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Stadtbad Hamborn: Greyfield baut Immobilie zum Bürostandort um

Bauarbeiten ermöglichen Einblicke in anspruchsvolle Konstruktion
Von Petra Grünendahl

Das alte Stadtbad Hamborn wird zum Bürostandort umgebaut. Foto: Petra Grünendahl.
Über 20 Jahre gammelte das schmucke Stadtbad in Hamborn vor sich hin. 1998 wurde der Betrieb still gelegt, nachdem die Bauaufsicht eine Decke als einsturzgefährdet erklärt hatte. Auf der anderen Seite der Duisburger Straße baute die Stadt das Rhein-Ruhr-Bad, das 2003 den Betrieb aufnahm. Ungebetene Gäste hinterließen im geschlossenen Bad über Jahre ihre Spuren in Form von Zerstörung und Graffiti. Für ein Factory Outlet sollte die Immobilie reaktiviert werden: Diese Pläne zerschlugen sich jedoch. 2018 hatte die Greyfield Group aus Essen das Objekt gekauft, um es zu sanieren und zum Bürostandort umzubauen. Mit dem Jobcenter Duisburg-Nord fand man einen langfristigen Mieter, der eine Sanierung wirtschaftlich machte. Die Einrichtung der Baustelle an der Ecke Duisburger Straße / Walther-Rathenau-Straße machte auch nach außen sichtbar, dass das Stadtbad zu neuem Leben erweckt wird.

 

Das alte Stadtbad Hamborn wird zum Bürostandort umgebaut. Foto: Petra Grünendahl.
Greyfield hat sich darauf spezialisiert, notleidende Bestandsimmobilien zu revitalisieren, sie vermarktungsfähig zu entwickeln und für eine künftige Nutzung bedarfsgerecht umzubauen. „Die Sanierung von Bestandsimmobilien ist nachhaltiger als Abriss und Neubau“, erklärte Dennis Hartmann, Projektentwickler für das Stadtbad. Mit der Grundsteinlegung am 27. März 1929 begann der Bau nach den Plänen Regierungsbaumeisters Franz Steinhauer: Ein Flachdachbau in Stil der Neuen Sachlichkeit (auch: das Neue Bauen der 1920er-Jahre) mit Backsteinoptik sowie horizontaler und vertikaler Gliederung mit Fensterbändern in Muschelkalk. Die beiden Seitenflügel haben über dem Flachdach leicht geneigte Giebeldächer über den Schwimmbecken, umgeben von Flachdach. Die Backsteinfassade ist insgesamt in einem guten Zustand, der Muschelkalk bröselt an einigen Stellen: „Schadhaften Stellen bessern wir hier einfach aus“, erzählte Projektentwickler Hartmann auf einer Tour über die Baustelle. Der Erhalt der Substanz liegt den Immobilienentwicklern am Herzen: Auch in den Innenräumen wird, wo immer möglich, die Backstein-Architektur vom Putz befreit und freigelegt sowie alte Bauelemente sichtbar gemacht. Sie setzen später reizvolle Akzente in einem ansonsten modern gestalteten Arbeitsumfeld.

 

Foyer des Stadtbad Hamborn. Foto: Petra Grünendahl.
Vom Zeichenbrett Franz Steinhauers stammen außer dem Stadtbad zwei weitere Gebäude in Hamborn: Das heutige Robert-Bosch-Berufskolleg und die Polizei-Dienststelle, beide an der August-Thyssen-Straße. Die Gebäude stehen ebenso unter Denkmalschutz wie seit 2005 die Fassade des alten Stadtbades. Dass das Stadtbad nicht als Gesamtes unter Denkmalschutz steht, macht einen solchen Umbau für eine neue Nutzung erst möglich.

 

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Aufwändige Schwimmbad-Kontruktion

Die rechte Schwimmhalle war für Herrenschwimmen vorgesehen. Foto: Petra Grünendahl.
Zwei Schwimmhallen waren im Stadtbad vorgesehen: Mit einem großen Schwimmbecken für Männer im rechten Flügel sowie einem kleineren für Frauen im linken Flügel. Die beiden Schwimmbecken waren aufwändig konstruiert und erfüllten damals sogar olympische Standards. Wegen der Möglichkeit von Bergschäden waren die Schwimmtröge aus Stahlbeton nicht mit dem Gebäudekörper verbunden. Sie ruhen jeweils auf drei Gleitlagern (Drei-Punkt-Lagerung), um leichte Bodensenkungen abfedern zu können. Die Gleitlager unter dem Schwimmtrog verfügen über massive Beton-Fundamente, die nicht mit den Fundamenten des Gebäudes verbunden sind. Das Gebäude mitsamt seinem Fundament ist quasi wie ein Karton über die Schwimmbecken samt Auflager sowie deren Fundamente drüber gestülpt.

