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Oper am Rhein: Premiere von Richard Strauss’ „Ariadne auf Naxos“ im Theater Duisburg frenetisch gefeiert

Wenn der Zuschauer Teil des Schauspiels wird:
Von der Oper in der Oper
Von Petra Grünendahl

Katarzyna Kuncio (Der Komponist). Foto: Florian Merdes.
Katarzyna Kuncio (Der Komponist). Foto: Florian Merdes.
Bogdan Baciu (Harlekin), Heidi Elisabeth Meier (Zerbinetta). Foto: Florian Merdes.
Bogdan Baciu (Harlekin), Heidi Elisabeth Meier (Zerbinetta). Foto: Florian Merdes.
Karine Babajanyan (Ariadne). Foto: Florian Merdes.
Karine Babajanyan (Ariadne). Foto: Florian Merdes.
Der junge Komponist (Katarzyna Kuncio) verzweifelt: Sein Auftraggeber will seiner Oper ein Lustspiel folgen lassen, wo er sich so viel Mühe mit seinem neuen Stück gibt. Auch seine Primadonna (Karine Babajanyan) und der Tenor (Corby Welch) sind alles andere als begeistert. Um die Zeit zwischen Festmahl und Feuerwerk für seine Gäste nicht zu lang werden zu lassen, lässt der Auftraggeber den Opern- und Lustspielakteuren ausrichten, dass sie doch bitte gleichzeitig spielen sollten und das ganze dürfe höchstens eine Stunde dauern. Während der Opernkomponist verzweifelt, sieht es die Komödiantentruppe eher locker: Improvisieren sei ja schließlich ihre Sache. Und so treffen sich nun Drama und Lustspiel auf einer Bühne: Wo die Primadonna in ihrer Rolle der Ariadne seit Jahren um den geliebten Theseus trauert, hält ihr die lebenslustige Komödiantin Zerbinetta (Koloratursopran Heidi Elisabeth Meier, die hier ihr Rollendebüt gab und jüngst erst in Mozarts „Entführung aus dem Serail“ begeistert hatte) vor, wie austauschbar doch die Männer wären: gehe Einer, so käme doch schon der Nächste – oder gar gleich zwei. In ihrer Todessehnsucht wartet Ariadne jedoch auf den Todesboten. Der Tenor spielt den Bacchus, der Circe entkommen ist und von Ariadne zunächst für den Todesboten gehalten wird. Die beiden verlieben sich, während Zerbinetta spöttisch triumphiert: „kommt der neue Gott gegangen, hingegeben sind wir stumm“.

Begeistert feierte das Publikum im Theater Duisburg bei der Premiere von Richard Strauss’ Oper „Ariadne auf Naxos“ die hervorragenden Akteure immer wieder mit Szenenapplaus und schließlich mit minutenlangem Schlussapplaus. Bereits in der vergangenen Spielzeit hatte die Inszenierung von Dietrich W. Hilsdorf in Düsseldorf Premiere gefeiert, nun folgte Duisburg. Die Oper in einem Aufzug nebst einem Vorspiel von Hugo von Hofmannsthal dauert zweieinviertel Stunden (ohne Pause) und wird in deutscher Sprache gesungen. Übertitel erleichtern das Verständnis der Handlung.

