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Deutsche Oper am Rhein: Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ begeisterte im Theater Duisburg

Kampf um Macht und Besitz zerstört die alte Weltordnung
Von Petra Grünendahl

Götterdämmerung: Siegfried (Michael Weinius), Brünnhilde (Linda Watson). FOTO: Hans Jörg Michel.
Das Bühnenbild beherrscht ein rostiger Kahn, der den Namen „MS Wodan“ trägt und die alte Weltordnung der Götter symbolisiert, die dem Untergang geweiht ist: Wotans Speer ist zerbrochen, die Weltesche gefällt. Siegfried (Corby Welch) und Brünnhilde (Linda Watson) feiern hier auf dem symbolischen Walkürenfelsen ihre Liebe. Bevor Siegfried zu neuen Heldentaten zieht, tauschen sie Siegfrieds „Ring“ und ihr Pferd „Grane“ als Pfand ihrer Liebe. Siegfried zieht zum Gibichungen-Hof, wo Bösewicht Hagen (Sami Luttinen) seine Halbgeschwister Gunther (Bogdan Baciu) und Gutrune (Sylvia Hamvasi) anstachelt, mit einem Zaubertrank Siegfried an Gutrune zu binden, damit dieser unter seiner Tarnkappe als Gunther Brünnhilde bezwingt.
Götterdämmerung: Hagen (Hans-Peter König), Gunther (Bogdan Baciu). Foto: Hans Jörg Michel.
Hagens Intrige geht auf: Siegfried hat seine Liebesvergangenheit mit Brünnhilde vergessen und „erobert“ die ehemalige Walküre für Gunther. Brünnhilde klagt Siegfried an, als sie mit Gunther als Brautpaar zum Hof zurückkehrt. Siegfrieds „Meineid“ will Brünnhilde rächen: Sie erzählt Hagen von Siegfrieds Schwäche. Hagen verfolgt eigene Ziele, will er doch Siegfrieds Ring zurück, den Hagens Vater Alberich (Stefan Heidemann) geschmiedet hatte und der Macht und Besitz verheißt. Siegfried war immun gegen die Macht des Ringes, so dass Alberichs Fluch an ihm abprallte. Allerdings soll der Ring Siegfried doch den Tod bringen. Ein weiterer Zaubertrank Hagens löst Siegfrieds Gedächtnis, so dass er im Sterben seine Vergangenheit erzählt: Gunther und schließlich Gutrune erfahren die Wahrheit. Brünnhilde reitet mit Grane in Siegfrieds Scheiterhaufen, um mit ihm in den Tod zu gehen, nachdem sie den Ring (und damit das Rheingold) den Rheintöchtern zurück gegeben hat.

 

Götterdämmerung: Gunther (Bogdan Baciu), Brünnhilde (Linda Watson). Foto: Hans Jörg Michel.
Mit der „Götterdämmerung“ aus Richard Wagners Zyklus „Der Ring des Nibelungen“ feierte schließlich die szenische Inszenierung der Deutschen Oper am Rhein ihre viel umjubelte Premiere im Theater Duisburg. Wegen eines Wasserschadens im Theater war die ursprüngliche Aufführung nur konzertant in der Mercatorhalle möglich gewesen. Mit der kompletten Tetralogie, dem „Ring am Rhein“, kam die Inszenierung von Dietrich W. Hilsdorf nun vollständig auf die Duisburger Bühne. Dirigent Axel Kober hatte die Einstudierung von Wagners „Der Ring des Nibelungen“ in der Inszenierung von Dietrich W. Hilsdorf in Düsseldorf und Duisburg initiiert. Kober ist nicht nur Generalmusikdirektor der Deutschen Oper am Rhein sowie der Duisburger Philharmoniker, sondern auch einer der renommiertesten Wagner-Dirigenten, weswegen er einige Male schon für die Bayreuther Festspiele engagiert wurde. An allen vier Opernabenden dirigierte er die hervorragend aufspielenden Duisburger Philharmoniker, die Wagners vielfältige und variantereiche Komposition mit Bravour intonierten.

