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Lange Nacht der Industrie in Duisburg: ArcelorMittal öffnete sein Werkstor

Glühend heiße Farbspiele begeisterten die Besucher im Oxygenstahlwerk
Von Petra Grünendahl und André Sommer

Die Prozesse der Stahlproduktion sind elektronisch gesteuert, müssen aber von Mitarbeitern überwacht werden. Foto: Petra Grünendahl.
„Zunächst wird das angelieferte Roheisen in Gießpfannen umgefüllt und dann entschwefelt“, erzählte Heiner Buhren, als er mit den Besuchern im Oxygenstahlwerk den Prozess der Stahlerzeugung verfolgt. Das flüssige Roheisen wird seit 1994 nicht mehr am Standort produziert, sondern kommt in Torpedopfannen von den thyssenkrupp-Hochöfen in Bruckhausen oder Schwelgern. Während des Entschwefelungsprozesses wird Schrott wird in einen Konverter gefüllt. Der Schrott ist speziell zusammen gestellt für die zu erzielende Stahlsorte, dient aber auch der Kühlung im Konverter. Schließlich wird das Roheisen aus der Gießpfanne (oder Chargierpfanne) in den Konverter gefüllt, wo dann mit Lanzen aufgeblasener Sauerstoff den Kohlenstoffanteil des Roheisens reduziert (das hier angewandte TBM-Verfahren nach Thyssen-Blas-Metallurgie ist eine Variante des LD-Verfahren). Eine Argonspülung homogenisiert schließlich die Schmelze, bevor sie entgast, mit weiteren Zusatzstoffen veredelt und schließlich ein zweites Mal mit Argonspülung bearbeitet wird. Nach dem Oxygenstahlwerk geht es noch rüber zur Stranggießanlage, wo der Stahl zu Knüppeln vergossen wird.

Heiner Buhren führte eine Besuchergruppe durch die Stahlproduktion. Foto: Petra Grünendahl.
Im Rahmen der neunten Langen Nacht der Industrie öffneten auch Betriebe in Duisburg ihre Tore für Besucher: Zum dritten Mal war das Stahlwerk von ArcelorMittal in Ruhrort (das eigentlich in Laar liegt) dabei. Insgesamt kamen knapp 60 Besucher in den Genuss, geführt von Heiner Buhren und Norbert Fleischer, beides ehemalige Mitarbeiter von ArcelorMittal (so genannte Bären-Führer), die Stahlproduktion aus erster Hand zu erleben und erklärt zu bekommen. In Duisburg wird bei ArcelorMittal hochwertiges Vormaterial in Form von Langprodukten für die weiterverarbeitende Industrie hergestellt. Ein Teil der Produktion geht von hier direkt zum Kunden. Der Großteil jedoch wird entweder im Knüppelwalzwerk weiterverarbeitet oder geht als Vormaterial ins Drahtwalzwerk. Auch hier entsteht jedoch noch kein Endprodukt, sondern ebenfalls ein Vormaterial zum weiteren Verarbeitung. Von rund 2.500 Stahlsorten kann ArcelorMittal am Standort Ruhrort 400 Legierungen produzieren und liefern. Den Produktionsablauf für die Stahlerzeugung zeigt ArcelorMittal hier in einer Flash-Animation).

Lange Nacht der Industrie bei ArcelorMittal in Ruhrort: Die orange-glühenden Farbspiele der Stahlproduktion begeisterten die Besucher. Fotos: Petra Grünendahl.