Die Schwimmtröge liegen auf Gleitlagern mit eigenem Fundament auf. Foto: Petra Grünendahl.
Schon im ersten Jahr des Baus wurden die Arbeiten unterbrochen, als wegen der Weltwirtschaftskrise das Geld knapp wurde. Mit dem Weiterbau 1936 war das zweite Schwimmbecken überflüssig (im Nationalsozialismus durften Männer und Frauen im gleichen Schwimmbad schwimmen): Bei der Eröffnung 1938 wurde es erst gar nicht in Betrieb genommen. Um 1945 setzte man dort ein Ständerwerk aus Holz ins Becken und zog einen Schwingboden ein, um die Schwimmhalle als Sporthalle zu nutzen. Eine zweireihige Tribüne im oberen Hallenumlauf ermöglichte einen Zuschauerbetrieb. In jedem Seitenflügel des symmetrischen Baus gibt es hinter einer in Innenhöfen liegenden Apsis Wasserausgleichsbehälter (jeweils drei übereinander liegend in Beton gegossen), um bei Bedarf Wasser ins Schwimmbad nachlaufen zu lassen.

 

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Umbau in drei Abschnitten

Rechts im Schwimmtrog ist eine Betonwand eingelassen. Auf der aufgelegten Betonplatte entstehen Büro-Trakte in Holzbau. Foto: Petra Grünendahl.
In drei Bauabschnitten baut Greyfield das mittlerweile entkernte und schadstoffsanierte Gebäude als Bürostandort um. Den Anfang macht der linke Gebäudeflügel mit der ehemaligen Sporthalle an der Walther-Rathenau-Straße. Im Schwimmbecken wurde eine Betonwand eingezogen, die den Trog verkleinert. Eine aufgesetzte Bodenplatte vergrößerte die nutzbare Bodenfläche. So entstehen auf beiden Seiten des verbleibenden Beckens Bürobereiche, die über einen mittigen Flur bzw. entlang der Außenseite Walther-Rathenau-Straße erschlossen werden. Der verbleibende Teil des Schwimmtroges wird zum Lichthof umgebaut: Die Büros auf der Innenseite (zum Schwimmtrog) haben damit Tageslicht. Die Büro-Trakte über dem Schwimmbecken werden über drei Etagen in Holz gebaut. Die beiden unteren Etagen greifen die hohen Decken der Schwimmhallen-Ebenen auf. Die dritte Etage hat normale Raumhöhe und führt über eine weitere Treppe auf ein Flachdach, auf dem weitere Büros entstehen. Die Dachterrasse zum Innenhof bietet auf dieser Ebene einen tollen Ausblick auf das Fördergerüst von Friedrich Thyssen 6. „Hier oben sind die besten Büros“, verriet Hartmann.

Über einem Teil des Schwimmtroges entstehen über drei Etagen Büro-Trakte in Holzbau. Foto: Petra Grünendahl.
Im zweiten Bauabschnitt ist der Mitteltrakt mit einer eher konventionellen Büroarchitektur dran. Dazu kommen auf den Flachdächern weitere Büro-Aufbauten. Der rechte Gebäudeflügel an der Duisburger Straße mit dem großen Schwimmbad wird im dritten Bauabschnitt nach einer Verkleinerung des Schwimmtroges ähnlich aufgebaut wie der linke Flügel. Auch hier entstehen auf drei Etagen Büroflächen in Holzbauweise. Jeweils nach Fertigstellung der einzelnen Bauabschnitte werden die Büros bezugsfertig eingerichtet. Ab Frühjahr nächsten Jahres können erste Teile bezogen werden: Dann findet das Jobcenter Duisburg Nord eine neue Infrastruktur in dem denkmalgeschützten Prachtbau vor, der dann wieder in seinem altem Glanz erstrahlen kann.

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Impressionen von der geführten Tour durch die Baustelle. Fotos: Petra Grünendahl.

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Über die Greyfield Group

Friedrich Thyssen Schacht 6. Foto: Petra Grünendahl.
Die Greyfield Group wurde im Jahr 2012 durch Timm Sassen gegründet. Das nachhaltige Projektentwickler-Unternehmen aus Essen setzt sich aus den drei eigenständigen Marken Liwon, Stana sowie Greyfield zusammen, die jeweils in einem Lebenszyklus einer Immobilie aktiv sind und sich auf das Investment und Redevelopment von Bestandsimmobilien in B- und C-Lagen spezialisieren. Dank fachlicher Kompetenz und kreativem sowie architektonischem Gespür begeht die Greyfield Group unkonventionelle Wege, um aus Grundstücken und Immobilien mit Geschichte intelligente Neunutzungskonzepte zu schaffen, die der Region neuen Mehrwert verleihen. Vom Refurbishment über die Revitalisierung bis hin zum Redevelopment werden alle Bereiche der Immobilienbestandsentwicklung abgedeckt. Durch eine nutzerorientierte Projektentwicklung schafft die Greyfield Group neuen Lebensraum, indem ungenutzte Flächen revitalisiert werden und an die Gesellschaft in Form einer neuen inhaltlichen Zweckbestimmung zurückgegeben werden. So kommen wirtschaftliche und soziale Rendite zusammen. Die gemeinnützige Greyfield Stiftung fördert auch darüber hinausgehend Projekte, die diesen Gedanken weitergeben und die Komponenten Ressourcenschonung, Nachhaltigkeit, Urbanität und gesellschaftliche Verantwortung fördern.

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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