgericht Duisburg in seinem Beschluss vom 30.03.2016 auf 460 Seiten in einer Weise mit allen Details des Sachverhalts auseinandergesetzt, wie sie in der deutschen Rechtsgeschichte nahezu einmalig ist. Die Umstände, die das OLG zum Beleg für seine Behauptung aufführt, betreffen sämtlich Aspekte, die der Gutachter Prof. Still in seiner Stellungnahme erörtert hat. Das hat das Landgericht aber zu Recht für ungenügend gehalten. Hierzu Stellungnahmen von drei Verteidigern:

„In der Pressemitteilung des OLG vom heutigen Tage heißt es, dass das Landgericht die alleinige Schuld von dritten Personen nicht festgestellt habe. Mit anderen Worten: Es könne sein, dass die hier Angeklagten ursächlich oder mit ursächlich für die Katastrophe seien.
Warum die anderen möglicherweise Mitverantwortlichen nicht auf der Anklagebank sitzen sollen, bleibt weiterhin offen. Richtig ist: Die wahren Schuldigen – wenn es sie überhaupt gab – sind gar nicht angeklagt. Ist es nicht auch denkbar, dass eine Katastrophe eintritt, die viele Ursachen, aber keine strafrechtlich Schuldigen hat?“
Rechtsanwalt Prof. Dr. Volker Römermann von der Römermann Rechtsanwälte AG

„Das Gutachten des Professor Still mag allenfalls – wenn überhaupt – für einen Verdacht reichen, für eine Verurteilung aber sicher nicht. Mit diesen soll sich nun das Landgericht in neuer Besetzung auseinandersetzen. Das wird hochproblematisch werden, weil es auf dem Gebiet der Veranstaltungsplanung keine gesicherten Erkenntnisse gibt. Es ist auch erstaunlich, dass das Oberlandesgericht mit seiner Entscheidung nicht abgewartet hat, bis das neue – von der Staatsanwaltschaft selbst in Auftrag gegebene – Gutachten vorliegt. Dass das Oberlandesgericht nicht abgewartet hat, liegt vermutlich daran, dass der öffentliche Druck, auch von Seiten der Politik, enorm war, innerhalb der Verjährungsfrist noch irgendein Verfahren durchzuführen.“
Rechtsanwalt Dr. Philip von der Meden von der Römermann Rechtsanwälte AG

„Das Landgericht wird nun vor der schwierigen Aufgabe stehen, einen hochemotionalen Prozess in rationale Bahnen zu lenken. Die Zulassung der Anklage allein besagt nichts über eine etwaige Verurteilung. Im Prozess werden die offen zutage getretenen massiven Mängel der Anklage und des Gutachtens erneut zum Thema werden. Eine Verurteilung erscheint nach allem, was bislang vorliegt, nahezu ausgeschlossen.“
Rechtsanwalt Ioannis Zaimis

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Zum Hintergrund:
Beim Unglück während der jährlich veranstalteten Technoparade Loveparade im Jahre 2010 in Duisburg waren 21 Menschen ums Leben gekommen. Gegen sechs Bedienstete der Stadt Duisburg und vier Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent hatte die Staatsanwaltschaft Duisburg daraufhin im Februar 2014 Anklage wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung erhoben. Das Landgericht Duisburg hatte die Anklage in einem sorgfältig begründeten 460 Seiten starken Beschluss zunächst abgelehnt. Die Anklage sei „erkennbar aussichtslos“, die Vorwürfe nicht bewiesen und das für die Staatsanwaltschaft maßgebliche Gutachten von Prof. Still sei wegen zahlreicher methodischer Mängel unverwertbar. Hiergegen legten zunächst 40 Nebenkläger Beschwerde ein, zwei davon nahmen die Beschwerde später von sich aus wieder zurück. Mit Beschluss vom 18.04.2017, der am 24.04.2017 den Vertretern von 10 Angeklagten und 38 Nebenklägern zugestellt wurde, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Anklage in der Sache „Loveparade“ zugelassen. Es hebt damit den Beschluss des Landgerichts Duisburg vom 30.03.2016 auf, der die Zulassung der Anklage noch abgelehnt hatte. Die Sache wird zur Verhandlung einer anderen Kammer des Landgerichts Duisburg zugewiesen.

– Pressemitteilung der Römermann Rechtsanwälte AG, Hamburg –
Foto: Petra Grünendahl

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