Anzeige

Lopavent-Geschäftsführer Rainer Schaller sagt im Loveparade-Strafprozess als Zeuge aus

Schaller verwies auf Verantwortlichkeiten in seinem Unternehmen, entschuldigte sich bei Opfern und Angehörigen
Von Petra Grünendahl

Der Geschäftsführer von Lovapent und Mitorganisator der Loveparade Rainer Schaller in Duisburg sagt am Dienstag,22. Mai 2018 vor dem Landgericht Duisburg im Düsseldorfer CCD Süd im Loveparade Prozess als Zeuge aus. Foto: Kai Kitschenberg / Funke Foto Services.
Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) der Loveparade die Berechtigung als „politischen Demonstration“ abgesprochen hatte, wurde es für die Veranstalter um Dr. Motte schwieriger, die mittlerweile zum Großspektakel avancierte Techno-Parade finanziell zu stemmen. 2004 und 2005 fand sie entsprechend nicht statt. Er, Rainer Schaller, sei damals bemüht gewesen, mit seiner Fitness-Kette McFit als Sponsor einzusteigen. 2006 kaute er die Markenrechte und die Veranstaltergesellschaft, die bis dahin PlanetCom GmbH geheißen hatte, und stieg in den Vertrag der Stadt Berlin ein, um die Parade letztmalig durch die Bundeshauptstadt ziehen zu lassen. Für künftige Loveparades habe er sich nach anderen Örtlichkeiten umgucken müssen, so Schaller. Besonderes Interesse habe damals die Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr gezeigt – für wechselnde Standorte im Ruhrgebiet.

Die 6. große Strafkammer des Landgerichts Duisburg nun Rainer Schaller als Zeugen geladen. Drei Tage sind für seine Aussagen angesetzt. Angeklagt sind neben sechs Mitarbeitern der Stadt Duisburg auch vier Mitarbeiter der Lopavent GmbH, die für die Veranstaltungsorganisation verantwortlich waren. Rainer Schaller hatte sich nach der Loveparade-Katastrophe früh als moralisch verantwortlich bezeichnet, war auf Opfer und Hinterbliebene zugegangen. Vor seiner Aussage entschuldigte er sich noch einmal in einem Statement bei den Verletzten und Angehörigen der Todesopfer für das Leid, welches er in seiner Verantwortung als Geschäftsführer des Veranstalters Lopavent ihnen zugefügt hatte. Mit vielen hatte er sich schon früher getroffen, hier vor Gericht adressierte er noch einmal alle: Man sah ihm an, dass es ihm ein Bedürfnis war. Als vor gut drei Wochen Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland vernommen worden war, hatte er kein Wort für die Betroffenen parat.

Eine Loveparade findet seit Duisburg nicht mehr statt, wie Schaller auf der Pressekonferenz am Tag nach dem Unglück angekündigt hatte. Schaller erzählte, wie er nach der Katastrophe mit seinen Mitarbeitern wieder und wieder Filmmaterial durchgegangen sei, sie alle Fragen diskutiert hätten, wie es zu der Katastrophe habe kommen können. Zu einem schlussendlichen Ergebnis seien sie dabei nicht gekommen.

Für Loveparade-Organisation auf bewährtes Team gesetzt

Der Geschäftsführer von Lovapent und Mitorganisator der Loveparade Rainer Schaller in Duisburg sagt am Dienstag,22. Mai 2018 vor dem Landgericht Duisburg im Düsseldorfer CCD Süd im Loveparade Prozess als Zeuge aus. Foto: Kai Kitschenberg / Funke Foto Services.
Der Vorsitzende Richter Mario Plein ließ Schaller zunächst einmal erzählen, bevor er mit Fragen nachhakte, die sich aus den Ermittlungsakten ergaben. Schaller erzählte, er habe teilweise Mitarbeiter der früheren Veranstalter übernommen sowie solche Leute neu ins Team geholt, die sich mit solchen Großveranstaltungen auskannten. Als Verantwortliche für die Organisation der Loveparade bezeichnet der 52-Jährige seine Mitarbeiter Kersten S. (Head of Organisation) und Stephan S. (Produktionsleiter), stellte aber beiden – wie auch den Mitangeklagten Günther S. und Lutz W. – ein hervorragendes Zeugnis in Punkto Verantwortungsbewusstsein aus: „an der Sicherheit sollte nicht gespart werden.“

Während Schaller ausführte, Verantwortlichkeiten grundsätzlich an seine Führungskräfte zu delegieren, stellte es insbesondere der Verteidiger des Kersten S. anders dar: Schaller habe alle Entscheidungen selber getroffen. Solche Aussagen haben sich aber wohl im Ermittlungsverfahren nicht belegen lassen, denn sonst säße ja der Unternehmer anstelle seiner Mitarbeiter auf der Anklagebank. Die Angeklagten selber machen bislang von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Anzeige

Aus Platzgründen findet das Strafverfahren gegen vier Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent und sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg vor der 6. großen Strafkammer des Landgerichts Duisburg im CongressCenter der Messe Düsseldorf (CCD) statt. Foto: Petra Grünendahl.
Schaller sei, so seine eigene Aussage, nur an der Loveparade 2006 mit Stephan S. in einer Doppelspitze für die Organisation (mit)verantwortlich gewesen. Seit Essen (2007) sei Kersten S. dafür – in der Entscheidungshierarchie auch als Vorgesetzter von Stephan S. – mit an Bord gewesen. Ein später in Umlauf gekommenes Organigramm, welches Kersten S. lediglich als „Creative Director“ auswies, sei manipuliert gewesen, so der Lopavent-Geschäftsführer. Schaller sei (als geschäftsführender Gesellschafter mehrerer Gesellschaften – er selber sprach von „Konzern“) nur Ansprechpartner gewesen für Probleme, die sich nicht anders hätten lösen lassen. Solche habe es nicht gegeben, so Schaller: Er habe seinem erfahrenen Team vertraut!

© 2018 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Kai Kitschenberg / FunkeFoto Services (2), Petra Grünendahl (1)

Anzeige

Sie muessen eingeloggt sein um einen Kommentar zu schreiben Einloggen