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Loveparade-Verfahren: Sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft

staatsanwaltschaftDie Entscheidung des Landgerichts Duisburg, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen, ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht nachvollziehbar und rechtsfehlerhaft. Gegen den Beschluss der Strafkammer hat die Staatsanwaltschaft daher umgehend sofortige Beschwerde eingelegt.

Mit Akribie und großem Fleiß hat sich die Kammer nach mehr als zweijähriger Prüfung erkennbar bemüht, im Zwischenverfahren die von der Staatsanwaltschaft zusammengetragenen Beweismittel umfassend abschließend zu würdigen und auf dieser Grundlage einen Nichteröffnungsbeschluss gefasst, ohne dass sich die Öffentlichkeit einen Eindruck sowohl von der Validität der Beweismittel als auch dem Willensbildungsprozess der Kammer verschaffen konnte. Nach der Auffassung der Staatsanwaltschaft hat die Kammer die Funktion des Zwischenverfahrens überdehnt und den Amtsermittlungsgrundsatz, der für sie gleichermaßen wie für die Staatsanwaltschaft gilt, nicht in genügender Weise beachtet.

Der Beschluss der Strafkammer ist – jedenfalls überwiegend – mit Bedenken gegen den Sachverständigen Prof. Dr. Still und sein Gutachten begründet. Die Zurückweisung des Gutachters und seiner Ergebnisse ist indes nicht gerechtfertigt. Gerade auch angesichts der Vielzahl an Beweismitteln, die die Staatsanwaltschaft für die von ihr erhobenen Tatvorwürfe – neben dem Gutachten des Sachverständigen – benannt hat, hätte sich die Strafkammer aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes zudem veranlasst sehen müssen, einen zweiten Gutachter zu beauftragen. Die Beauftragung von Gutachtern durch das Gericht im Stadium des Zwischenverfahrens ist gängige Praxis. Es entspricht zudem der üblichen Verfahrensweise, die Staatsanwaltschaft und die übrigen Verfahrensbeteiligten (frühzeitig) auf etwaige Bedenken hinzuweisen und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zu geben, die für erforderlich erachteten ergänzenden Ermittlungen nachzuholen.

Prof. Dr. Still ist ein international anerkannter renommierter Experte, an dessen Sachkunde und Unabhängigkeit keine Zweifel bestehen. Er hat nachvollziehbar und im Kern unverändert dargelegt, dass bei der Planung und Genehmigung der maximal möglichen Durchflusskapazität des zum Veranstaltungsgeländes führenden Tunnels – 82 Personen pro Meter pro Minute – keinerlei Beachtung geschenkt und dadurch das tragische Geschehen herbeigeführt worden ist.

Die gegen diese Bewertung seitens der Strafkammer erhobenen Bedenken teilt die Staatsanwaltschaft nicht, auch weil es sich bei der maximalen Durchflusskapazität um einen wissenschaftlich anerkannten Erfahrungswert handelt. Dieser muss als allgemeingültiger Wert angesehen werden, für den es einer sachverständigen Feststellung im Einzelfall nicht bedarf.

Die Ablehnung des Sachverständigen als befangen entbehrt aus Sicht der Staatsanwaltschaft der Grundlage; sie wäre nur möglich, wenn der Sachverständige durch mündliche oder schriftliche Äußerungen den Eindruck einer Voreingenommenheit hervorgerufen hätte. Dies ist auch unter Berücksichtigung der von der Strafkammer aufgeführten Umstände nicht der Fall.

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Den von der Staatsanwaltschaft festgestellten Zeitpunkt der „Unumkehrbarkeit des Geschehens“, den die Strafkammer als nicht belegt ansieht, hat die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage, gestützt auf zahlreiche Beweismittel, wie etwa Videoaufnahmen, Zeugenaussagen, aber auch Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Still, sehr sorgfältig begründet. Die Zweifel des Landgerichts sind – auch unter Berücksichtigung der insoweit von der Strafkammer angeführten Gründe – nicht nachvollziehbar. Die in diesem Zusammenhang von der Strafkammer
angesprochen Alternativursachen sind – weder für sich genommen noch insgesamt – ursächlich für das tragische Geschehen geworden.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf als zuständiges Beschwerdegericht den Beschluss des Landgerichts aufheben und die Durchführung des Hauptverfahrens anordnen wird. Nur dadurch wird – auch im Interesse der zahlreichen Opfer und ihrer Angehörigen – die gebotene weitere Aufklärung der Ereignisse in öffentlicher Hauptverhandlung sichergestellt.

– Pressemeldung der Staatsanwaltschaft Duisburg –

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Ein Kommentar "Loveparade-Verfahren: Sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft"

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