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IHK-Jahrespressekonferenz 2016: Konjunktur-Erwartungen getrübt

Hochwertigste Stahlproduktion der Welt nicht gefährden
Von Petra Grünendahl

Hauptgeschäftführer Dr. Stefan Dietzfelbinger (l.) und IHK-Präsident Burkhard Landers (r.). Foto: Petra Grünendahl.
Hauptgeschäftführer Dr. Stefan Dietzfelbinger (l.) und IHK-Präsident Burkhard Landers (r.). Foto: Petra Grünendahl.
„Unternehmen in der Region sind zwar mit der aktuellen Wirtschaftssituation nicht weniger zufrieden als bei der letzten Umfrage vor einem Jahr“, erklärte IHK-Präsident Burkhard Landers, „aber bei den Zukunftsprognosen haben sich leider die Erwartungen der Unternehmen verschlechtert.“ Der Konjunkturklimaindex sank von 116 auf 112 Punkte, was dem Mittelwert der letzten zehn Jahre entspricht. „Gut ist das nicht“, so Landers, denn der Mittelwert sei von der Wirtschaftskrise 2008/2006 beeinflusst, die ihn runter zieht. Im Detail gäbe es Unterscheide zwischen den Wirtschaftssektoren: Rückläufige Zahlen in der Logistik, Konjunkturabkühlung in China und sinkende Exporte zeigten: „Wir müssen uns auf eine nachlassende Dynamik einstellen.“ Dienstleister und Industrie würden vorsichtig agieren und eher „auf Sicht“ fahren.

Zum Jahrespressegespräch der Niederrheinischen IHK Duisburg Wesel Kleve sprachen Präsident Burkhard Landers und Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger Klartext, wo es der regionalen Wirtschaft unter den Nägeln brennt. Wichtige Themen wurden angesprochen, die den Standort Niederrhein betreffen: Stahl, Flüchtlinge, Infrastruktur und Kommunalfinanzen. Insbesondere die Infrastruktur als Lebensader der Wirtschaft macht den Interessenvertretern Sorgen. Zwar profitiere gerade die Region Duisburg-Niederrhein von der Indrastruktur-Offensive des Bundes, was aber nicht heiße, dass alle wichtigen Verkehrsadern angemessen finanziert würden, so der Tenor. Insbesondere der Karl-Lehr-Brückenzug als Hauptschlagader des Hafens leidet unter einem Sanierungsbedarf, der mangels Förderzusagen vom VRR nicht weiterverfolgt werden kann. Bislang ist erst eine von vier Brücken erneuert, der Verkehr drohe ab diesem Sommer aus statischen Gründen auf nur noch eine Spur je Fahrtrichtung beschränkt zu werden, warnte Hauptgeschäftführer Dietzfelbinger.

Breite Allianz für den Stahlstandort Duisburg

Hauptgeschäftführer Dr. Stefan Dietzfelbinger (l.) und IHK-Präsident Burkhard Landers (r.). Foto: Petra Grünendahl.
Hauptgeschäftführer Dr. Stefan Dietzfelbinger (l.) und IHK-Präsident Burkhard Landers (r.). Foto: Petra Grünendahl.
Weltweite Überkapazitäten in der Stahlproduktion und die schwächelnde Konjunktur in China schwemmen insbesondere subventionierten Stahl aus China auf die Weltmärkte. Wo sich die Amerikaner mit sehr rigiden Anti-Dumping-Gesetzen wirksam zur Wehr setzen, sind die europäischen Märkte für billige Importe weitgehend offen. Das schade der deutschen Stahlindustrie, die Burkhard Landers als industriellen Kern Deutschlands hervorhob. Selbst in anderen europäischen Ländern werde Stahl subventioniert, in Deutschland jedoch nicht. „Das tut weh!“

Von jedem Arbeitsplatz in der Stahlindustrie hängen laut dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftforschung (RWI in Essen) 5,5 Arbeitsplätze in anderen Branchen ab. Bei 18.000 Beschäftigten in Duisburgs Stahlindustrie sind dies also rund 100.000 weitere Arbeitsplätze in Duisburg, Nordrhein-Westfalen und Deutschland insgesamt: „Das sind keine Peanuts!“, bekräftigte Landers. Dazu kämen weitere Arbeitsplätze in der Lebensmittelversorgung etc. – also überall dort, wo die Beschäftigten vor Ort ihren Konsum tätigten, merkte Dietzfelbinger an.

Infografik: IHK Niederrhein.
Infografik: IHK Niederrhein.
Dass die Duisburger Stahlindustrie an ihren Standort glaubt, zeigen Investitionen in mehrstelliger Millionenhöhe, die alle Unternehmen in den letzten Jahren in die Modernisierung ihrer Anlagen investiert haben. In Europas größtem Stahlstandort wird nicht nur der weltweit hochwertigste, sondern auch der sauberste Stahl produziert. Pläne der EU gefährden allerdings den Standort, denn sich weitere Emissionsverschärfungen zusammen mit einer Verteuerung der benötigten Zertifikate könnten den Standort unrentabel machen. „An Standorte, die auf einem Stand sind, den wir vor vielen Jahren hatten, sind die Ziele von prozentualen Emissionsreduzierung möglich. Hier sind die Möglichkeiten nahezu ausgereizt“, erklärte Präsident Landers. In Duisburg stünden schon die saubersten Produktionsanlagen der Welt. Ein gesunder Stahlstandort sichere aber nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die Standortqualitäten für alle Branchen, die den Stahl für ihre Produktion benötigen: Maschinenbau, Anlagen- und Werkzeugbau, Baugewerbe und Automobilindustrie. Deren Wirtschafts- und Innovationskraft stärken den Industriestandort Deutschland.

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Die Resolution „Allianz für den Stahlstandort Duisburg“ wird gemeinsam getragen von allen relevanten Gruppen aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Verbänden und Politik. Die Standortstärke „Industrie“ hatte Deutschland die Wirtschaftskrise 2008/2009 deutlich schneller überwinden lassen als beispielsweise ein Land wie Großbritannien, das einen starken Prozess der Deindustrialisierung hinter sich hatte, als die Krise begann. Sie hätten „die Industrie gegen Investmentbanking ausgetauscht“, hatte Landers schon vor Jahren sehr treffend angemerkt. Hier geht es zur Resolution …

Heimat shoppen
Ein großer Erfolg war die von der Niederrheinischen IHK zusammen mit dem Einzelhandelsverband Niederrhein initiierte Aktion „Heimat shoppen“, bei der sich der lokale Einzelhandel im September letzten Jahres in 29 von 30 Städten des Kammerbezirks mit besonderen Aktionen für Kunden und Besucher präsentierte. Nach dem Erfolg des Vorjahres ist eine Neuauflage im September geplant, um Menschen die Angebote und Möglichkeiten vor Ort schmackhaft zu machen.

© 2016 Petra Grünendahl (Text und Fotos)
Infografik: IHK Niederrhein

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