 

Götterdämmerung: Gutrune (Sylvia Hamvasi), Siegfried (Michael Weinius). FOTO: Hans Jörg Michel.
Dietrich W. Hilsdorfs Interpretation von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ ist militärisch-kriegerisch geprägt, was sich in Bühnenbild-Gestaltung und Kostümen niederschlägt. Das setzten Renate Schmitzer in Kostüme und Dieter Richter in ein Bühnenbild um, welches von Volker Weinhart effektvoll in Szene gesetzt wurde. Die Texte der Opern stammen vom Komponisten: Gesungen wird in deutscher Sprache, deutsche Übertitel erleichtern das Verständnis der Handlung. Die Deutsche Oper am Rhein brachte die Tetralogie innerhalb von sechs Abenden auf die Bühne im Theater Duisburg: Dem zweieinhalbstündigen Vorspiel (ohne Pause) folgten Opernabende von 4¾, 5 und 5½ Stunden (jeweils mit zwei Pausen). In dieser Dichte ist es eine Herausforderung für alle Akteure, die das begeisterte Publikum bei allen Vorstellungen völlig zu Recht mit minutenlangem Pausen- und Schlussapplaus feierte.

 

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Fantastische Aufführung: Der “Ring am Rhein” als Gesamtwerk

Das Rheingold: Kimberley Boettger-Soller (Wellgunde), Iryna Vakula (Floßhilde), Stefan Heidemann (Alberich), Heidi Elisabeth Meier (Woglinde) FOTO: Hans Jörg Michel.
Nachdem die Rheintöchter (Heidi Elisabeth Meier, Maria Hilmes und Anny Harvey) den Zwergen Alberich (Stefan Heidemann) gedemütigt haben, schwört dieser der Liebe ab und kann das Weltherrschaft verheißende „Rheingold“ entwenden. Gottvater Wotan (James Rutherford) hat von den Riesen Fafner (Lukasz Konieczny) und Fasolt (Bogdan Talos) Walhall bauen lassen, will nun diesen aber nicht die versprochene Bezahlung – seine Schwägerin Freia (Anna Priceva) – überlassen. Er stielt Alberich das Rheingold samt Ring und Tarnhelm, worauf der Zwerg den Ring verflucht. Anstelle von Freia gibt Wotan den Riesen den Gold-Hort samt Tarnkappe und den verfluchten Ring, der sofort seine Wirkung entfaltet: Fafner erschlägt seine Bruder. Wotan zieht mit seiner Frau Fricka (Katarzyna Kuncio) in Walhall ein, sein Verhalten hat aber die Götterwelt erschüttert.

 

Die Walküre: Daniel Frank (Siegmund), Sarah Ferede (Sieglinde). FOTO: Hans Jörg Michel.
Viele Jahre später setzt die „Walküre“ ein: ein Flüchtender, Siegmund (Michael Weinius), sucht Schutz, welches die Herrin des Hauses, Sieglinde (Sarah Ferede), ihm gewährt. Sie war gegen ihren Willen mit Hunding (Sami Luttinen) verheiratet worden. Sieglinde erkennt in Siegmund den Befreier, den ihr ein Fremder, Wotan (James Rutherford), bei ihrer Hochzeit verheißen hat. Die beiden sind Geschwister, die als Kinder getrennt wurden, ihre Liebe ist Inzest. Hunding verlangt die Bestrafung des Ehebruchs. Wotan bittet seine Tochter, die Walküre Brünnhilde (Linda Watson), Siegfried zu schützen. Fricka, Hüterin von Familie und Ehe, verlangt aber Siegfrieds Tod. Daraufhin befiehlt Wotan seiner Tochter, Hundings Sieg zu sichern. Im Kampf zwischen Siegmund und Hunding zerstört Wotan mit seinem Speer Siegmunds Schwert Nothung. Brünnhilde, die sich Wotans Willen widersetzt hat, flieht mit den Schwertstücken und der schwangeren Sieglinde. Zur Strafe versetzt Wotan Brünnhilde, die Sieglinde allein im Wald zurückgelassen hat, in einen tiefen Schlaf, umgeben von einem Feuerring, den nur ein Held durchschreiten kann, der das Feuer nicht fürchtet.

