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300 Jahre Hafen: Niederrheinische IHK und Duisburger Hafen diskutieren über Wachstumschancen in der Region

Digitalisierung als Herausforderung
für Wirtschaft und Arbeitswelt

Von Petra Grünendahl

Erich Staake, Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG. Foto: Petra Grünendahl.
Erich Staake, Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG. Foto: Petra Grünendahl.
„In seiner 300-jährigen Geschichte war der Hafen wesentlicher Taktgeber und Antriebsmotor für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region“, erklärte IHK-Präsident Burkhard Landers zur Begrüßung. Dabei habe sich der Hafen der Entwicklung sich verändernder Rahmenbedingungen anpassen müssen. Mit neuen Ideen hat sich der Hafen positioniert und ist heute als duisport-Gruppe nicht nur Hafeninfrastruktur-Betreiber, sondern diversifizierter, weltweit vernetzter Logistik-Dienstleister. „Infrastrukturentscheidungen sind Investitionen in Arbeitsplätze und Wachstum“, so Landers. Die Rolle des Hafens als Jobmotor betonte auch Erich Staake, Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG: Jeder achter Arbeitsplatz in Duisburg hänge vom Hafen ab. Rund 46.000 Arbeitsplätze seien es in der Region. “Logport I war der Startschuss“, so Staake. Bis logport Zehn wolle er es als Hafenchef noch schaffen, erklärte er. Containerumsätze gehen weltweit zurück, zweistellige Wachstumsraten seien Geschichte: „Zuwächse sind künftig nur noch durch höhere Effizient und qualitativ bessere Dienstleistungen zu erwarten.“

Der Gastgeber mit den Hauptrednern des Abends (v.l.): Wolfgang Clement, Erich Staake und Prof. Jürgen Rüttgers. Foto: Petra Grünendahl.
Der Gastgeber mit den Hauptrednern des Abends (v.l.): Wolfgang Clement, Erich Staake und Prof. Jürgen Rüttgers. Foto: Petra Grünendahl.
Anlässlich des 300-jährigen Hafenjubiläums hatten die Duisburger Hafen AG und die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer (IHK) ins Museum Küppersmühle eingeladen, unter den Stichwort „Industrie 4.0“ Potenziale und Perspektiven für die Wirtschaft an Rhein und Ruhr auszuloten. Als Keynote Speaker hatte man zwei ehemalige Ministerpräsidenten und Bundesminister, Wolfgang Clement und Prof. Jürgen Rüttgers, gewinnen können. In der anschließenden Podiumsdiskussion gaben Dr. Stefan Dietzfelbinger (Hauptgeschäftsführer der IHK), Gisbert Rühl (Vorstandsvorsitzender bei Klöckner), Amadou Diallo (Vorstandsvorsitzender von DHL Freight) und Kurt Leidinger (Vorstandsvorsitzender der Schenker Deutschland) Einblicke, wie ihre Unternehmen und Organisationen sich für die Zukunft aufstellen. Hochkarätig besetzt war nicht nur das Podium im MKM: duisport und die IHK hatten Führungskräfte und Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik zum Meinungsaustausch eingeladen.

