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Mit Hilfe von Fördermitteln: Duisburg will Problemimmobilien vom Markt nehmen

Sören Link: „Wir wollen verhindern, dass kriminelle Strukturen von Zuwanderung profitieren“
Von Petra Grünendahl

Stellten die Absicht der Stadt zum Ankauf von Problemimmobilien vor (v. l.): Arne Lorz (Amt für Stadtentwicklung und Projektmanagement), Gebag-Chef Bernd Wormeyer, Stadtentwicklungsdezernent Carsten Tum und Oberbürgermeister Sören Link. Foto: Petra Grünendahl.
„Verhandlungsbasis ist grundsätzlich der Verkehrswert und nicht die Preisvorstellung des Eigentümers“, stellte Bernd Wortmann, Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gebag, klar. Dieser Verkehrswert ist nicht besonders hoch, wenn Eigentümer die Immobilie über Jahre oder gar Jahrzehnte haben verkommen lassen. Ein Haus in Marxloh, welches seit gut sieben Jahren leer steht und nur noch Ratten anzieht – deswegen wird es auch „Rattenhaus“ genannt –, sei nun für einen Betrag deutlich unter 50.000 Euro erworben worden, betonte Wortmeyer. Investoren aus Süddeutschland waren wohl mit dem Kaufpreis übern Tisch gezogen worden – und hatten mittlerweile eingesehen, dass die unbewohnbare Immobilie zum Fass ohne Boden zu werden drohte. Das erleichterte die Verhandlungen, da der Eigentümer seinem Verlust kein weiteres Geld hinterher schmeißen wollte. Denn Kosten produziert ein solches Haus auch ohne Mieter.

Die ehemalige Landesregierung NRW hatte das Modellprojekt zum Ankauf von Problemimmobilien gestartet. Ziel des Projektes ist es, in den Großstädten, die aufgrund des EU-Freizügigkeitsrechts eine besondere Armutszuwanderung aus Rumänien und Bulgarien haben (neben Duisburg sind dies insbesondere Gelsenkirchen und Dortmund), unbewohnbaren Wohnraum vom Markt zu nehmen. Duisburg hat insgesamt Fördermittel in Höhe von 7,5 Millionen Euro beantragt. Das Projekt soll gemeinsam mit der Gebag umgesetzt werden. Im Vorgriff auf den in Aussicht gestellten Förderbescheid hat die Gebag nun das erste Haus in Marxloh erworben: „Da die Mittel zugesagt wurden, können wir schon mal anfangen“, freute sich Stadtentwicklungsdezernent Carsten Tum. Eine Untersuchung der Bausubstand stehe noch aus, so Wortmeyer, – und damit die Entscheidung, was mit dem Haus nun geschehen solle: Lohnt sich eine Sanierung? Oder wird es abgerissen?

Strategie gegen kriminelle Strukturen und zur Aufwertung des Wohnumfeldes

Die von der Gebag erworbene Immobilie in Marxloh. Foto: Expofair / Nicole Gerber.
„Neben der Task Force Problemimmobilien ist uns mit den Fördermitteln eine zweite Möglichkeit in die Hand gegeben worden, um zu verhindern, dass kriminelle Strukturen von solch unbewohnbaren Immobilien profitieren, indem sie sie überteuert an Zuwanderer aus Südosteuropa vermieten“, erklärte Oberbürgermeister Sören Link. „Dass wir hier solche Immobilien vom Markt nehmen können, sendet Signale an das Umfeld in den Straßenzügen und im Quartier, das solche Schrottimmobilien nur herunter ziehen.“ Gegensteuern will die Stadt hier, die unvermeidliche Abwärtsspirale stoppen. „Als städtische Wohnungsbaugesellschaft setzen wir uns für die Stadtentwicklung in Duisburg ein, wo immer es uns möglich ist“, ergänzte Gebag-Geschäftsführer Wortmeyer. „Wir wollen dazu beitragen, Schandflecke und auch Angsträume zu beseitigen. Das können wir durch den Ankauf solcher Objekte, den Abriss der Gebäude und die Entwicklung von Konzepten für den Standort tun.“

Problemimmobilien identifizieren

Die von der Gebag erworbene Immobilie in Marxloh. Foto: Expofair / Nicole Gerber.
„Schrottimmobilien sind eine Gefahr für Bewohner und Nachbarn. Wir haben in den letzten Monaten gezeigt, dass wir so etwas nicht tolerieren. Überall dort, wo es uns möglich ist, nehmen wir solche Häuser vom Markt. Wir haben im Rahmen des Projektes vor allem leerstehende Objekte im Blick. Mit der Unterstützung der Gebag werden diese Häuser entweder saniert oder abgerissen“, sagte Oberbürgermeister Link. Die Liste der Problemimmobilien sei flexibel, sie werde immer wieder aktualisiert: Bei den Überprüfungen werden sehr häufig mangelhafte Elektrik, bauliche Mängel, Feuchtigkeit, Schimmelbildung, Glasbruch, mangelhafte sanitäre Anlagen, beschädigte Haustüren, defekte und / oder nicht vorhandene Klingelanlagen bzw. Briefkastenanlagen vorgefunden, hinzu kommt ein häufig sehr hoher Grad an Vermüllung und in der Folge Schädlingsbefall. Auch der Brandschutz ist oftmals zu bemängeln (kein zweiter Rettungsweg, Brandlasten in den Fluren, keine feuerfesten Türen). Aktuell stehen inklusive der bereits von der Task Force Problemimmobilien für unbewohnbar erklärten Häuser noch 53 auf der Liste. Seit Herbst letzten Jahres wurden 23 Häuser begutachtet, davon 20 komplett geschlossen, zwei teilweise und eins nicht geschlossen. „Oft reicht es schon aus, wenn man einzelne Häuser einer Straße vom Markt nimmt, um ganze Straßenzüge vor dem Abrutschen zu bewahren. Die einfache Herrichtung als Grünfläche verbessert deutlich den Wohnwert in der betroffenen Straße“, ergänzte der Stadtentwicklungsdezernent.

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Bei dem Haus auf der Kaiser-Wilhelm-Straße in Marxloh soll es nicht bleiben: Fördermittel könnten eingesetzt werden für den Immobilienankauf in den Stadtteilen Marxloh, Bruckhausen, Hochfeld und Beeck – Stadtteile, in denen besondere Handlungsbedarf festgestellt worden sei. Aktuell befinde man sich in vier konkreten Gesprächen zum Ankauf weitere Immobilien, erklärte der Gebag-Chef. Dabei könnten aber bei den heruntergekommen Immobilien nicht die Preisvorstellungen des Verkäufers Maßstab sein, sondern rein das, was die Immobilie heute am Markt wert wäre: „Wer bereit ist, sich von seiner Immobilie zum Verkehrswert zu trennen, kann uns ansprechen“, so Carsten Tum. „Wir wollen vermeiden, dass sich aus Schrottimmobilien weitere Problem ergeben.“

© 2017 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl (1), Expofair / Nicole Gerber (2)

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