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Niederrheinische IHK: Konjunkturumfrage Frühsommer 2020

Krisenstimmung bei der niederrheinischen Wirtschaft
Von Petra Grünendahl

Quelle: Niederrheinische IHK Duisburg Wesel Kleve.
„Die Lage ist dramatisch. Vielen Unternehmen sind wegen der Corona-Pandemie on jetzt auf gleich Lieferketten ebenso wie Märkte zusammen gebrochen“, erklärte Burkhard Landers, Präsident der Niederrheinischen IHK. „Die Unternehmen am Niederrhein beurteilen die wirtschaftliche Lage und ihre Zukunftserwartungen so negativ wie zuletzt im Frühjahr 2009.“ Er rechne nicht mit einer V-förmigen wirtschaftlichen Erholung, wie sie früher nach Krisen eingetreten war, sondern eher mit einer U-Form: „Man weiß aber nicht, wie lang sich der Bogen des U zieht“, so Landers. Die Rettungsschirme und Soforthilfen seien richtig und gut gewesen, aber in manchen Branchen nicht ausreichend, was insbesondere Laufzeiten angehe: „Während sich manche Unternehmen mit der langsamen Öffnung wieder stabilisieren, bleiben ganze Branchen noch über Monate in der Krise: Messe, Event oder Catering erholen sich noch lange nicht“, sagte Landers. „Dienstleister hat es besonders getroffen, wenn sie in direktem Kundenkontakt arbeiten“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger. Lediglich die Digital-Branche habe sogar von der Krise profitiert, weil sie durch Home Office und Verschiebung wirtschaftlicher Aktivitäten ins „Digitale“ Geschäftszuwächse erzielt hatte.

 

Burkhard Landers und Stefan Dietzfelbinger stellten die Konjunkturumfrage Frühsommer 2020 vor. Foto: Petra Grünendahl.
Den aktuellen Konjunkturbericht stellten Burkhard Landers und Dr. Stefan Dietzfelbinger im Großen Sitzungssaal der Niederrheinischen IHK an der Mercatorstraße im Pressegespräch vor. Auf Abstand, aber immerhin analog: „Es geht nichts über den persönlichen Kontakt“, bemerkte Landers. Solange dies aber manchen Unternehmen und Branchen fehle, seien Geschäfts- und Stimmungslage entsprechend negativ: „Zwar ist im Mai die Insolvenzerwartung auf 9 % der befragten Unternehmen gesunken, aber das sind in unserem Kammerbezirk immer noch fast 6.000 Betriebe.“ An der aktuellen Umfrage im Kammerbezirk Niederrhein (Duisburg sowie die Kreise Wesel und Kleve) hatten sich 318 Unternehmen mit insgesamt 44.000 Beschäftigten beteiligt.

 

Quelle: Niederrheinische IHK Duisburg Wesel Kleve.
Die Wirtschaftskrise habe einmal mehr gezeigt, wie wichtig die Industrie- und Handelskammern (IHK) für die Wirtschaft seien, so Stefan Dietzfelbinger: „Wir haben fast 5.000 Beratungsgespräche geführt mit Unternehmen, die staatliche Hilfen oder Kurzarbeitergeld beantragen wollten. Dabei haben wir viele traurige und verzweifelte Geschichten von den Betroffenen gehört.“ Mittlerweile kehre die IHK, die während des Lockdown ihre Mitglieder überwiegend vom Home Office per Telefon bzw. digital betreut hatte, zum Normalbetrieb zurück: „Die Prüfungsgespräche für die Ausbildungsabschlüsse laufen gerade wieder an.“

 

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Ausbildungsmarkt rückläufig
„Wir hatte zu diesem Zeitpunkt noch nie so wenig Ausbildungsverträge abgeschlossen wie in diesem Jahr“, erzählte Landers. In Zahlen: rund 25 Prozent weniger sind es bislang. Die sonst üblichen Schulbesuche von Ausbildungsberatern entfallen im Moment, der Tag der Ausbildung fand digital statt. Zum einen ist da die Verunsicherung der Unternehmen, die sich überlegen, ob sie es in der aktuellen wirtschaftlichen Lage überhaupt schaffen auszubilden. Dem stünden aber, so Landers, mehr Bewerber gegenüber: „Ein Auslandsjahr oder ähnliches nach dem Schulabschluss macht in diesem Jahr keiner!“ Die Wirtschaft sei hier nicht nur angesichts des Fachkräftemangels in der Pflicht: „Wir haben eine soziale Verantwortung, diesen jungen Menschen zukunftssichere Perspektive zu geben.“ Der ehrenamtliche IHK-Präsident ist im Hauptberuf Unternehmer in Wesel, weiß also, worum es geht. Bei der IHK denkt man darüber nach, noch bis Jahresende neu abgeschlossene Berufsausbildungsverträge in das im September beginnende Ausbildungsjahr hinein zu nehmen, damit Schulabgängern keine Zeitverluste entstehen.

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Hilfen von Bund und Land, aber auch von den Kommunen

Quelle: Niederrheinische IHK Duisburg Wesel Kleve.
„Neben den Hilfen von Bund und Land haben uns auch die Kommunen geholfen: durch Stundung von Abgaben und Steuerzahlungen“, erklärte der IHK-Präsident. „Das Konjunkturprogramm des Bundes verschafft den Kommunen Spielräume, die diese jetzt nutzen wollten. Die beste Wirtschaftförderung ist unbürokratische Hilfe vor Ort.“ Und diese müssten gar nicht immer Geld kosten: Entscheidungsspielräume bei Genehmigungsverfahren oder Erlaubnistatbeständen hat Landers hier ebenso im Sinn wie die Bereitstellung von neuen Ansiedlungsflächen für Gewerbe, um Unternehmen die Möglichkeit zu geben, vor Ort zu expandieren oder sich umzustrukturieren. Ein guter Schritt sei auch die Deckelung der EEG-Umlage, die gerade energieintensive Unternehmen in der Region massiv Geld kosten (z. B. Stahlproduktion, Metallindustrie, Chemie). Zugleich forderte Landers, den Wasserstoffausbau stärker zu fördern: „Ohne Wasserstoff wird es in Zukunft keine Stahlproduktion mehr in Duisburg geben.“ Neben der Stärkung der Verkehrsinfrastruktur forderte Landers auch eine verstärkte Förderung für die Digitalisierung: Breitbandausbau sowie eine Digitalisierung von Verwaltungsprozessen und Bildungseinrichtungen, von denen Bürger wie Unternehmen profitieren würden.

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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