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Ludwiggalerie Schloss Oberhausen: Manfred Vollmer im Kleinen Schloss

Mit einem Blick für das Menschliche
Von Petra Grünendahl

Manfred Vollmer ist mit 80 großformatigen Fotografien im Kleinen Schloss der Ludwiggalerie zu sehen. Foto: Petra Grünendahl.
Fast ikonisch sind die Fotografien von Manfred Vollmer (*1944 in Torgau/Elbe) beispielsweise aus dem Arbeitskampf 1987 in Rheinhausen. Die Arbeitswelten im Ruhrgebiet, die Arbeitskämpfe und das Leben der Menschen hat er jahrzehntelang dokumentiert und auf Film gebannt. Sehr beeindruckende Fotos geben dem Betrachter Einblicke in vergangene Welten und zeugen von dem Respekt des Fotografen gegenüber den Menschen, die er fotografiert hat. Neben dem Ruhrgebiet zeigt die Retrospektive auch Reihen von Fotos beispielsweise aus der DDR und von der Wiedervereinigung 1990, von den Folgen der Havarie eines amerikanischen Öltankers in der Bretagne 1978, vom Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz oder von Kirchenfesten in Italien. Mit der Digitalfotografie ab 2002 und besonders mit seinen Fotos vom Kulturhauptstadtjahr Ruhr 2010 wurden seine Bilder künstlerischer, ohne jedoch ihren dokumentarischen Wert zu verlieren.

 

Stellten die Ausstellung vor (v. l.): Apostolos Tsalastras, Manfred Vollmer und Dr. Christine Vogt. Foto: Petra Grünendahl.
Die neue Ausstellung „ausgelöst“ mit Fotografien von Manfred Vollmer stellte Dr. Christine Vogt, Direktorin der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen, im Pressegespräch zusammen mit Kulturdezernent Apostolos Tsalsastras und dem Fotografen selber in der Panorama-Galerie vor. Manfred Vollmers „Fotografien von 1968 bis heute“ finden Besucher im Kleinen Schloss in der Panorama-Galerie sowie im Kabinett. Die Ausstellung von Vollmers Fotografien sei ihr ein besonderes Bedürfnis gewesen, sagte Christine Vogt, die die Ausstellung in enger Zusammenarbeit mit Vollmer kuratiert hatte. Sie lobte sein gut geordnetes Archiv: „Das erlebt man nicht überall.“ Die großformatigen gerahmten Fotografien hat Manfred Vollmer für diese Retrospektive neu produziert. Die Werkschau und der Katalog zur Ausstellung werden vom Freundeskreis der Ludwiggalerie gefördert. Eine Ausstellungseröffnung (Vernissage) darf es wegen Corona nicht geben, dafür ist die Schau aber schon ab Samstag, 5. Februar, für das Publikum geöffnet. Den Flyer zur Ausstellung gibt es hier.

 

 
Manfred Vollmer

Arbeitskämpfe: Fotografien von Manfred Vollmer in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen. Foto: Petra Grünendahl.
„Mein Revier ist das Revier“ lautete für Jahrzehnte das Motto des in Essen lebenden Fotografen Manfred Vollmer. Und doch gingü sein Interesse und seine fotografische Arbeit sehr viel weiter. Geboren wurde er 1944 in Sachsen. 1946 bekam sein Vater Arbeit in der Nähe von Freiburg, wo Vollmer dann aufwuchs. Ins Ruhrgebiet kam er 1965 zum Studium an der Folkwang Hochschule bei Otto Steinert, den der Fotograf als kompromisslosen Lehrer bezeichnete: „Das hat mir mit meinen Ansprüchen an die eigene fotografische Qualität gut getan.“

Kirchenfeste in Italien: Fotografien von Manfred Vollmer in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen. Foto: Petra Grünendahl.
Bereits das erste große Projekt, seine Abschlussarbeit an der Folkwangschule in Essen zum Thema „Kirchenfeste in Italien“, führte ihn Ende der 1960er Jahre immer wieder vor allem nach Süditalien. Seit 1970, nach dem Examen an der Folkwangschule mit Folkwangpreis, arbeitete er als freier Fotograf vor allem für Wochen- und Tageszeitungen, für Verlage und Gewerkschaften, besonders für die IG Metall. Er baute sich systematisch ein Archiv mit einem großen Themenspektrum auf. In den 1970er Jahren reiste Vollmer wiederholt in die DDR, wo er als Besucher, ohne Akkreditierung, Alltagsszenen, Städtebilder etc. fotografierte. Die Fotoserie über die Wiedervereinigungsfeier in Berlin Anfang Oktober 1990 ist ihm ein großes Anliegen. Seine Arbeit ist – und dies sieht man bis heute – so überzeugend, dass er mehrfach dafür ausgezeichnet wird. 1978 reiste er in die Bretagne, um als Bildreporter über die Ölpest zu berichten, die die Havarie des amerikanischen Tankers Amoco Cadiz verursacht hat. Dafür erhielt er den ersten Preis beim World Press Photowettbewerb in der Kategorie „News Picture Stories“. In den 1990er Jahren arbeitete er für die IBA Emscher Park und begleitete zahlreiche der Strukturwandelprojekte.