 

Siegfried: Siegfried (Michael Weinius), Mime (Cornel Frey). FOTO: Hans Jörg Michel.
Sieglindes Sohn „Siegfried“ (Corby Welch) wächst nach dem Tod seiner Mutter beim Zwergen-Schmied Mime (Cornel Frey) auf, Alberichs Bruder. Da der Junge die Furcht nicht kennt, kann er Nothung neu schmieden. Mime will ihn benutzen, den Ring des Nibelungen vom Riesen Fafner zurück zu bekommen. Als Siegfried Fafner besiegt hat, durchschaut er aber die Intrige seines Ziehvaters und erschlägt ihn. Siegfried lässt den Schatz zurück und nimmt nur Ring und Tarnkappe mit sich, ohne deren Bedeutung zu kennen. Auf dem Weg zu Brünnhilde begegnet er seinem Großvater Wotan, der als Wanderer durch die Welt zieht. Mit Nothung zerschlägt der junge Held Wotans Speer und damit die alte Ordnung. Nachdem Durchschreiten des Feuers weckt er Brünnhilde und die beiden feiern ihre Vereinigung: „leuchtende Liebe, lachender Tod“. Letztendlich scheitert jedoch Wagners Held Siegfried an seiner Naivität – „der das Fürchten nicht kennt“ –, was Brünnhilde, die Liebe und Mitgefühl verkörpert gegen Besitz und Macht, als strahlende Heldin in drei der vier Opern umso mehr hervorhebt.

 

Götterdämmerung: Siegfried (Corby Welch) mit dem Ring des Nibelungen. Foto: Hans Jörg Michel.
Obwohl jede der vier Opern natürlich auch für sich alleine völlig zu Recht bestehen kann, bot sich doch mit dem kompletten Ring-Zyklus die Gelegenheit, den „Ring des Nibelungen“ in seiner Gesamtheit zu erleben, ohne die Fäden der einzelnen Handlungsstränge aus den Augen zu verlieren. Viele Zuschauer waren denn auch an allen vier Abenden im Theater Duisburg zu Besuch, um genau dieses zu genießen. Aber vor allem die szenische Premiere von der „Götterdämmerung“ zog natürlich noch einmal etwas mehr Publikum ins dann tatsächlich voll besetzte Theater Duisburg. Die Zuschauer erlebten fantastische Aufführungen, die die Deutsche Oper am Rhein überwiegend und sehr hervorragend aus eigenen Reihen, aber auch ganz gezielt mit großartigen Gastsängern besetzt hatte. Das Publikum lobte dabei aber auch die konzertante Aufführung der „Götterdämmerung“ in der Mercatorhalle, sofern sie diese erlebt hatten, in höchsten Tönen! In dieser Spielzeit in Düsseldorf und in kommenden Spielzeiten in Duisburg werden Besucher wieder die Gelegenheit bekommen, den kompletten „Ring am Rhein“ zu erleben. Auch wenn sich die Aufführungen in der Woche natürlich für die angestellt arbeitende Bevölkerung schwierig gestalten lässt: Es lohnt sich auf jeden Fall!

 

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Wagner als Revolutionär: Umbruch und Niedergang der alten Ordnung

Das Rheingold: VORNE Katarzyna Kuncio (Fricka), James Rutherford (Wotan) HINTEN Lukasz Konieczny (Fafner). FOTO: Hans Jörg Michel.
Während seiner Zeit als Kapellmeister in Dresden beschäftigte sich Richard Wagner (1813 – 1883) ab 1843 mit deutschen Sagen, der nordischen Edda, der griechischen Mythologie und dem Grals-Mythos. Daraus zog der Dramatiker und Komponist seine Ideen für seine monumentale Tetralogie, die als sein Hauptwerk gilt. Mit Siegfried schuf er den germanischen Helden und freien Menschen, der gegen die alte Weltordnung der Götter kämpfte: Ihre auf Macht und Besitz basierende Welt sollte einer neuen edleren Weltordnung Platz machen. Wagner war ein Anarchist, der die Revolutionen 1848/49 unterstützte und vom Umbruch alter Herrschaftsstrukturen und einem geeinten Deutschland träumte. Noch in Dresden vollendete er 1848 die Dichtung zu „Siegfrieds Tod“, aus der später die „Götterdämmerung“ wurde. Wegen seiner Beteiligung am Dresdner Maiaufstand 1849 floh Richard Wagner in die Schweiz, wo er seine Arbeiten an der Dichtung zum „Ring des Nibelungen“ fortsetzte. Er entwickelte seine Handlung vom Finale aus zurück, weil für den Zuschauer mehr Vorgeschichte nötig war, als er narrativ in der „Götterdämmerung“ verarbeiten konnte. Nach Abschluss der Textarbeiten komponierte Wagner dann ab 1851 die vier Opern vom Rheingold an sukzessive (bis 1874).

