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Jüdische Gemeinde Duisburg Mülheim Oberhausen lädt zu Kulturtagen ein

Jüdische Kultur in Deutschland:
Gemeinde sucht den lokalen Dialog

Von Petra Grünendahl

Jüdisches Leben hat die deutsche Kultur über Jahrhunderte bereichert. Nach Holocaust und Flucht schrumpften die Gemeinden. Mit dem Fall des eisernen Vorhangs Mitte der 1980-er Jahre kam die zweite Zäsur, die ein neues Kapitel deutsch-jüdischer Geschichte schrieb: Mit der Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion seit dem Ende der 1980-er Jahre gewannen die Gemeinden neue Mitglieder. Mit der Integration der Zuwanderer stärkten sie ihre Sichtbarkeit in der deutschen Gesellschaft. Mit den Jüdischen Kulturtagen öffnet sich nun die Jüdische Gemeinde im Duisburger Innenhafen nach außen, um mit spezifischen kulturpolitischen Akzenten in einen Dialog zu treten.

Im Hintergrund der Ludwigturm im Garten der Erinnerung, vorne von links: Privatdozent Dr. Ludger Joseph Heid, Heike Kaminski, Stacey BLatt und Dimitrij Yegudin. Foto: Petra Grünendahl.
Im Hintergrund der Ludwigturm im Garten der Erinnerung, vorne von links: Privatdozent Dr. Ludger Joseph Heid, Heike Kaminski, Stacey BLatt und Dimitrij Yegudin. Foto: Petra Grünendahl.
Erstmals auf kommunaler Ebene lädt die Jüdische Gemeinde Duisburg Mülheim Oberhausen vom 11. bis 27. September ein zu ihren Kulturtagen. „Im letzten Jahr hat es so eine Veranstaltung auf Landesebene gegeben“, erzählte Dimitrij Yegudin, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde. „So wollen wir uns jetzt auch hier vor Ort an die Öffentlichkeit wenden, ins Gespräch kommen. Wir hoffen zugleich, hier eine Tradition einzuleiten, die zukünftig nachwirkt.“ Unter dem Leitthema „Juden in der deutschen Kultur – eine gegenseitige Bereicherung?“ will die Jüdische Gemeinde mit den Kulturtagen die Vielfältigkeit der (im übrigen Jahrhunderte alten) deutsch-jüdischen Beziehungen und ihrer fruchtbaren Wechselbeziehung bewusst machen. Im Pressegespräch stellten Dimitrij Yegudin und Heike Kaminski, Assistentin der Geschäftsführung, zusammen mit dem Historiker Privatdozent Dr. Ludger Heid und der Duisburger Künstlerin Stacey Blatt das Programm aus Vorträgen, Theater, Musik, Film, Literatur und Kunst vor.

Vielfältige Bandbreite jüdischen Schaffens
Hochinteressant und vielfältig ist das Programm: Mit Vorträgen, Lesungen, Konzerten von traditioneller jüdischer Musik über die Zwanziger Jahre bis hin zu „jüdischer“ Klassik, mit Ausstellungen und Filmabenden sowie zum Auftakt offene Führungen durch das Gemeindezentrum. Die meisten Veranstaltungen finden in Duisburg statt: im Jüdischen Gemeindezentrum, im Garten der Erinnerungen, im Filmforum am Dellplatz, im Opernfoyer oder im Gemeindehaus Ruhrort: Es gibt aber auch Lesungen und Vorträge in Oberhausen und Mülheim (an den jeweiligen Volkshochschulen sowie in der Stadtbibliothek sowie im Haus der Stadtgeschichte in Mülheim, Details im Programm, Download siehe unten).