Arbeiter: Fotografien von Manfred Vollmer in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen. Foto: Petra Grünendahl.
Seinen persönlichen Strukturwandel erlebte Manfred Vollmer im Jahr 2002, als er konsequent auf Digitalfotografie umstellte: „Seitdem verstehe ich die Arbeiter, die um ihre Arbeitsplätze bangten“, erklärte Vollmer. Hieß es in analogen Zeiten „heute noch“ liefern, sei dies in Zeiten der Digitalfotografie zu „wann heute?“ geworden. Die Belastung der Fotografen sei dadurch höher als im goldenen Zeitalter der Fotografie, welches er selber in den 1970er-Jahren noch erleben durfte, bekundete der Fotograf, der seine fotografische Heimat immer noch in der schwarz-weißen Analogfotografie sieht. Sein analoges Archiv ist seit 2006 im Besitz des Ruhr Museums auf der Zeche Zollverein in Essen.

Katalog zur Ausstellung „Manfred Vollmer ausgelöst“. Foto: Petra Grünendahl.
Die Ludwiggalerie widmet diesem wichtigen Bildfinder unter dem Titel „ausgelöst“ nun mit knapp 80 programmatischen Aufnahmen eine überblickende Werkschau. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der erstmals in einer monografischen Publikation Vollmers fotografisches Werk ausführlich vorstellt. Das 128-seitige Werk „MANFRED VOLLMER – ausgelöst“ enthält Fotografien von 1968 bis heute und wurde herausgegeben von Christine Vogt. Erschienen im Kerber Verlag, Bielefeld, ist er für 29,80 Euro an der Museumskasse, im Shop im Kleinen Schloss sowie im lokalen Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-7356-0842-0).

 

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Ludwiggalerie Schloss Oberhausen

Bücher: Fotografien von Manfred Vollmer in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen. Foto: Petra Grünendahl.
Die Sonderausstellung im Kleinen Schloss läuft bis zum 15. Mai 2022. Im Großen Schloss laufen bis zum 8. Mai die Ein-Raum-Ausstellung „VINYL! Die Comic-Cover“ (hier unser Bericht) sowie die Sonderausstellung „Ruhrgebietschronist trifft Kulturlegende: Rudolf Holtappel und Walter Kurowski – Eine foto_grafische Begegnung“ (hier ist unser Bericht).

Auschwitz: Fotografien von Manfred Vollmer in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen. Foto: Petra Grünendahl.
Das Ausstellungshaus ist geöffnet von Dienstag bis Sonntag zwischen 11 und 18 Uhr. Montags ist Ruhetag, feiertags sowie Oster- und Pfingstmontag ist jedoch geöffnet. Geschlossen ist am 24., 25. und 31. Dezember sowie 1. Januar. Der Eintritt kostet 8,00 Euro (ermäßigt 4,00 Euro, Familien mit zwei Erwachsenen plus Kindern 12,00 Euro). Außerdem gibt es ein Kombiticket mit dem Gasometer Oberhausen für 14,00 Euro. Im Kleinen Schloss ist der Eintritt frei.

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DDR und Wiedervereinigung: Fotografien von Manfred Vollmer in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen. Foto: Petra Grünendahl.
Öffentliche Führungen finden im Großen Schloss sonn- und feiertags um 11.30 Uhr statt. Zur Kuratorinnenführung lädt Dr. Christine Vogt an zwei Sonntagen, am 6. März und am 15. Mai, um 15 Uhr ins Kleine Schloss. Den Vortrag „Manfred Vollmer – Fotografien aus dem Ruhrgebiet“ hält Dr. Susanne Sommer, Direktorin des Kultur- und Stadthistorisches Museums Duisburg (KSM), am Sonntag, 20. März, um 15 Uhr. Alle Führungen sind im Museumseintritt inklusive. Details zum Rahmenprogramm zu den Ausstellungen sowie zum museumspädagogischen Angebot gibt es hier. Tagesaktuelle Informationen zu den Corona-Regeln auf gibt es auf der Website.

 
Die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen ist eines der 21 RuhrKunstMuseen. Sie befindet sich an der Konrad-Adenauer-Allee 46 in 46049 Oberhausen. Anfahrt am besten über die A42, Abfahrt Oberhausen-Zentrum. Weitere Infos: ludwiggalerie.de.

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Impressionen aus der Ausstellung. Fotos: Petra Grünendahl

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© 2022 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl

 
 

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