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Industrielles Welterbe in Belgien Teil 2: Schiffshebewerke in der Wallonie

Bootstour vom Giganten Strépy-Thieu
zu den historischen Schiffshebewerken

Von Petra Grünendahl

Schiffshebewerk von Strépy-Thieu am Canal du Centre- Foto: Petra Grünendahl.
Von der Brücke über den Canal du Centre (Rue Raymond Cordier) hat man einen atemberaubenden Blick auf das Schiffshebewerk Strépy-Thieu: Mit Ausmaßen von 135 Metern Länge, 81 Metern Breite und einer Höhe von 117 Metern hebt oder senkt Schiffe über einen Höhenunterschied von über 73 Metern. Ausgelegt sind die jeweils 5.200 Tonnen schweren Tröge des elektromechanischen Hebewerks auf Schiffslasten von je 1.350 Tonnen. Die beiden 112 Meter langen, 12 Meter breiten Tröge werden unabhängig von einander betriebenen: jeweils mit Tonnen schweren Gegengewichten. Der Name des imposanten Bauwerks setzt sich aus den Ortsteilen Strépy-Bracquegnies (gehört zu La Louvière) und Thieu (Le Rœulx) zusammen. Dieses monumentale Bauprojekt (1982 bis 2002) bildete die letzte Phase der Ertüchtigung des belgischen Wasserstraßennetzes mit der Erhöhung der Kapazität auf dem Canal du Centre auf 1.350 Tonnen (der alte Kanal war auf Lastkräne bis 300 Tonnen begrenzt).

Schiffshebewerk von Strépy-Thieu am Canal du Centre- Foto: Petra Grünendahl.
Belgien, unser kleiner Nachbar im Westen, wird oft unterschätzt. Das Land war mal – nach Großbritannien – zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Die Industrialisierung brauchte schon Anfang des 19. Jahrhunderts entsprechende Verkehrswege für den Gütertransport und die Binnenschifffahrt bot sich für die Transporte großer Mengen – zum Beispiel Kohle oder Erze – an. Belgien forcierte den Bau von Schifffahrtskanälen: Der Canal du Centre verbindet zum einen Schelde- und Maas-Becken, aber großräumig auch Hafen und Region Dünkirchen mit dem Rhein-Becken- Er ist damit von immenser Bedeutung für den Wirtschaftsstandort, auch wenn der Steinkohlebergbau längst Vergangenheit ist.

Schiffshebewerk von Strépy-Thieu am Canal du Centre- Foto: Petra Grünendahl.
Das Schiffshebewerk von Strépy-Thieu, eines der größten elektromechanischen Hebewerke der Welt, bietet aktuell im Dokumentationszentrum auf der 8. Etage eine sehenswerte Ausstellung über die Binnenschifffahrt (Schifffahrtswege gestern, heute und morgen). Ein ca. zwanzigminütiger Film zeigt die Entstehung des Hebewerks: Er wird meist in Französisch oder Holländisch gezeigt, filmsynchrone Audio-Guides gibt es zusätzlich auch in Englisch und Deutsch. Der Blick in die beiden Maschinenräume (8. Etage) ist ebenso beeindruckend wie das Panorama, das man auf der 5. Etage genießen kann. Der Eintritt kostet 8 Euro für Erwachsene (es gibt diverse Ermäßigungen). Von Mai bis August gibt es sonntags vier Mal täglich Bootsausflüge rund um das neue Schiffshebewerk mit einem Schiffsaufzug (zu den Kosten gibt es leider keine Angabe).

 
Impressionen vom Schiffshebewerk von Strépy-Thieu.
Fotos: Petra Grünendahl.

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Ein kleiner Eindruck … von Nachtfotograf

Der historische Canal du Centre mit vier hydraulischen

Hebewerk 4 der historischen Schiffshebewerke am Canal du Centre. Foto: Petra Grünendahl.
Ersetzt hat das neue Schiffshebewerk 2002 die alten Schiffshebewerke, die zwischen 1882 und 1917 errichtet wurden (Hebewerk 1 wurde 1888 eröffnet). Sie sind weitgehend im Originalzustand erhalten und verfügen in etwa über die gleichen Abmessungen. Schon seit 1998 gelten sie als UNESCO Welterbe. Auch wenn sie touristisch erschlossen und teilweise museal genutzt werden, sind alle vier noch in Betrieb: Allerdings ausschließlich für Freizeit- und Sportboote. Der Höhenunterschied, den diese hydraulischen Hebewerke überwinden, liegt jeweils zwischen ca. 15 und 17 Metern. Sie gleichen rund 66 Meter Höhenunterschied auf knapp 7 Kilometern im alten Kanal aus. Beim Hubvorgang sind jeweils beide Tröge beteiligt, drückt doch der von oben nach unten gleitende Trog den anderen hoch. Und der Schiffsaufzug in diesen kleineren Hebewerken ist wirklich ein Erlebnis, den man sich nicht entgehen lassen sollte.