Neue Ideen, neue Firmen, neue Jobs:
Duisport will Start-ups unterstützen

Industrie 4.0 – Potenziale und Perspektiven für die Industrie und Logistikwirtschaft an Rhein und Ruhr war das Thema des Abends der Diskussionsteilnehmer (v.l.): Dr. Stefan Dietzfelbinger (IHK), Moderator des Abends Dr. Willi Keinhorst (Welt am Sonntag NRW), Prof. Jürgen Rüttgers (Bundesminister a. D., Ministerpräsident a. D.), Gisbert Rühl (Klöckner), die Gastgeber Erich Staake (Duisburger Hafen AG) und Burkhard Landers (IHK), Kurt Leidinger (Schenker Deutschland), Amadou Diallo (DHL Freight),  Wolfgang Clement (Ministerpräsident a. D., Bundesminister a. D.) sowie Prof. Dr. Walter Smerling (MKM Museum Küppersmühle). Foto: Petra Grünendahl.
Industrie 4.0 – Potenziale und Perspektiven für die Industrie und Logistikwirtschaft an Rhein und Ruhr war das Thema des Abends der Diskussionsteilnehmer (v.l.): Dr. Stefan Dietzfelbinger (IHK), Moderator des Abends Dr. Willi Keinhorst (Welt am Sonntag NRW), Prof. Jürgen Rüttgers (Bundesminister a. D., Ministerpräsident a. D.), Gisbert Rühl (Klöckner), die Gastgeber Erich Staake (Duisburger Hafen AG) und Burkhard Landers (IHK), Kurt Leidinger (Schenker Deutschland), Amadou Diallo (DHL Freight), Wolfgang Clement (Ministerpräsident a. D., Bundesminister a. D.) sowie Prof. Dr. Walter Smerling (MKM Museum Küppersmühle). Foto: Petra Grünendahl.
Nordrhein-Westfalen als industrielles Kernland und zugleich führende Logistikregion Europas habe allerdings große Chancen, sich zum Vorreiter der Digitalisierung auf beiden Seiten der Wertschöpfungsketten zu entwickeln. Denn hier habe die Vernetzung von Industrie und Logistik bereits Tradition. Staake kündigte zudem an, dass der Duisburger Hafen gemeinsam mit einem Dax-Unternehmen und der Universität Duisburg-Essen zum Jahreswechsel einen Inkubator für Start-ups errichten werde. „Wir wollen Gründerfirmen mit erfolgreichen Industrieunternehmen vernetzen“, sagte Staake. Daraus könne „ein Nukleus für weitere Gründerzentren in der Rhein-Ruhr-Region“ entstehen.

 

Keynote Speaker stellten die Bedeutung von Infrastruktur und Bildung heraus

Wolfgang Clement, Ministerpräsident a. D. und Bundesminister a. D. Foto: Petra Grünendahl.
Wolfgang Clement, Ministerpräsident a. D. und Bundesminister a. D. Foto: Petra Grünendahl.
Einst stritten sie im nordrhein-westfälischen Landtag, hier im MKM demonstrierten sie eher Einigkeit: Wo es um die Voraussetzungen für die Zukunftsfähigkeit, fanden Wolfgang Clement und Prof. Jürgen Rüttgers mit Infrastruktur und Bildung einen gemeinsamen Nenner. Da ist zum einen der Sanierungsstau bei Straßen, Schienen- und Wasserwegen, aber auch der Ausbau der Datenautobahn: Deutschland und speziell NRW hinken weltweiten Standards hinterher. Einen Pluspunkt machten sie in der quantitativ wie qualitativ hochklassigen Hochschullandschaft mit ihren Lehr- und Forschungseinrichtungen aus. Als Schwachpunkte in der Bildung nannte Wolfgang Clement die Hohe Zahl der Schulabbrecher und der Schulabsolventen ohne Berufsausbildung. Hier müsse das Land ebenso mehr investieren wie in die frühkindliche Bildung: „Nie wieder sind junge Menschen so aufnahmefähig.“

Prof. Jürgen Rüttgers, Bundesminister a. D. und Ministerpräsident a., D. Foto: Petra Grünendahl.
Prof. Jürgen Rüttgers, Bundesminister a. D. und Ministerpräsident a., D. Foto: Petra Grünendahl.
„Es geht längst nicht mehr nur um quantitatives Wachstum. Wir brauchen qualitative Ergebnissteigerungen mit neuen Ideen“, forderte Jürgen Rüttgers. In NRW müssten innovative Start-ups intensiver gefördert werden, damit ihre Potenziale auch den „alten“ Industrieunternehmen nützten, die hier traditionell ihre Standorte haben und Wege in die eigene Zukunft suchen. Politische Entscheidungen würden eine Deindustrialisierung begünstigen, die den Wohlstand speziell in NRW gefährde: „Die Wohlhabenden gehen, die Armen kommen“, so Rüttgers, auch das sei eine Form der Gentrifizierung. Die Politik setze mit der Verteuerung von Energie und Emissionen gefährliche Impulse, die die Wirtschaft und damit Arbeitsplätze vor Ort gefährden: auch Clement warnte, hier werde die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie massiv beschädigt. Stärkere Digitalisierung vernetze Industrieproduktion und Logistik und treibe Innovationen voran. Aber Rüttgers warnte: „Man muss Mitarbeiter für neue Wege begeistern und sie mitnehmen, sie durch Fortbildung für zukunftsfähige Arbeit fit machen.“ Neue Ideen und Gründer würden gerade in NRW dringend gebraucht, um die Potenziale der Region mit ihrem immer noch hohen und leistungsfähigen Industrieanteil zu alten Erfolgen zurückzuführen.

