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Ludwiggalerie Schloss Oberhausen: Fotoausstellung zum Strukturwandel 1847–2006

Stadtarchiv zeigt „Oberhausen – Aufbruch macht Geschichte“ im Kleinen Schloss
Von Petra Grünendahl

Dr. Magnus Dellwig, Leiter des Stadtarchivs Oberhausen. Foto: Petra Grünendahl.
„Mit der Erschließung durch die Eisenbahn 1847 entstanden erste Siedlungen, da die Industrialisierung Menschen ins Ruhrgebiet zu den Arbeitsplätzen lockte“, erzählte Magnus Dellwig, Historiker und Leiter des Stadtarchivs Oberhausen. Mit diesem Ausgangspunkt und gegliedert in fünf Epochen schildert die neue Ausstellung die Entwicklung Oberhausens. Die Industrialisierung als Strukturwandel 1.0, weg von der Landwirtschaft, hin zu Kohle und Stahl (1894–1934):
Museumsdirektorin Dr. Christine Vogt. Foto: Petra Grünendahl.
„Die ‚Dunstglocke’ als Zeichen dieser Zeit haben viele Oberhausener noch gut in Erinnerung“, so Dellwig. Vermutlich der vielen guten Arbeitsplätze wegen, die dann dem Strukturwandel 2.0 von der Industriestadt zur Dienstleistungsstadt zum Opfer fielen (1988–2006). In Oberhausens „Neuer Mitte“ findet sich das Ergebnis dieses Wandels. Dieser schaffte ein neues wirtschaftliches Fundament und prägte damit auch die Identität der Menschen. Ihren Abschluss findet die Aufarbeitung im Jahr 2006, als die Planungen zum O.VISION-Zukunftspark keine Förderung vom Land NRW erhielten. Das Ende dieses Zentrums für Gesundheitsdienstleistungen stellte die letzte Zäsur in der Stadtentwicklung dar, deren Überwindung mit der Neuentwicklung des Areals noch nicht abgeschlossen ist.

 

Stellten die Ausstellung vor (v. l.): Dr. Christine Vogt, Michaela Schmitz-Oetjen und Dr. Magnus Dellwig. Foto: Petra Grünendahl.
„Fürs Publikum ist dies ein attraktiver Ort, an dem wir mit Bildern aus Oberhausens Geschichte mehr Menschen erreichen“, erklärte Magnus Dellwig, warum „Oberhausen – Aufbruch macht Geschichte“ als Ausstellung des Stadtarchivs Oberhausen im Kleinen Schloss der Ludwiggalerie zu sehen ist. Im Pressegespräch erzählten Museumsdirektorin Dr. Christine Vogt, Stadtarchiv-Leiter Magnus Dellwig und Michaela Schmitz-Oetjen, stellvertretende Leiterin des Stadtarchivs, wie der Strukturwandel Oberhausens Stadtentwicklung von 1847 bis 2006 geprägt hat. Die Ausstellung erschließt sich über Fotos und Kartenmaterialien, die über Begleittexte in Kontext gesetzt werden.
Die alte Gutehoffnungshütte am Rhein-Herne-Kanal: Hüttenwerk Oberhausen (HOAG). Foto: Petra Grünendahl.
Die Foto-Auswahl ermöglicht dem Betrachter, Entwicklungen nachzuvollziehen. Abgerundet wird die Präsentation inhaltlich durch Video-Filme im Kabinett, die die Diskussion um den Strukturwandel der letzten 30 Jahre auch kritisch hinterfragen. Eine richtige Ausstellungseröffnung ist angesichts von Corona und den Platzverhältnissen im Kleinen Schloss nicht möglich. Die Ausstellung öffnet einfach am Sonntag, 27. September. Zum Ausstellungsstart sind den ganzen Tag Mitarbeiter des Stadtarchivs vor Ort, um Fragen der Besucher zu beantworten.

