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Lehmbruck Museum in Duisburg: Jana Sterbak und Christian Keinstar

Von Körpern und Vergänglichkeit
Von Petra Grünendahl

Christian Keinstar: Simplifikation, 2017. Die Plastik ist hier noch ganz am Anfang eines Schmelzprozesses. Foto: Petra Grünendahl.

Die Kopfplastik besteht aus einem selten vorkommenden chemischen Element mit dem Elementsymbol Ga und der Ordnungszahl 31, welches schon bei knapp 30°C zu schmelzen beginnt. In Christian Keinstars Werk „Simplifikation“ (2016/2017) tropft das Metall der Plastik, die auf einem heizbaren Sockelgestell steht, in einen Auffangbehälter.
Christian Keinstar: Simplifikation,, 2017. © VG Bild-Kunst. Bonn 2017.
quecksilberartig wirkende, aber für den Menschen völlig ungefährliche Metall tropft herab, trocknet und kann dann wieder in einer identischen Gussform als Kopf recycelt werden. Dieser Kreislauf wird im Verlauf der Ausstellung einige Male wiederholt werden. Die Betrachter erleben immer wieder unterschiedliche Zustände des Prozesses.

Christian Keinstar: Rose, 2015, Stahl, Beton, Foto: Petra Grünendahl.
Das Lehmbruck Museum präsentiert Christian Keinstar (*1975 in Dirschau, Polen) in der großen Glashalle zum Kantpark im Rahmen seiner Ausstellungsreihe „Sculpture 21st“. Christian Keinstar ist auch in den Gattungen Fotografie und Videokunst aktiv. Als Bildhauer hat es Keinstar besonders auf metallische Materialien abgesehen, deren Aspekte der Alchemie und des Überdauerns ihn besonders interessieren. Wie Architekturrelikte eines Atomkriegs wirken seine verformten gotischen Fenster aus Stahl und Beton. Blei präsentiert er im Rahmen wie Gemälde oder er verformt es zu barocken Faltenwürfen. Seine Plastiken reflektieren die Vergänglichkeit der Materie. Christian Keinstar war 2015 Stipendiat im Artist in Residence-Programm „Visit“ der innogy Stiftung. Die dabei entstandene Arbeit „Simplifikation“ ist in der Ausstellung im Lehmbruck Museum erstmals öffentlich zu sehen.


 
Jana Sterbak: Life-Size. Lebensgröße

Jana Sterbak: Vanitas – Flesh Dress For An Albino
Anorexic. Foto: Petra Grünendahl.
Bereits im vergangenen Monat eröffnete das Lehmbruck Museum im Anbau die Sonderausstellung der tschechisch-kanadischen Künstlerin Jana Sterbak (*1955 in Prag). Ihre Arbeiten kreisen um Themen wie Liebe, Leben und Tod. In ihrem Werk begegnen uns Fleisch, Haut, Haare, Leder, Brot und Schokolade – Materialien, die unsere eigene Vergänglichkeit spürbar machen. Im Zentrum der Schau steht ihre legendäre Arbeit „Vanitas. Flesh Dress for an Albino Anorexic“ von 1987, für die Sterbak rohes Fleisch zu einem Kleid vernähte. Das Motiv des Fleischkleides wurde 2010 international bekannt durch die Popkünstlerin Lady Gaga. Zur Eröffnung hatte Sterbak in Duisburg das legendäre Fleischkleid speziell für die Ausstellung im Museum herstellt. „Ein wirklich gelungenes Kunstwerk kann uns dazu bringen, unsere Wahrnehmung neu zu überdenken – nicht nur innerhalb des Museums,
Jana Sterbak: Mask, 2015. Foto: Petra Grünendahl.
sondern auch in der Welt außerhalb“, so die Künstlerin, die in ihrem Werk als Umsetzung körperlicher Erfahrungen „Schrecken des Alterns und das Ablaufdatum aller lebenden Dinge“ sieht.

Die 1955 in Prag geborene Konzeptkünstlerin emigrierte noch als Jugendliche mit ihrer Familie nach Vancouver, lebte später unter anderem in New York, Barcelona und Paris, bevor sie nach Kanada zurückkehrte, wo sie heute in Montreal lebt. Die umfassende Retrospektive präsentiert eine Auswahl von rund 40 der wichtigsten Arbeiten Jana Sterbaks aus über 30 Jahren künstlerischen Schaffens. Die Ausstellung startete im März im Rahmen der Duisburger Akzente.

Öffnungszeiten und Eintrittspreise

Jana Sterbak: Planetarium (Montserrat), 2000-2003. Mundgeblasenes Glas, 9-teilig. Foto: Petra Grünendahl.
Beide Sonderausstellungen sind bis in den Juni hinein zu sehen: Jana Sterbak bis zum 11. Juni, Christan Keinstar bis zum 18. Juni. Dienstags bis freitags ist das Lehmbruck Museum ab 12 Uhr geöffnet, samstags und sonntags ab 11 Uhr. Die Öffnungszeiten gehen bis 17 Uhr, donnerstags wegen der plastikBAR bis 21 Uhr. An Feiertagen gelten ggf. besondere Öffnungszeiten. Regulär kostet der Eintritt 9 Euro, ermäßigt 5 Euro. Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre in Begleitung von Angehörigen sowie Blinden- und Demenzbegleitung haben kostenlos Eintritt. Schulklassen und Kindergärten zahlen pro Person 2 Euro (gilt nur für Selbstführergruppen), eine Familienkarte gibt es für 15 Euro. Jeden ersten Freitag im Monat gilt: „pay what you want“. Ausgenommen davon sind angemeldete Gruppen.

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Christian Keinstar, Piece of Evidence, 2015, Foto: Petra Grünendahl.
Zu seinen Sonderausstallungen biete das Lehmbruck Museum verschiedene Veranstaltungen an – zur Zeit auch insbesondere zu Jana Sterbak. Öffentliche Führungen durch das Museum gibt es jeden Sonntag; sie kosten 2 Euro zusätzlich zum Eintritt. Für Informationen und Buchungen steht die Kunstvermittlung des Lehmbruck Museums unter Telefon 0203 / 283-2195 oder eMail kunstvermittlung@lehmbruckmuseum.de zur Verfügung. Weitere Informationen gibt es unter tickets@lehmbruckmuseum.de, Telefon 0203 / 283-2195 oder www.lehmbruckmuseum.de sowie im Veranstaltungskalender.

(*) Ermäßigung erhalten gebuchte Gruppen, Selbstführer ab 20 Personen, Menschen mit Behinderung (ab 70%), Schüler & Studenten, Wehr- & Zivildienstleistende sowie Menschen mit Sozialhilfebezug.

© 2017 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl (7), Christian Keinstar (1)

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