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Die Walküre: Katharina von Bülow (Grimgerde), Simon Neal (Wotan), Katarzyna Kuncio (Waltraute), Evelyn Krahe (Schwertleite), Linda Watson (Brünnhilde), Jessica Stavros (Gerhilde). FOTO: Hans Jörg Michel.
Konzipiert ist das ganze als mehrtägiges Festspiel (drei Tage und ein Vorabend), für das er in Bayreuth ein Festspielhaus bauen wollte. Wagner unterbrach die Arbeiten an seinem Monumentalwerk immer wieder, weil er Geld brauchte: Kleinere Opern entstanden, die ihm finanziell über die Runden halfen, sein Hauptwerk zu vollenden. Allerdings musste sich Wagner schließlich beim „Rheingold“ und der „Walküre“ dem Willen seines Mäzens König Ludwig II. beugen, die fertigen Opern 1869 und 1870 am Nationaltheater München uraufzuführen. Wagner selber schwebte die Aufführung in einem Festspielhaus vor, welches nach seinen Entwürfen 1872 – 1875 in Bayreuth entstand. Dort feierten dann „Siegfried“ und die „Götterdämmerung“ im August 1876 bei der ersten Komplettaufführung des Rings unter der Leitung von Richard Wagner ihre Uraufführungen.

 

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Ein kleiner Vorgeschmack:

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Weitere Termine:

Götterdämmerung: Gutrune (Sylvia Hamvasi), Siegfried (Michael Weinius), Gunther (Bogdan Baciu), Brünnhilde (Linda Watson), Opernchor und Herren des Extrachors, Statisterie. FOTO: Hans Jörg Michel.
Die Walküre, So | 8. Dezember 2019 | 15 Uhr in Düsseldorf,
Das Rheingold, Sa | 21. Dezember 2019 | 19:30 Uhr in Düsseldorf und
Die Walküre, So | 22. Dezember 2019 | 19:30 Uhr in Düsseldorf.
Den kompletten Ring-Zyklus spielt die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf vom 7. bis zum 13. April 2020 (innerhalb von sieben Tagen).
Im Theater Duisburg läuft der „Ring am Rhein“ erst in der Spielzeit 2020/21 wieder, bleibt aber im Repertoire für regelmäßige Wiederaufführungen.

 

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Götterdämmerung: Siegfried (Michael Weinius), Brünnhilde (Linda Watson), />Gutrune (Sylvia Hamvasi), Gunther (Bogdan Baciu), Opernchor und Herren des Extrachors. FOTO: Hans Jörg Michel.
Eintrittskarten gibt es in der gemeinsamen Theaterkasse von Theater Duisburg und Deutscher Oper am Rhein im ehemaligen Restaurant „Theaterkeller“. Der Eingang befindet sich auf der rechten Seite des Theaters gegenüber vom Duisburger Hof (Öffnungszeiten: Mo bis Fr 10 – 18.30 Uhr, Sa 10 bis 18 Uhr). Karten bestellen kann man auch per Telefon 0203 / 283-62100, Fax 0203 / 283-62210 oder eMail karten@theater-duisburg.de. Die Theaterkasse am Eingang öffnet 60 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Eine halbe Stunde vor Beginn gibt es eine Einführung im Opernfoyer, die einen kurzen Überblick in die Oper, ihre Handlung und ihre Entstehung gibt. Tickets kosten in Duisburg zwischen 19.00 und 76,00 Euro, in Düsseldorf ist es mit 27,00 bis 106,00 Euro (21,00 bis 96,00 Euro für „Das Rheingold“) teurer. Möglichkeiten für Ermäßigungen bei den Ticketpreisen findet man auf den Webseiten der Deutschen Oper am Rhein bei den Buchungen aufgeführt.

 
© 2019 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Hans Jörg Michel, Mannheim / Deutsche Oper am Rhein

 

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Ein Kommentar "Deutsche Oper am Rhein: Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ begeisterte im Theater Duisburg"

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