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Duisburg: Neues Beratungsbüro für Geflüchtete im DGB-Haus am Stapeltor

Perspektiven zur Arbeitsmarktintegration: Brücken bauen für beide Seiten
Von Petra Grünendahl

Pressegespräch zum neuen Beratungsbüro im DGB-Haus (v.l.): -	Detlev Schmidt (Geschäftsführer der ver.di-Tochter Bildungsinstitut im Gesundheitswesen gGmbH, Düsseldorf), Reiner Siebert (Leiter des IvAF-Beratungsbüros Duisburg), DGB-Vorsitzende Angelika Wagner, Duisburg, und ver.di-Geschäftsführer Thomas Keuer, Duisburg. Foto: Petra Grünendahl.
Pressegespräch zum neuen Beratungsbüro im DGB-Haus (v.l.): – Detlev Schmidt (Geschäftsführer der ver.di-Tochter Bildungsinstitut im Gesundheitswesen gGmbH, Düsseldorf), Reiner Siebert (Leiter des IvAF-Beratungsbüros Duisburg), DGB-Vorsitzende Angelika Wagner, Duisburg, und ver.di-Geschäftsführer Thomas Keuer, Duisburg. Foto: Petra Grünendahl.
„Ein wichtiger Schritt zur Integration von Geflüchteten in die Gesellschaft ist das Heranführen an den Arbeitsmarkt“, erklärte Angelika Wagner, DGB-Vorsitzende in Duisburg und Geschäftsführerin des DGB Niederrhein. Möglichst früh müssten die betroffenen Menschen Zugang zu Deutsch- und Integrationskursen sowie Praktika in Unternehmen bekommen, um beruflich Fuß fassen zu können, so Wagner. Reiner Siebert als Leiter der Beratungsstelle ist schon seit gut einem Jahr unterwegs, Geflüchtete in Flüchtlingswohnheimen oder an Sprachschulen auf das Projekt aufmerksam zu machen, welches vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ebenso gefördert wird wie vom Europäischen Sozialfonds für Deutschland. „Bislang haben wir uns in Cafés in der Nähe von Heimen oder Schulen zusammengesetzt, jetzt haben wir hier in Duisburg einen festen Anlaufpunkt geschaffen“, so Siebert.

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Werden vom Beratungsbüro betreut (v. l.): -	Abdul Monem (Syrer), Hassan (Iraner), Nader (Syrer), Abdul Hakam (Syrer), Fadi (Syrer), Alirazi (Pakistani) unf Abdul Albaset (Syrer). Foto: Pertra Grünendahl.
Werden vom Beratungsbüro betreut (v. l.): – Abdul Monem (Syrer), Hassan (Iraner), Nader (Syrer), Abdul Hakam (Syrer), Fadi (Syrer), Alirazi (Pakistani) unf Abdul Albaset (Syrer). Foto: Pertra Grünendahl.
Angelika Wagner und Thomas Keuer, Geschäftsführer von ver.di Duisburg, stellten zusammen mit Reiner Siebert, Fachberater Bildung und Beruf, sowie Detlev Schmidt und Wolfram Gießler vom BiG Bildungsinstitut im Gesundheitswesen gGmbH, einer ver.di-Tochter und Träger des „In Coach“-Projekts, stellten das neue Beratungsbüro für Geflüchtete vor, das seit Jahresbeginn im DGB-Haus am Stapeltor seine Büroadresse hat. Das „In Coach“-Projekt ist Teil des bundesweiten Netzwerks zur beruflichen Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen (IvAF). Rede und Antwort standen auch Geflüchtete aus Syrien, Pakistan und dem Iran, die alle hier in Duisburg wohnen und sich hier – zum Teil mit ihren Familien – integrieren und heimisch werden wollen. Bis zu anderthalb Jahren sind sie schon in Deutschland, einen Deutschkurs besuchen sie seit rund sechs Monaten. Recht ordentlich läuft die Verständigung mit den überwiegend jüngeren Männern, wobei alle ihre gerade erworbenen Kenntnisse bislang nur wenig in der Praxis anwenden konnten. Praktika und ein Heranführen an den Arbeitsmarkt wären für sie eine große Hilfe, denn: Deutsch lernt man erst richtig in der praktischen Anwendung, im Gespräch mit Deutschsprachigen, so BiG-Geschäftsführer Detlev Schmidt.