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Die ArcelorMittal Duisburg GmbH und der Konzern

Die Prozesse der Stahlproduktion sind elektronisch gesteuert, müssen aber von Mitarbeitern überwacht werden. Foto: Petra Grünendahl.
Der heutige Standort ArcelorMittal Ruhrort (liegt größtenteils in Laar) wurde 1852 als Phoenix Anonyme Gesellschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb gegründet. Der Name änderte sich im Laufe der Jahrzehnte mehrfach nach Fusionen und Umfirmierungen: unter anderem Vereinigte Stahlwerke AG Hütte Ruhrort- Meiderich, Hüttenwerke Phoenix AG, Phoenix Rheinrohr AG und schließlich nach der Verschmelzung der Phoenix Rheinrohr AG mit der ATH 1970 zu August-Thyssen-Hütte AG Hochofenwerk Ruhrort/Meiderich. Im Jahr 1997 übernahm die ISPAT-Gruppe den Standort als ISPAT Stahlwerk Ruhrort GmbH. Den Hochofenbetrieb hatte schon Thyssen 1994 eingestellt: das Roheisen kommt seitdem den Thyssen-Hochöfen aus Hamborn.

 

Die Prozesse der Stahlproduktion sind elektronisch gesteuert, müssen aber von Mitarbeitern überwacht werden. Foto: Petra Grünendahl.
Zusammen mit dem Stahlwerk Ruhrort kam auch das 1851 in Hochfeld als Niederrheinische Hütte gegründeten Werk Hochfeld der Thyssen Stahl AG zur ISPAT-Gruppe, aus der später durch Fusionen Mittal Steel und dann ArcelorMittal wurde. Als 2013 die neue Drahtstraße in Ruhrort in Betrieb ging, schloss man den Standort Hochfeld endgültig. Auf Teilen des alten Firmenareals wurde der Rheinpark angelegt. Der Betrieb der ArcelorMittal Ruhrort GmbH ging auf die ArcelorMittal Hochfeld GmbH als dem operativen Teil der ArcelorMittal Duisburg GmbH über. Der Rest wartet auf eine Nachnutzung.

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Umfüllen des Rohstahls in die Gießpfanne. Foto: Petra Grünendahl.
Im Werk Ruhrort arbeiten fast 1.000 Mitarbeiter. Mit einer Produktion von 1,12 Mio. Tonnen erwirtschaften sie einen Umsatz von 723 Mio Euro (Zahlen von 2018). Jährlich starten hier mindestens 15 junge Leute ihre Ausbildung in gewerblich-technischen und kaufmännischen Berufen. „Die Ausbildungsgänge dauern drei bis dreieinhalb Jahre, können bei entsprechenden Leistungen durch eine vorgezogene Prüfung verkürzt werden“, erzählte Verena Kempken, verantwortlich für den Bereich Berufsbildung und Organisatorin der „Lange Nacht“-Tour in Ruhrort. Die Zahl der Ausbildungsplätze – aktuell sind 55 Azubis in Ruhrort beschäftigt – orientierten sich am eigenen Bedarf und dürften in den kommenden Jahren wegen des demografischen Wandels steigen, so Kempken. Auch akademische Nachwuchskräfte sind gefragt: Sie entwickelt man zu Fach- und Führungskräften. Weiterbildungen qualifizieren Mitarbeiter für technische Veränderungen und betriebliche Erfordernisse.
https://duisburg.arcelormittal.com

 

Der Rohstahl wird zu Knüppeln vergossen. Foto: Petra Grünendahl.
ArcelorMittal ist mit 200.000 Mitarbeitern in 60 Ländern der größte Stahlkonzern weltweit. Arcelor entstand 2001 durch den Zusammenschluss von Arbed (ein luxemburgischer Stahlkonzern), Aceralia (ein spanischer Stahl-Konzern) und Usinor (ein französischer Stahlkonzer). Mittal Steel gründete sich in 2004, als ISPAT International (die zu 77 Prozent von Lakshmi Mittal kontrolliert wurde) die LNM Holdings (nach dem Eigentümer Lakshmi Niwas Mittal) und die amerikanische International Steel Group (ISG) übernahm. Die beiden so entstandenen Konzerne (weltweit die Stahlproduzenten Nr. 1 und 2) fusionierten 2006 zum ArcelorMittal-Konzern. Der Hauptsitz befindet sich in Luxemburg-Stadt.

© 2019 Petra Grünendahl und André Sommer (Text)
Fotos: Petra Grünendahl
 


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