Von der Wertschätzung der Kunst

Aus der Düsseldorfer Aufführung in der letzten Spielzeit: Cornel Frey (Brighella), Bruce Rankin (Scaramuccio), Elena Sancho Pereg (Zerbinetta), Bogdan Taloş (Truffaldin). Foto: Hans Jörg Michel.
Aus der Düsseldorfer Aufführung in der letzten Spielzeit: Cornel Frey (Brighella), Bruce Rankin (Scaramuccio), Elena Sancho Pereg (Zerbinetta), Bogdan Taloş (Truffaldin).
Foto: Hans Jörg Michel.
Corby Welch (Bacchus), Karine Babajanyan (Ariadne). Foto: Florian Merdes.
Corby Welch (Bacchus), Karine Babajanyan (Ariadne). Foto: Florian Merdes.
Die Uraufführung der „Ariadne von Naxos“ hatte in Stuttgart 1912 direkt im Anschluss an eine Aufführung von Molieres „Bürger als Edelmann“ stattgefunden: Weder das eine noch das andere Stück waren vom Publikum angemessen honoriert worden. Komponist Strauss und Librettist von Hofmannsthal ersannen daraufhin das Vorspiel, mit dem sie auch ein bisschen Umstände um die Uraufführung durch den Kakao zogen und den Umgang der Mächtigen mit der Kultur anprangerten. Die Uraufführung der heutigen Fassung in der Wiener Hofoper (heute: Staatsoper) fand 1916 statt. Zu einem festlichen Anlass soll die Ariadne-Oper uraufgeführt werden, der Komponist arbeitet noch am letzten Feinschliff. Vor der Oper haben die Festgäste ein großes Mahl genossen, nach der Oper sollen sie sich am Lustspiel einer Komödianten-Truppe erfreuen, bevor es nach Zeitplan zum Feuerwerk geht. So weit, so ärgerlich: der Komponist schäumt. Dann verlangt der Auftrag- und Geldgeber, dass beide Stücke – die ernste Oper und das Lustspiel – gleichzeitig aufzuführen seien. Eine Herausforderung für den Komponisten, seine Primadonna und seinen Tenor, während die Komödianten dieses Anliegen eher auf die leichte Schulter nehmen, sind sie doch Improvisation gewöhnt. Kaum ist das Stück beendet, hört man auch schon das Feuerwerk: Eilig verlassen die Gäste im Publikum ihre Sitze, die Oper in der Oper bleibt ohne Applaus zurück. Den spendete das echte Publikum nun dafür umso eifriger, denn hochklassig waren die Akteure gesanglich wie schauspielerisch. Das Duisburger Publikum weiß halt Klasse zu schätzen, während dies dem „Auftraggeber“ der Oper in der Oper und seinen Gästen so völlig egal ist, womit Strauss und von Hofmannsthal anprangerten, das manch einer Kunst nicht um ihrer selbst willen schätze.

Heidi Elisabeth Meier (Zerbinetta), Katarzyna Kuncio (Der Komponist). Foto: Florian Merdes.
Heidi Elisabeth Meier (Zerbinetta), Katarzyna Kuncio (Der Komponist). Foto: Florian Merdes.
Eine Herausforderung stellt diese Konstellation aber auch an das Orchester, das Komödie und Drama gleichzeitig, immer im Wechsel, angemessen vertonen musste. Eine Herauforderung, die die Duisburger Philharmoniker in Kammerbesetzung (38 Musiker) mit Verstärkung durch Ville Enckelmann am Klavier unter der Leitung von Kapellmeister Wen-Pin Chien mit Bravour meisterten – nicht im Orchestergraben, der zugebaut als Bühne diente, sondern im Hintergrund auf der Bühne, wo normalerweise die Akteure spielen. Der Zuschauer fand sich daraufhin mitten in der Handlung wieder, denn auch im Publikum waren natürlich Akteure versteckt. Die Bühnengestaltung mit einer Bühne auf der Bühne, die ins Publikum hinein die Grenzen verschwimmen ließ, gestaltete Dieter Richter, von Volker Weinhart ins rechte Licht gerückt. Die Kostüme entwarf Renate Schmitzer.

Ein kleiner Vorgeschmack:

Weitere Termine im Theater Duisburg:
Do | 3. März 2016 | 19:30 Uhr,
So | 13. März 2016 | 15:00 Uhr,
Sa | 19. März 2016 | 19:30 Uhr.
Danach geht die „Ariadne auf Naxos“ wieder nach Düsseldorf.

Karten gibt es im Opernshop, der sich zur Zeit im Theater Duisburg in der Kassenhalle befindet (Öffnungszeiten: Mo bis Fr 10 – 18.30 Uhr, Sa 10 bis 18 Uhr), oder unter Telefon 0203 / 9407777. Die Theaterkasse öffnet 60 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Eine halbe Stunde vor Beginn gibt es eine Einführung im Opernfoyer, die einen kurzen Überblick in die Oper, ihre Handlung und ihre Entstehung gibt. Tickets kosten zwischen 18,10 und 62,80 Euro. Möglichkeiten für Ermäßigungen bei den Ticketpreisen findet man hier.

© 2016 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Hans Jörg Michel, Mannheim (1), Florian Merdes, Leipzig (5)

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