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Digitalisierung unumgänglich,
aber Bedarf an analoger Logistik bleibt

Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt auch in Transport, Handel und Verkehr: Vieles, was bislang analog veranlasst wurde, läuft künftig digital. „Wir arbeiten im Stahlhandel mittlerweile mit digitalen Plattformen“, erklärte Gisbert Rühl, Vorstandsvorsitzender des Duisburger Stahlhändlers Klöckner. „Die Grenzen das Handels und der Logistik verschwinden. Wer die Digitalisierung nicht vollzieht, wird aus dem Markt fallen: Das ist eine notwendige Konsolidierung“, so Rühl. Er machte aber auch klar: „Die Arbeit verändert sich und wir ermöglichen unseren Mitarbeitern entsprechende Weiterbildungen während der Arbeitszeit.“ Er will die Mitarbeiter mitnehmen, um mit deren Engagement die Zukunft seines Unternehmens zu sichern.

Podiumsdiskussion (v.l.): Dr. Stefan Dietzfelbinger (IHK), Gisbert Rühl (Klöckner),Amadou Diallo (DHL Freight), Kurt Leidinger (Schenker Deutschland) und der Moderator des Abends, Dr. Willi Keinhorst (Welt am Sonntag NRW). Foto: Petra Grünendahl.
Podiumsdiskussion (v.l.): Dr. Stefan Dietzfelbinger (IHK), Gisbert Rühl (Klöckner),Amadou Diallo (DHL Freight), Kurt Leidinger (Schenker Deutschland) und der Moderator des Abends, Dr. Willi Keinhorst (Welt am Sonntag NRW). Foto: Petra Grünendahl.
Die Logistik sei bei der Digitalisierung noch zu zögerlich, bemerkte Kurt Leidinger, Vorstandsvorsitzender von Schenker Deutschland, einer Logistik-Tochter der Deutschen Bahn. Zumindest im volumenreichen Business-to-Business-Bereich (wie zum Beispiel dem Stahlhandel) geht es nur noch digital. Ganz anders verhält es sich dort, wo die Geschäftstätigkeit eher klein ist oder gar im Privatkundenbereich (Business-to-Consumer). Sowohl Leidinger als auch Amadou Diallo, Vorstandsvorsitzender von DHL Freight, räumten ein, dass sie ihre Versandgeschäfte weiterhin zweigleisig fahren müssten: es gäbe Privatkunden aber auch Kleinstunternehmer, die ausschließlich den konventionellen analogen Versand nutzten. Die IHK biete allerdings, so berichtete Dr. Stefan Dietzfelbinger, Lehrgänge unter anderem auch zur Digitalisierung an, um ihren Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, ihre Geschäfte zukunftsfähig aufzustellen. In der IHK sind alle Industrie-, Handels und Dienstleistungsgewerbe vom Großkonzern bis zum kleinen Trinkhallen-Betreiber und Einzelunternehmer organisiert. IHK-Umfragen zeigen schließlich, dass zwei Drittel der befragten Unternehmen am Niederrhein in der Digitalisierung besondere Chancen sehen. Chancen, die die Region nutzen sollte, um an vergangene Erfolge anzuknüpfen: „Wir müssen unter die ersten Drei zurück“, erklärte Jürgen Rüttgers, der sich mit der Rolle Nordrhein-Westfalens als Schlusslicht nicht zufrieden geben mag: „Wir brauchen eine Wende in eine andere Zukunft.“

© 2016 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

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