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Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V. stellt mit Medizinbus ärztliche Versorgung Obdachloser neu auf

Mobiler medizinischer Dienst mit ehrenamtlichem Mediziner-Team
ergänzt Mobile Hilfen für obdachlose Menschen

Von Petra Grünendahl

„Wir helfen einfach nur“, erklärte Dr. Lothar Schulte, Facharzt im Ruhestand, der sich seit Jahren für die ambulante ärztliche Hilfe für Obdachlose engagiert. Dazu zähle auch die Ausgabe von Spritzen. Suchttherapie ist nicht ihr Anliegen, die primären Bedürfnisse der Klientel – überwiegend Männer zwischen 40 und 50, die teils jahrzehntelange Suchtkarrieren (Alkohol, Drogen) hinter sich haben – sind meistens viel grundsätzlicher Natur: Erkältungen, Zahn- oder Kopfschmerzen, Magen-Darm, Lunge oder Rücken – und Wundversorgung. „Das sind Wunden, die würde man hier nicht vermuten: Eiter, Maden, Wunden, die bis auf die Knochen gehen“, so Schulte. Die hochgradig Suchtkranken hätten kein Schmerzempfinden mehr, so der Mediziner.

Fahrzeuge der Mobiles Hilfe (links) und des Mobilen medizinischen Dienstes (rechts) mit den ehrenamtlichen Helfern (v.l.): Ärztin Dr. Ute Renkes-Hegendörfer, Krankenschwester Wiltrud Jäkel, Arzt Dr. Lothar Schulte, Krankenschwester Claudia Bunse, Friedhelm Fritschen, Stv. Vorsitzender von Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V., Kurt Schreiber, Vorsitzender von Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V., und Dr. Gerd Heiman, Leiter des Mobilen medizinischen Dienstes.. Foto: Petra Grünendahl.
Fahrzeuge der Mobiles Hilfe (links) und des Mobilen medizinischen Dienstes (rechts) mit den ehrenamtlichen Helfern (v.l.): Ärztin Dr. Ute Renkes-Hegendörfer, Krankenschwester Wiltrud Jäkel, Arzt Dr. Lothar Schulte, Krankenschwester Claudia Bunse, Friedhelm Fritschen, Stv. Vorsitzender von Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V., Kurt Schreiber, Vorsitzender von Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V., und Dr. Gerd Heiman, Leiter des Mobilen medizinischen Dienstes.. Foto: Petra Grünendahl.
Mit einem neuen Medizinbus ist ein Team aus sechs Fachärzten und sechs Krankenschwestern (drei davon ausgebildete Wundexperten) jetzt unter der Flagge des Vereins Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V. zwei Mal die Woche in Duisburg unterwegs. Über Jahre waren die Ehrenamtler bei einem Verein in Rheinhausen angesiedelt, bis Schulte und seine Mitstreiter im Juli das Handtuch schmissen. Drei Monate hatte es gedauert, bis durch die Kooperation mit einem neuen Verein ein Fahrzeug beschafft und aufbereitet werden konnte, wie es jetzt für medizinische Basisleistungen zur Verfügung steht. Wie bislang steht auch der neue Medizinbus montags und donnerstags zunächst ab 9 Uhr am Kuhlenwall / Ecke Königstraße. Am 10. Oktober war der Medizinbus erstmals im Einsatz, ab dem 13. Oktober fährt er nun regelmäßig die bekannten Stationen wieder an: Marxloh, Hamborn und den Bahnhof in Moers. Etwa 20 bis 25 Hilfesuchende betreuen sie an einem Tag im Schnitt.

Am Einsatzort Kuhlenwall/Königstraße: Das neue Fahrzeug der Mobilen medinzinischen AMbulanz des Vereins Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V. Foto: Petra Grünendahl.
Am Einsatzort Kuhlenwall/Königstraße: Das neue Fahrzeug der Mobilen medinzinischen AMbulanz des Vereins Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V. Foto: Petra Grünendahl.
Feste Zeitpläne für die Tour des Fahrzeugs gibt es nicht: „Die Leute warten auf uns. Sie wissen, dass wir kommen“, schilderte Dr. Gerd Heimann, Leiter des Mobilen medizinischen Dienstes. Den ehemaligen Rettungswagen habe man bei einem Händler in Bielefeld gefunden: „Der war froh, ihn endlich los zu werden“, erzählte Heimann. Dennoch musste man beim Preis erst einmal verhandeln. Bei der Überführung war der Händler aber sehr entgegenkommend, war der Wagen doch so nicht mehr zulassungsfähig und musste erst nach Duisburg transportiert werden. Nach zwei Jahren Stilllegung brauchte das Fahrzeug eine Komplettabnahme für die Hauptuntersuchung – und vor der Vorführung waren noch diverse Reparaturen nötig.