 
Stadtgeschichte in Bildern und Objekten

Planmodell von Oberhauens Neuer Mitte. Foto: Petra Grünendahl.
„Wir haben ein paar Dinge entdeckt, die wichtig sind für die Stadtgeschichte“, erklärte Klaus Martin Schmidt-Waldbauer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Stadtarchiv. Seit 30 Jahren ist er für die Stadt Oberhausen tätig: In früheren Tätigkeiten in der Stadtentwicklung hat er die Stadtplanung in dieser Zeit mit gestaltet. Heute arbeitet er genau jene Stadtentwicklung historisch auf. Eine Karte vom Gebiet „Oberhausen“ aus dem Jahr 1857 sei extra für diese Ausstellung restauriert und aufgearbeitet worden, erzählte er. Ein silberner Tafelaufsatz von 1904, Deutschlands erster Kontoauszugdrucker (der Sparkasse Oberhausen), ein Abbauhammer und eine Wetterlampe und eine Wetterlampe:
Oberhauens Neue Mitte. Foto: Petra Grünendahl.
Die Ausstellung besteht nicht nur aus Fotos, Kartenmaterial und Begleittexten, sondern auch aus Gegenständen und Objekten mit einem Bezug zu. Zu den Highlights zählt hier mit Sicherheit das Planmodell der Neuen Mitte von 1993, welches in den 1990er-Jahren im Rathaus gestanden hatte. „Die Gebäude waren alle ein bisschen abgegriffen, die Bäume nach und nach verschwunden“, erzählte der Stadtarchivar. Liebevoll restauriert zeigt die Ausstellung dieses Stück nun unter Vitrinenglas. Diverse Fördertöpfe und Sponsoren haben diese Ausstellung erst möglich gemacht: Zum einen der Landschaftsverband Rheinland (LVR), der die wissenschaftliche Aufarbeitung von ca. 3.400 Verzeichnisinhalten im Stadtarchiv förderte, mit dem Ziel, die Erkenntnisse einer Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zu den weiteren Sponsoren zählen unter anderem die Emschergenossenschaft, die Stadtsparkasse Oberhausen und der Freundeskreis der Ludwiggalerie. Hier gibt es den Flyer zur Ausstellung zum Download.

 

Oberhausen – Aufbruch macht Geschichte: das Ausstellungsplakat. Foto: Ludwiggalerie
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der sich mehr als Begleitbuch zur Ausstellung versteht. Das reich bebilderte Werk arbeitet wissenschaftlich Strukturwandel und Stadtentwicklung aus historischer Perspektive auf und geht damit über die Ausstellungsinhalte hinaus: Es ist eher ein Werk zur Stadtgeschichte. Herausgeber Magnus Dellwig, Mitarbeiter des Stadtarchivs sowie externe Historiker beleuchten Historie ebenso Entwicklungen von Thematiken, die sich durch die Stadtgeschichte ziehen. Das reich bebilderte und hochinformative Werk hat 354 Seiten, ist im Verlag Karl Maria Laufen erschienen und kostet 29,90 Euro. Erhältlich ist er im Shop im Kleinen Schloss sowie im lokalen Buchhandel (ISBN 978-3-87468-399-9).

 

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Oberhausen vom Aufbruch zum Strukturwandel

Begleittexte führen durch die Ausstellung. Foto. Petra Grünendahl.
Die Industrialisierung und Arbeitsplätze lockten Menschen ins Gebiet des heutigen Oberhausen. Die Bevölkerung wuchs. Den Namen Oberhausen erhielt die junge Gemeinde vom 1847 neu angelegten gleichnamigen Bahnhof der Cöln-Mindener Eisenbahn in der Gemeinde Borbeck, die später zwischen Oberhausen und Essen aufgeteilt wurde. 1862 schlossen sich sieben Gemeinden zur Bürgermeisterei Oberhausen zusammen, die zuvor den Landkreisen Recklinghausen, Dinslaken und Essen bzw. Duisburg angehört hatten. Zwölf Jahre später (1874) bekam die Gemeinde Stadtrechte im 1873 gegründeten Landkreises Mülheim, der wiederum aus Teilen des Landkreises Duisburg hervorgegangen war, als Duisburg Stadtkreis wurde. 1901 wurde Oberhausen dann selber Stadtkreis. Weitere Eingemeindungen folgten. Im Zuge der Kommunalen Neugliederung im Ruhrgebiet wurden am 29. Juli 1929 die Stadtkreise Oberhausen an der Ruhr, Osterfeld und Sterkrade
Stadtentwicklung in Kartenmontagen. Foto: Petra Grünendahl.
zum neuen Stadtkreis Oberhausen (Rheinland) mit Korrekturen an den Grenzen zu den Nachbarstädten Duisburg, Mülheim an der Ruhr und Bottrop vereinigt. Die Gebietsreform von 1929 führte dazu, dass die heutige kreisfreie Stadt Oberhausen drei gewachsene Zentren hat: Oberhausen, Osterfeld und Sterkrade. Die erst Anfang der 1990er Jahre geplante „Neue Mitte“ kann heute als viertes Zentrum der Stadt gewertet werden: Auf dem Areal des ab 1969 schrittweise still gelegten Werksgeländes der Gutehoffnungshütte (später Hüttenwerke Oberhausen AG, kurz: HOAG), die zuletzt dem Thyssen-Konzern gehörte, entstanden ein Freizeit- und Einkaufszentrum sowie weitere gewerbliche, sportliche und kulturelle Angebote.

