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Deutsche Oper am Rhein begeisterte im Theater Duisburg mit Der Kaiser von Atlantis

Widerstand gegen das Unrecht:
Wenn der Tod seine Arbeit verweigert

Von Petra Grünendahl

Emmett O’Hanlon (Overall). © Hans Jörg Michel.
Seit 15 Jahren ist Overall (Emmett O’Hanlon) Kaiser von Atlantis und seit 15 Jahren herrscht Krieg. Der Harlekin (Martin Koch) verhöhnt sich mit seinem Lachen selber, der Tod (Luke Stoker) verzweifelt: Das Lachen, das nicht mehr lachen, und das Sterben, das nicht mehr weinen kann. Der Kaiser hat sich in seinem Palast eingeschlossen, um besser regieren zu können: Er schert sich nicht um das Leid seines Volkes. Als er, begleitet vom Lautsprecher (Thorsten Grümbel) und dem Trommler (Rosarió Chavez), den Krieg jeder gegen jeden ausruft, streikt der Tod: Die Menschen und Soldaten leiden, aber kein Tod erlöst sie. Es kommt zu Aufständen der lebenden Toten gegen den despotischen Herrscher. Der Soldat (Sergej Khomov) erschießt das Mädchen (Anke Krabbe), aber es stirbt nicht. Das Mädchen (in Uniform) hat nie etwas anderes als Krieg erlebt. Mit dem Soldaten entdeckt sie, dass es noch etwas anderes als Krieg gibt. Der Tod bietet Overall an, seinen Streik zu beenden, wenn er ihm folgt: „Ich lasse die Menschen nicht leiden. Ich erlöse sie vom Leid“, so der Tod, der seine Bestimmung wieder gefunden hat. Harlekin und der Tod, zu Beginn verzweifelt und optisch heruntergekommen, erstrahlen mit dem Abgang des ungeliebten Herrschers, haben sie doch ihre Bedeutung wieder erlangt: Den Menschen die volle Bandbreite des Leben mit Liebe, Freude und Sterben wieder zu geben.

 

David Fischer (Harlekin). © Hans Jörg Michel.
In Duisburg feierte Viktor Ullmanns „Der Kaiser von Atlantis“ eine vom Publikum begeistert aufgenommene Premiere. Viktor Ullmann hatte das Spiel in einem Akt und vier Bildern zu einer Dichtung von Peter Kein 1943/44 komponiert, als sie beide im Konzentrationslager Theresienstadt (auch Ghetto Theresienstadt) einsaßen: Die Erlebnisse von Entbehrungen und Terror beeinflussten die Entstehung der Oper, die zwar in Theresienstadt geprobt worden war, aber erst 1975 in Amsterdam uraufgeführt wurde (deutsche Erstaufführung 1985). Ihre Botschaft jedoch, aufzustehen gegen Unrecht und Unterdrückung, trägt bis in unsere Gegenwart. Musikalisch geprägt war Ullmann von unterschiedlichen Stilrichtungen: die Marschmusik seiner Kindheitstage als Sohn eines hochrangigen k.u.k.-Offiziers, die Lehren seiner Mentoren Arnold Schönberg und Alexander von Zemlinsky, die jazzgeprägte Unterhaltungsmusik seiner Zeit und seine Liebe zur formalen Strenge eines Johann Sebastian Bach flossen in die Komposition ein. Die italienische Opernregisseurin Ilaria Lanzino hatte das Stück für ein Corona-Publikum inszeniert (wegen seiner kleinen Besetzung beim Gesang und Orchester, die auf Abstand agieren, und der überschaubaren Dauer): In Düsseldorf feierte das Stück bereits im Oktober 2020 Premiere, war dann im Lockdown bei Operavision zu sehen und erlebte jetzt auch in Duisburg endlich seine Premiere. Und man muss ganz klar sagen: Das Stück hat auch nach den Einschränkungen der Corona-Pandemie seinen Platz im Repertoire mehr als verdient. Das gut einstündige Stück (keine Pause) wird gesungen in deutscher Sprache, Übertitel erleichtern das Verständnis der Handlung. Empfohlen wird die Kurzoper ab 12 Jahren.

 

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Über den Kampf um die Menschlichkeit

Luke Stoker (Tod). © Hans Jörg Michel.
Das Stück wurde vom Komponisten und vom Dichter ganz bewusst als Parabel angelegt über die Arbeitsverweigerung des Todes, der sich nicht länger zum Handlanger des despotischen Kaiser Overall instrumentalisieren lassen will. Trotz diverser Zensurversuche während der Proben ist das Stück in Theresienstadt nie zur Aufführung gekommen. Seine Botschaft ist aber aktuell wie nie zuvor: Neben seinen musikalischen Qualitäten ein Grund, es viel häufiger auf die Opernbühne zu bringen!