Die Mercedes-Niederlassung in Meiderich ebenso wie die Firma Köppen als Sponsor für die Aufbereitung und Zulassung des Medizinbusses leisten ebenfalls wertvolle Unterstützung, die mit der Abnahme durch die Dekra erfolgreich abgeschlossen wurde. Als Soziales Kraftfahrzeug ziviler Hilfe für ärztliche Unterstützungsleistungen konnte der Wagen bei einer Versicherung in einem Tarif untergebracht werden, in den auch Fahrzeuge vom Katastrophendienst eingestuft werden – zu entsprechend günstigeren Prämien. Nach drei Monaten Pause ist das bekannte Ärzte-Pfleger-Team nun wieder für obdachlose Menschen da, die entweder über keinen Krankenversicherungsschutz verfügen oder sich in ihrem Zustand in keine Praxis mehr hineintrauen.

Problem, Obdachlose überhaupt zu erreichen

Das neue Fahrzeug der Mobilen medinzinischen AMbulanz des Vereins Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V. Foto: Petra Grünendahl.
Das neue Fahrzeug der Mobilen medinzinischen AMbulanz des Vereins Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V. Foto: Petra Grünendahl.
Parallel zum neuen Mobilen medizinischen Dienst läuft weiterhin vier Mal die Woche (montags bis donnerstags) die „Mobile Hilfe für obdachlose Menschen“, die in einem zivilen Kleinlieferwagen bekannte Anlaufpunkte abfährt, um mit Kannenweise Kaffee und Angeboten wie Hilfen bei Ämtern und Anträgen oder Schriftwechsel als ehrenamtliche Sozialarbeit eine Klientel zu unterstützen, die vielfach zur Regelung eigener Angelegenheiten mehr in der Lage ist. Und selbst mit diesem niedrigschwelligen Angebot erreicht man nicht jeden: „Eine Frau in Hochfeld holt sich ihren Kaffee und geht wieder“, erzählte Kurt Schreiber, Vorsitzender des Vereins Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V.

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An einer solchen Klientel scheitern auch Hilfen der Stadt, die Menschen einfach nicht erreicht, die nicht erreicht werden wollen: Für Wohnungslose bietet die Stadt Duisburg in Zusammenarbeit mit der Diakonie Duisburg über die Zentrale Anlauf-, Beratungs- und Vermittlungsstelle (ZABV) in der Beekstraße 45 weiterführende Hilfen an. Diese Einrichtung setzt aber voraus, dass Hilfebedürftige ihre Situation ändern wollen und dieses Angebot auch annehmen.

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Spenden sollen Erhalt des Medizinbusses sichern

Im Gespräch (v.l.): Dr. Gerd Heimann, Kurt Schreiber und Friedhelm Fritschen. Foto. Petra Grünendahl.
Im Gespräch (v.l.): Dr. Gerd Heimann, Kurt Schreiber und Friedhelm Fritschen. Foto. Petra Grünendahl.
Der Medizinbus lässt sich allerdings nicht aus Mitteln des Vereins Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V. finanzieren oder aus den Spenden, die dem Verein für seine Mobile Hilfe zufließen. „Wir müssen uns hier um neue Spender bemühen“, so Schreiber. „Ein paar Spender unseres bisherigen medizinischen Dienstes sind dabei geblieben und unterstützen unsere Arbeit jetzt hier“, erklärte Dr. Lothar Schulte. Rund 13.000 Euro werden im Jahr benötigt, um den medizinischen Dienst im bisherigen Umfang an zwei Tagen die Woche aufrecht erhalten zu können: Kraftstoff, Kfz-Versicherung, Steuern, aber auch Medikamente und medizinisches Versorgungsmaterial wie Verbände oder auch Spritzen, die wieder neu angeschafft werden müssen. „Wir mussten ja alles in Rheinhausen zurücklassen“, so Dr. Gerd Heimann. Und etwa 40.000 Euro an Spendengeldern, über deren zweckgebundene Verwendung Rolf Karling, Vorsitzender von Bürger für Bürger e. V. keine Rechenschaft ablegen wollte. Hier sind nun Gerichte sowie – wegen der Gemeinnützigkeit – das Finanzamt gefordert. [Anmerkkung: siehe hierzu auch folgenden Kommentar https://www.rundschau-duisburg.de/2016/10/14/medizinbus-versorgt-obdachlose-in-duisburg-id448711.html#comments]

Der Verein Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V., der schon seit 1993 in Duisburg in der aufsuchenden Hilfe für Obdachslose unterwegs ist, hat für die „Mobile medizinische Hilfe für obdachlose Menschen“ ein eigenes zweckgebundenes Spendenkonto eingerichtet: IBAN DE57350500000200200046 bei der Sparkasse Duisburg. Kontoinhaber ist Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e.V. (Stichwort: „medizinischer Dienst“), allerdings werden Spendeneingänge auf diesem Konto ausschließlich für den Medizinbus, Unterhalt, Medikamente und medizinische Hilfsmittel verwandt, die das Ärzte-Pfleger-Team für die ärztliche Versorgung braucht. Zum Verein Gemeinsam gegen Kälte Duisburg e. V. …

© 2016 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

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