Wer Kunde bleiben will, bekommt eine saftige Erhöhung des Grundpreises um 238 Prozent
Von Petra Grünendahl
Zuletzt machten eher Strom- und Gas-Discounter mit zweifelhaften Kündigungen von sich reden, weil sie die hohen Beschaffungskosten nicht an Kunden weiterreichen, sondern diese lieber gleich „entsorgen“ wollte. Als Kunde eines regionalen Versorgers aus der Nachbarstadt fühlte man sich sicher, dass so etwas nicht passieren könnte. Das stellte sich als Irrtum heraus, als in der vergangenen Woche ein Brief des Versorgers kam: Man könne den Regio-Kunden (außerhalb Düsseldorfs) nicht mehr zu den bisherigen Konditionen beliefern, hieß es in dem Schreiben. Man kündige den Vertrag ordentlich zum 31. März 2022, allerdings könne der Kunde nicht ein (natürlich sehr deutlich teureres!) Folgeangebot annehmen.
Kein „Preiserhöhungsschreiben“, sondern gleich eine ordentliche Kündigung schickten die Stadtwerke Düsseldorf ihren Kunden jenseits der Stadtgrenze. Ohne eine Erklärung, was bei Annahme des „Folgeangebots“ finanziell auf den Kunden zukommt, wie es bei einer Preiserhöhung gesetzlich vorgeschrieben ist. Nein, der letztendlich gut versteckte brutale Rausschmiss, wenn man als Kunde nicht aktiv wird und um eine Fortführung des Vertrages „bittet“. Da der bisherige Kunde als Antragsteller ja als Neukunde kommt, könnten die Stadtwerke Düsseldorf ihn auch ablehnen. Was dann aber für den überrumpelten Kunden auch erst mal bedeutet, dass sich informieren muss, was er bislang für Kosten in seinem Vertrag hatte und was die Preise im „Folgeangebot“ des Stromanbieters für ihn bedeuten: Den üblichen Vergleich, den man mit einer Preiserhöhung bekommt, gab es hier ja im Kündigungsschreiben nicht. Für einen Kunden, der nicht die Absicht hat, den Stromversorger zu wechseln, ist das Schreiben unterirdisch.
Nur der Grundpreis steigt
Nicht der Strompreis wird teurer: Massivst erhöht wird im „Folgeangebot“ der Grundpreis, der unabhängig vom Verbrauch zu zahlen ist. Von vorher 65 Euro auf rund 220 Euro im Jahr. Das ist eine Erhöhung von rund 238 Prozent, die bei einem Ein-Personen-Haushalt einen großen Anteil an den Gesamtkosten für Strom ausmacht!
Diese Kündigung in Verbindung mit einem „Folgeangebot“ bekommen übrigens wohl nur Kunden im Regio-Tarif. Für Düsseldorfer, für die die Stadtwerke Düsseldorf Grundversorger sind, ändert sich nichts. Für Düsseldorfer scheinen die Grundkosten der Stromlieferung nicht gestiegen zu sein, nur für Kunden jenseits der Stadtgrenze. Wobei Konzessionsabgaben für den jeweiligen Wohnort im Arbeitspreis enthalten sind, wie den Erklärungen zum Preis zu entnehmen ist. Daran kann es also nicht liegen!
Über 40 Prozent der Stromkosten entfallen damit beim Strom sparenden Regio-Kunden (1.200 kWh) damit mittlerweile auf den Grundpreis. Bei 1.500 kWh sind es immerhin noch 37 Prozent. Ohne Preisgarantie ist der neue Tarif obendrein, d. h. die Preise können schneller steigen als der Kunde gucken kann. Und geknebelt wird der Zwangs-Neukunde nun mit 12 Monaten Mindestvertragslaufzeit. Immerhin habe er ein außerordentliches Kündigungsrecht im Falle einer Strompreiserhöhung, sagt das „Kleingedruckte“. Na denn!
Vorsicht Kostenfalle!
Wer den Brief nicht richtig liest, bekommt schnell ein noch größeres Problem, denn die Kündigung selbst fällt unter dem Fettgedruckten – man könne ein Folgeangebot annehmen – nicht sofort ins Auge: Denn die Kündigung wird zum 31. März wirksam, wenn der Kunde nicht bis zum 2. März selbst tätig wird. Dann fällt man nämlich automatisch an den Grundversorger – und damit in einen Grundversorgungstarif für Neukunden, der gut doppelt so teuer ist wie der für Bestandskunden. Woanders hin wechseln ist angesichts völlig überteuerter Neukunden-Tarife auch keine Option. Denn dann wird der Strom noch teurer, als er mit der massiven Erhöhung des Grundpreises bei den Stadtwerken Düsseldorf wäre. Egal, wie man das Schreiben der Stadtwerke Düsseldorf dreht und wendet: Das Schreiben hätte dem Kunden einen direkten Vergleich der bisherigen und der neuen Kosten ermöglichen sollen. Das wäre fair gewesen!
© 2022 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl
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