 

Kimberley Boettger-Soller (Trommler), Emmett O’Hanlon (Overall). © Hans Jörg Michel.
In kleiner Besetzung spielten hervorragende Duisburger Philharmoniker unter der Leitung von Christoph Stöcker auf. Für Bühnenbild und Kostüme zeichnet Emine Güner verantwortlich, das Lichtdesign stammt von Thomas Diek. So empfehlenswert auch die Aufzeichnung bei Operavision war, die anerkanntermaßen ihre Stärken hatte, so sehr zeigte aber auch die Aufführung die Qualitäten des Live-Erlebnisses: Die Akustik im Theatersaal brachte die herausragenden Sänger mit ihren anspruchsvollen und herausfordernden Gesangspartien ebenso wie die fantastischen Duisburger Philharmoniker ganz hervorragend zur Geltung. Das kann eine Filmaufzeichnung nicht leisten.

 

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Ein kleiner Vorgeschmack:

 

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Weitere Termine im Theater Duisburg:
Sa | 21. Mai 2022 | 19:30 Uhr,
So | 29. Mai 2022 | 15:00 Uhr,
Sa | 4. Juni 2022 | 19:30 Uhr und
Sa | 11Juni 2022 | 1930 Uhr.

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Deutsche Oper am Rhein

Sergej Khomov (Soldat), Anke Krabbe (Mädchen). © Hans Jörg Michel.
Die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf Duisburg gGmbH ist eine Theatergemeinschaft der Städte Düsseldorf und Duisburg, die auf eine lange Tradition der Zusammenarbeit zwischen den beiden Großstädten zurückblicken kann. Seit ihrer Gründung 1956 zählt sie zu den bedeutendsten Opernhäusern Deutschlands. Durch ihr hochrangiges Solistenensemble, den Chor sowie die national wie international gefeierte Compagnie Ballett am Rhein hat sie sich zu einer der ersten Adressen für Musiktheater und Tanz in Europa entwickelt. Sie ist in der größten und dichtesten Kulturregion Deutschlands beheimatet. Allein die beiden Städte Düsseldorf und Duisburg zählen zusammen fast 1,1 Millionen Einwohner, aber auch die umliegenden Regionen und eine große Zahl auswärtiger Gäste profitieren vom hochkarätigen künstlerischen Angebot der Deutschen Oper am Rhein.
www.operamrhein.de

 

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Emmett O’Hanlon (Overall), David Fischer (Harlekin). © Hans Jörg Michel.
Tickets kosten zwischen 14,00 und 56,00 Euro. Eintrittskarten gibt es online ebenso wie in der gemeinsamen Theaterkasse von Theater Duisburg und Deutscher Oper am Rhein im ehemaligen Restaurant „Theaterkeller“. Der Eingang befindet sich auf der rechten Seite des Theaters gegenüber vom Duisburger Hof (Öffnungszeiten: Mo bis Fr 10 – 18.30 Uhr, Sa 10 bis 18 Uhr). Karten bestellen kann man auch per Telefon 0203 / 283-62100, Fax 0203 / 283-62210 oder eMail karten@theater-duisburg.de. Die Theaterkasse am Eingang öffnet 60 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Eine halbe Stunde vor Beginn gibt es eine Einführung im Opernfoyer, die einen kurzen Überblick in das Stück, seine Entstehung und die Aufführung gibt. Zusätzlich gibt es zu den meisten Produktionen einen Audio-Opern- oder Ballettführer in einem Kurzformat unter https://www.operamrhein.de/de_DE/opernfuehrer-audio. Möglichkeiten für Ermäßigungen bei den Ticketpreisen findet man auf den Webseiten der Deutschen Oper am Rhein bei den Buchungen aufgeführt.

 

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Die unvermeidlichen Corona-Regeln

Emmett O’Hanlon (Overall), Luke Stoker (Tod). © Hans Jörg Michel.
Die Kapazitätsbegrenzungen in den Sälen sind aufgehoben. Im gesamten Haus gilt nach wie vor, voraussichtlich mindestens bis zum 15. Mai 2022, Maskenpflicht. Es wird gebeten, den Mund-Nasen-Schutz auch im Saal während der gesamten Vorstellung zu tragen. Innerhalb der Räumlichkeiten (z. B. Vorstellungskasse, Garderobenbereiche, Foyers, Sanitäranlagen) ist das Tragen einer OP- oder FFP2-Maske Pflicht. Es gelten die üblichen Hygiene- und Abstandsregeln. Aktuelles gibt es hier.

 
© 2022 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Hans Jörg Michel

 

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