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Grafschafter Museums- und Geschichtsverein: 400 Jahre Moerser Festungsanlagen

Alte Pläne hochwertig aufbereitet und neu interpretiert
Von Petra Grünendahl

Überlagerung des Sariac-Plans von 1762 mit dem aktuellen Katasterplan der Stadt Moers. Quelle: Stadt Moers, Fachbereich 6.
„Zu den Highlights des Buches zählt mit Sicherheit der Befestigungsplan, den ein französischer Offizier 1762 angefertigt hatte“, erzählte Prof. Dr. Margret Wensky, Herausgeberin und Mit-Autorin an einem neuen Buch zur Moerser Geschichte als Festungsstadt. Dass Friedrich II. die Festungsanlagen des seit 1702 preußischen Moers nach dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763) und der französischen Besatzung schleifen ließ, veränderte das Stadtbild ebenso nachhaltig wie zuvor der Bau der Befestigungsanlagen zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Moritz von Oranien (1567–1625) hatte die spanischen Besatzer vertrieben, trat nach dem niederländischen Befreiungskampf das Erbe von Walburgis (Anna Walburga von Neuenahr, 1522–1600), Gräfin von Moers, an und ließ ab 1601 Schloss und Stadt befestigen. Die Festungspläne entwickelte der flämische Baumeister Simon Stevin (1548/49–1620), der als Vater des modernen Bauingenieurswesens gilt: Moers ist die einzige von ihm geplante Festung in Deutschland. Der Bau dauerte bis ins Jahr 1620. Die Spuren dieser oranischen Befestigungsanlagen, die aus hoch aufgeschütteten Erdwällen bestanden – Kanonen konnten ihnen im Gegensatz zu Mauerwerken nichts anhaben – finden sich bis heute im Stadtbild wieder. Beim Schleifen der Wälle kämpfte der Moerser Magistrat mit dem preußischen Ortskommandanten um jeden Zentimeter Wall, nutzte dieser doch der Stadt auch als Hochwasserschutz und Abwasserführung.

 

Prof. Dr. Margret Wensky (l.) und Peter Boschheidgen (r.) stellten das Buch vor. Foto: Petra Grünendahl.
Zum Jubiläum konnte der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein in Moers e. V. (GMGV) die Bonner Geschichtswissenschaftlerin für seine neue Publikation gewinnen: „400 Jahre oranische Befestigung von Schloss und Stadt Moers 1620–2020“. Zusammen mit der Herausgeberin stellte Peter Boschheidgen, Vorsitzender des GMGV, das Werk im Rittersaal des Schloss Moers vor. Bereits im Jahr 2000 hatte Wensky ein zweibändiges Werk über die Moerser Geschichte aufgelegt, auf dessen Basis sie neue Erkenntnisse einordnet und weiter entwickelt. Einen weiteren Vorläufer hat die neue Publikation in einem Werk von Hermann Boschheidgen, Gründer des GMGV und Großvater des heutigen Vorsitzenden: „Die oranische und vororanische Befestigung von Moers nebst ihren Beziehungen zum heutigen Stadtbilde“ von 1917. Das neue Buch zu den Befestigungslagen kann viele neue Details zur Forschung beitragen, die ein komplexeres Bild der Stadtgeschichte ermöglichen: „Die Stadt gewinnt damit an Konturen, die das Stadtbild konkretisieren“, so die Historikerin. Auch habe man für das neue Buch für die bekannten und bislang unbekannten Pläne, Grundrisse und Abbildungen die heutigen technischen Möglichkeiten nutzen können, um sie mit hoher Qualität zu reproduzieren.

 

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Neue Erkenntnisse vervollständigen das Bild der Stadt Moers

Grundriss der Festungsanlagen von Schloss und Stadt Moers um 1601/02. Quelle: Geheimes Staatsarchiv Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Berlin.
Moers gehörte zu einer ganzen Reihe von neuzeitlichen Festungsstädten. Die Überbleibsel der Festungsanlagen sind damit nicht einzigartig, aber immerhin in bemerkenswerter Weise erhalten und im Stadtbild nachzuvollziehen. Einer Belagerung musste die Festungsstadt nie Stand halten. Die Schleifung der Anlagen ermöglichte allerdings, die Moerser Innenstadt über diese Grenzen hinaus zu erweitern und zu entwickeln. Diese Entwicklung zeigt Thorsten Kamp, Beigeordneter der Stadt Moers, dem unter anderem auch die Stadtplanung obliegt, in einem Beitrag, der sich mit der Entwicklung der Stadt vom 17. bis ins 20. Jahrhundert befasst: Wie ist man in der Stadtentwicklung mit dem kulturellen Erbe umgegangen? Das Buch zieht den Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart, um vielleicht Anregungen für eine Stadtentwicklung der Zukunft zu geben, die das kulturelle Erbe der Stadt bewahrt.

 
Über das Buch hatten wir bereits im Mai berichtet:
www.rundschau-duisburg.de/2020/05/22/moers-400-jahre-oranische-befestigung-von-schloss-und-stadt/

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Ein Standardwerk für Moers-Interessierte

Joan Blaeu d. Ä. (1596-1673), Grundriss der Festung Moers, 1649. Quelle: Grafschafter Museum im Moerser Schloss.
„Der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein ist froh, ein derartiges Großprojekt zum 400. Jubiläumsjahr der das Stadtbild prägenden oranischen Befestigungsanlage gestemmt zu haben“, sagt Peter Boschheidgen, Vorsitzender des GMGV. „Das Werk wird wegen seiner lebendigen und abwechslungsreichen Darstellung nicht nur die Fachleute begeistern, sondern jeden Leser, der sich mit der Stadt Moers und ihrer Geschichte verbunden fühlt.“ 91 Abbildungen, zum Teil bislang unveröffentlichte Pläne, Dokumente und Ansichten aus in- und ausländischen Archiven, Bibliotheken, Museen und Sammlungen, ergänzen und illustrieren die Beiträge. Das Buch „400 Jahre oranische Befestigung von Schloss und Stadt Moers 1620–2020“ (Herausgeber Prof. Dr. Margret Wensky, Veröffentlichung des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins in Moers e.V.) mit festen Einband und 156 Seiten kostet 29,50 Euro. Zu erwerben ist es bei der Moers Marketing GmbH oder im Moerser Schloss (Grafschafter Museum) ebenso wie im lokalen Buchhandel (ISBN 978-3-948252-01-4).
Den Flyer zum Buch gibt es hier zum Download.

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text)
Foto: Petra Grünendahl
Pläne und Grundrisse: Geheimes Staatsarchiv Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin (1), Grafschafter Museum im Moerser Schloss (1) und Stadt Moers (1)

 

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