Maschinenhaus für Hebewerk 3 und 2 der historischeb Schiffshebewerke am Canal du Centre. Foto: Petra Grünendahl.
Ab dem neuen Schiffshebewerk gibt es Bootsfahrten durch den alten Kanal zu den historischen Schiffshebewerken (Erwachsene zahlen 15 Euro). Ein Schiffsaufzug im Schiffshebewerk 4 ist ebenso inklusive wie die Schleuse vom neuen zum alten Kanal (am Hebewerk 4). Die Tour geht dann bis zum Hebewerk 3, wo die Maschinenhalle für die Hebewerke 2 und 3 (sie liegen keine 500 Meter auseinander) besichtigt wird, bevor es zurück geht zum Start der Tour.
 
 

 
Impressionen von den historischen Schiffshebewerk 4 und 3.
Fotos: Petra Grünendahl

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Hebewerk 2 der historischen Schiffshebewerke am Canal du Centre. Foto: Petra Grünendahl.
Über Straßen und Fußwege lohnt es sich aber auch, die vier Hebewerke von der Landseite anzusteuern, wobei das Schiffshebewerk 2 nur indirekt (und zu Fuß) zu erreichen ist: Entweder von unten über eine Treppe vom Hebewerk 3 aus – oder von oben an einer Kanalbrücke die Treppe runter und am Kanal entlang. In der Nähe vom Hebewerk 1 befindet sich die „Cantine de Italiens“, wo es neben Besucherzentrum und Gastronomie auch eine Ausstellung zur Zuwanderung in Belgien gibt, die für die Industrialisierung von großer Bedeutung war (und entsprechend auch an den ehemaligen Steinkohle-Standorten thematisiert wird).

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Hebewerk 1 der historischen Schiffshebewerke am Canal du Centre. Foto: Petra Grünendahl.
Es gibt zwei Bootsfahrten täglich: um 10 Uhr und um 14 Uhr. Für beide Touren ist der Sammelpunkt am Schiffshebewerk Strépy-Thieu: die erste Tour startet mit dem Boot über eine kleine Schleuse zum alten Schiffshebewerk 4 und über den Kanal bis zum Maschinenhaus der Hebewerke 3 und 2. Von dort geht es mit einer Bimmelbahn zurück nach Strépy-Thieu. Dort startet später auch die zweite Tour: mit der Bimmelbahn zum Hebewerk 3, wo das Schiff für die Fahrt zurück noch vor Anker liegt. Buchen kann man die Touren unter anderem am Schiffshebewerk Strépy-Thieu und am Besucherzentrum „Cantine des Italiens“ an der Rue Tout-y-Faut 90 (Houdeng-Goegnies): eine Reservierung für die begehrte Tour empfiehlt sich auf jeden Fall.

 
Impressionen von den historischen Schiffshebewerk 2 und 1.
Fotos: Petra Grünendahl

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Beim nächsten Besuch der Region Wallonie werden wir uns unter anderem das Schiffshebewerk Ronquières anschauen, das Schiffe ermöglicht, die Schiefe Ebene von Ronquières zu überwinden …

Hier ist der erste Teil unserer Reise mit den Standorten des wallonischen Steinkohlebergbaus.

 
Impressionen vom Canal du Centre. Fotos: Petra Grünendahl.

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Adressen und weitere Informationen

  • Schiffshebewerk von Strépy-Thieu, Rue Raymond Cordier 50, BE-7070 Thieu (Le Rœulx), https://belgien-tourismus-wallonie.de/de/content/schiffshebewerk-von-strepy-thieu oder https://de.wikipedia.org/wiki/Schiffshebewerk_Str%C3%A9py-Thieu
  • Historisches Hebewerk 1, Rue Tout-y-Faut, BE-7110 Houdeng-Goegnies (La Louvière), Besucherzentrum Cantine des Italiens: Rue Tout-y-Faut 90
  • Historisches Hebewerk 2, Rue Liébin (Brücke, Rue Beau Séjour ist die nicht-öffentliche Straße am Kanal entlang), BE-7110 Houdeng-Aimeries (La Louvière)
  • Historisches Hebewerk 3, Rue du Stokou 81, BE-7110 Strépy-Bracquegnies (La Louvière)
  • Historisches Hebewerk 4, Rue du Manoir Saint-Jean 1, BE-7070 Thieu (Le Rœulx)
  • Lesetipp: Die historischen Schiffshebewerke am Canal du Centre

© 2019 Petra Grünendahl (Text und Fotos)
 


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Ein Kommentar "Industrielles Welterbe in Belgien Teil 2: Schiffshebewerke in der Wallonie"

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