Der Ludwigturm als erkennbares Überbleibsel der des Verwaltungsgebäudes der ehemaligen Spedition Hermann Ludwig im Garten der Erinnerung (Innenhafen). Foto: Petra Grünendahl.
Der Ludwigturm als erkennbares Überbleibsel der des Verwaltungsgebäudes der ehemaligen Spedition Hermann Ludwig im Garten der Erinnerung (Innenhafen). Foto: Petra Grünendahl.
Eingebunden in die Jüdischen Kulturtage ist auch der Garten der Erinnerung, der im Innenhafen direkt vor dem Gemeindezentrum liegt. In dem 1999 vom israelischen Landschaftskünstler Dani Karavan gestaltete Park ist der Ludwigturm das übrig gebliebene Treppenhaus des Verwaltungsgebäudes der ehemaligen Spedition Hermann Ludwig. Dieses Gebäude ist normalerweise verschlossen und kann für Ausstellungen genutzt werden. Nach der Eröffnung der Jüdischen Kulturtage am Sonntag, 11. Septemer um 15 Uhr im Gemeindezentrum wird dort um 15.30 Uhr die Ausstellung „Israelische Künstler in Deutschland“ eröffnet. Zu sehen sind Werke von Rimma Arslanov (Plastik und Installationen), Avi Kaiser & Gergio Antonino (Tanz- und Performance-Künstler, in Szene gesetzt vom Duisburger Fotografen Giovanni Pinna) sowie der in Duisburg lebende Künstler Gil Shachar, der schon im Lehmbruck Museum als Teil der Ausstellung „Zeichen gegen den Krieg“ gezeigt wurde. Geöffnet ist diese Ausstellung an den Sonntagen der Kulturtage (am 11. September bis 19 Uhr, am 18. und am 25. September von 11 – 18 Uhr).

Das Fest des Jüdischen Buches am Sonntag, 18. September zwischen 11 und 16.30 Uhr im Gemeindezentrum bietet eine breite Palette an Lesungen: Von autobiographischen Erzählungen reicht das Spektrum über historische Werke bis hin zur Künstlerin und Schriftstellerin Else Lasker-Schüler, die gleich in zwei Beiträgen thematisiert wird. Der in Duisburg aufgewachsene und heute in Berlin lebende Schriftsteller Walter Kaufmann (*1924) wird aus „Schade, dass du Jude bist. Kaleidoskop eines Lebens“ vortragen (weitere Lesungen gibt es an den folgenden Tagen in Mülheim und Oberhausen). Auch Prof. Dr. Daniel Hoffmann, Literaturwissenschafter der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, liest aus seiner Familien-Autobiographie „Heimat, bist du wieder mein“ – nicht nur im Gemeindezentrum, sondern ebenfalls an den Volkshochschulen in Mülheim und Oberhausen.

Kreativquartier Ruhrort, Filmforum am Dellplatz und
Duisburger Philharmoniker beteiligen sich

Die Jüdische Gemeinde hat für ihre Kulturtage auch Unterstützung bei anderen Kultureinrichtungen und Kulturschaffenden in Duisburg gefunden. So zeigt das Kreativquartier Ruhrort am Sonntag, 18. September ab 15 Uhr (Eröffnung) „Der Mensch des Menschen Wolf? – Mahnung – Erinnerung – Verantwortung“ mit Bildern der Künstlerin Francine Mayran, die hier im Vergleich zu einer früheren Präsentation in der Salvatorkirche erweitert wurde. Die Ausstellung ist zwischen dem 19. September und dem 3. Oktober täglich zwischen 10 und 16 Uhr im Gemeindehaus an der Dr.-Hammacher-Straße 6 zu sehen.
Ebenfalls einen Beitrag zu den Kulturtagen leistet das Filmforum am Dellplatz mit den Filmen Rabbi Wolff, Mr. Gaga und Die Frau in Gold.
Die Duisburger Philharmoniker bestreiten ihr 1. Profile-Konzert im Rahmen der Jüdischen Kulturtag mit jüdischen Komponisten: Paul Ben Haim, Ernest Bloch, Mieczyslaw Weinberg und Sergej Prokofjew (Sonntag, 18. September um 11 Uhr im Opernfoyer).

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Hier gibt es das komplette Programm als pdf zum Download. Seine ganze Vielfalt sprengt die Möglichkeiten eines Artikels, der nur einzelne Punkte aufgreifen kann. Einige (aber nicht alle) Veranstaltungen sind kostenfrei zugänglich. Der Blick hinein lohnt sich auf jeden Fall …

Für Veranstaltungen im Jüdischen Gemeindezentrum am Springwall 16 ist es aus Sicherheitsgründen für den Einlass unbedingt nötig, seinen Personalausweis bereit zu halten.

© 2016 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

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