 
 
 

Strukturwandel hieß auch: Kampf um Arbeitsplätze. Foto: Petra Grünendahl.
Die 1758 in Betrieb genommenen Eisenhütte St. Antony, der ersten im Ruhrgebiet, verdankt Oberhausen den Beinamen „Wiege der Ruhrindustrie“. Sie wurde 1808 mit den Hütten Gute Hoffnung und Neu Essen zur Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen (JHH) zusammengelegt, aus der dann die Gutehoffnungshütte hervorging. Mit ihrer Schließung gingen Oberhausen nicht nur viele Industrie-Arbeitsplätze verloren: Die Stadt wandelte sich vom Industrie- zum Dienstleistungszentrum.

 
Impressionen der Ausstellung. Fotos: Petra Grünendahl.

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Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen

Silberner Tafelaufsatz von 1904. Foto: Axel Scherer, Stadtarchiv Oberhausen.
Die Sonderausstellung im Kleinen Schloss läuft bis zum 17. Januar 2021. Das Museum ist geöffnet von Dienstag bis Sonntag zwischen 11 und 18 Uhr. Montags ist Ruhetag, feiertags sowie Pfingstmontag ist jedoch geöffnet. Geschlossen ist am 24., 25. und 31. Dezember sowie 1. Januar. Der Eintritt zum Kleinen Schloss ist frei, im Großen Schloss kostet es 8 Euro (ermäßigt 4 Euro, Familien 12 Euro). Corona-bedingt gilt eine Besucherobergrenze: Im Großen Schloss (Otfried Preußler) von 80 Personen, im Kleinen Schloss (Aufbruch macht Geschichte – Strukturwandel 1847–2006) finden insgesamt 35 Leute Platz. Bei einer weiteren Lockerung der Einschränkungen könnte diese Zahl aber wieder steigen. Über die ansonsten geltenden Bestimmungen kann man sich hier informieren. So finden mittlerweile auch wieder die öffentlichen Führungen (sonn- und feiertags um 11.30 Uhr, es gilt eine Personenzahlbegrenzung) sowie das Rahmenprogramm zur Ausstellung im Großen Schloss wieder statt: Sie sind im Museumseintritt inklusive. Details zum Rahmenprogramm zu den Ausstellungen gibt es hier.

 

Das Große Schloss der Ludwiggalerie Schloss Oberhauen. Foto: Petra Grünendahl.
Im Großen Schloss zeigt die Ludwiggalerie noch bis zum 10. Januar 2021 die sehr sehenswerte Ausstellung „Räuber Hotzenplotz, Krabat und Die kleine Hexe. Otfried Preußler – Figurenschöpfer und Geschichtenerzähler“. Diese Ausstellung haben wir bereits besucht.

 
Die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen ist eines der 21 RuhrKunstMuseen. Sie befindet sich an der Konrad-Adenauer-Allee 46 in 46049 Oberhausen. Anfahrt am besten über die A42, Abfahrt Oberhausen-Zentrum. Weitere Infos: www.ludwiggalerie.de.

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Neue Mitte Oberhausen, 2020. Foto: Hans Blossey.
Sehr bemerkenswert ist die ebenfalls im Schloss Oberhausen untergebrachte, aber nicht zur Ludwiggalerie gehörige Gedenkhalle. Als städtische Einrichtung in Erinnerung an die Verfolgten des Nationalsozialismus arbeitet die Gedenkhalle seit 1962 gegen das Vergessen und für das Miteinander aller Menschen in Oberhausen. Mit der 2010 erneuerten Dauerausstellung widmet sie sich der Stadtgeschichte zwischen 1933 und 1945 sowie der Zwangsarbeit im Ruhrgebiet während der NS-Zeit. Da sollte man unbedingt mal vorbei schauen!

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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