Offene Beratung als Ergänzung zu den Regelangeboten der Jobcenter

Reiner Siebert, Leiter des Beratungsbüros im DGB-Haus, ist täglich von 9 bis 12 Uhr telefonisch erreichbar. Foto: Petra Grünendahl.
Reiner Siebert, Leiter des Beratungsbüros im DGB-Haus, ist täglich von 9 bis 12 Uhr telefonisch erreichbar. Foto: Petra Grünendahl.
„Wir helfen bei der Suche nach Deutsch- oder Integrationskursen, beim Beantragen von Fördermitteln für die Kurse und bei der Vermittlung von Praktika“, erklärte Siebert, der damit eine Ergänzung zur Jobcenter anbieten will. „Wir helfen aber auch bei sozialen oder finanziellen Problemen bis hin zur Schuldnerberatung, weil diese Menschen hier mit Dingen konfrontiert sind, die sie nicht kennen und die sie in Schwierigkeiten bringen.“ Sprachkurse seien ein Problem: Es gebe zu wenig Plätze für den Bedarf. Die Verfahrensdauer sei ein weiteres Problem: „Manchmal dauert es neun, zehn Monate, bis überhaupt erst ein Asylantrag gestellt werden kann.“ In dieser Zeit blieben die Menschen ziemlich auf sich allein gestellt, wenn es nicht – wie zum Beispiel in der Flüchtlingsunterkunft an der Memelstraße in Neudorf – sehr viel ehrenamtliches Engagement in der Nachbarschaft gäbe, die Geflüchteten zu integrieren. „Sprachkurse sind während des Asylverfahrens schon möglich, für Betriebspraktika braucht man eine Einzelgenehmigung“, machte Siebert klar. In der Wirtschaft finde man schon Ansprechpartner, besonders aber das Engagement der Kreishandwerkerschaft in Duisburg hob Angelika Wagner hervor.

Gewerkschaftliches Engagement auch für Arbeitnehmerrechte

In Syrien war er kaufmännischer Leiter eines Krankenhauses: Abdul Monem (4. v. l.) mit Thomas Keuer, Detlev Schmidt, Angelika Wagner, Reiner Siebert und Wolfram Gießler. Foto: Petra Grünendahl.
In Syrien war er kaufmännischer Leiter eines Krankenhauses: Abdul Monem (4. v. l.) mit Thomas Keuer, Detlev Schmidt, Angelika Wagner, Reiner Siebert und Wolfram Gießler. Foto: Petra Grünendahl.
„Hier wird gerne mit Ängsten gespielt [Stichwort: „Gefährder“, Köln oder Berlin lassen grüßen], die mit der Masse der Probleme nichts zu tun haben“, erklärte ver.di-Geschäftsführer Keuer, der auf Entgegenkommen von Gewerkschaftern, Betriebsräten und Unternehmern hofft, die den überwiegend hoch motivierten Geflüchteten eine Perspektive eröffnen. „Integration ist keine Einbahnstraße“, so Angelika Wagner, aber: „das funktioniert in Duisburg ganz gut, weil die Integrationsbereitschaft traditionell hoch ist.“ Thomas Keuer mahnte aber auch: „Wir müssen noch viele Vorbehalte abbauen – auf beiden Seiten.“

„Diese jungen Männer hier kommen aus Ländern, in denen es weder freie Gewerkschaften noch betriebliche Arbeitnehmervertretungen gibt“, führte Wagner für die gewerkschaftliche Anbindung an, auch gesetzlich garantierte Arbeitnehmerrechte zu vermitteln. „Wir können nur kleine Gruppen ansprechen, aber es spricht sich auch rum, was wir den Geflüchteten anzubieten haben“, erklärte Siebert den Schneeballeffekt. „Wir haben einige Leute mit hervorragenden Qualifikationen. Man muss jeden Fall einzeln betrachten: Wir haben so viele tolle Leute hier“, schwärmte Siebert: „Für die müssen wir Brücken bauen.“ Deutschland brauche sehr lange mit der Anerkennung von Zeugnissen und Dokumenten, wurde aber auch Kritik laut.

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Für die Zielgruppe – Asylbewerber, Geduldete und Flüchtlinge – hat der DGB eine zweisprachige Informationsbroschüre „Wissen ist Schutz!“ aufgelegt, in der auf jeweils 30 Seiten zusammengestellt ist, was Geflüchtete wissen sollten, um in Deutschland erfolgreich zu arbeiten. Diese Broschüren sind erhältlich in den Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch und Arabisch (als Zweitsprache neben Deutsch): Eine gute Zusammenstellung von Informationen – nicht nur für die Geflüchteten, sondern auch für jene, die bei der Arbeitsmarktintegration helfen wollen.

Projekt InCoach: das Beratungsbüro
Im Raum 1.25 im Haus des DGB am Stapeltor 17-19 finden Geflüchtete mit Reiner Siebert einen Ansprechpartner, der sie unter anderem zu Deutschkursen und zur Integration in den Arbeitsmarkt beraten kann. Ansprechbar ist Siebert telefonisch unter 0203 / 3663456 von montags bis freitags zwischen 9 und 12 Uhr sowie nach Vereinbarung. Er sucht Kontakte – Gewerkschafter oder Betriebsräte in Unternehmen –, die für die Geflüchteten – je nach Ausbildung, Kenntnissen und Erfahrungen, die sie aus ihren Heimatländern mitbringen – von Interesse sein können. Einer der hier Anwesenden will studieren, andere haben ein oder sogar zwei Hochschulabschlüsse, Berufserfahrung, sind teilweise mehrsprachig, was sie für Unternehmen interessant machen könnte, die beispielsweise im arabischen Raum, Indien oder Russland agieren. „Manche Unternehmen müssten vielleicht etwas mehr Fantasie mitbringen, wie man diese Menschen mit ihren Hintergrund einbinden kann“, empfahl Wolfram Gießler, Organisationsberater Personalentwicklung beim BiG.

© 2017 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

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