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Übung zur Rettung von Kulturgut: Archivare proben in Duisburg für den Notfall

Mobile Werkstatt: Archive und Feuerwehr trainieren Erstversorgung von wassergeschädigtem Archivgut
Von Petra Grünendahl

Übung zur Rettung von Kulturgut: Archivare proben in Duisburg für den Notfall. Foto: Petra Grünendahl.
Extremwetter wie Überflutungen und Starkregenereignisse werden häufiger: Der Klimawandel lässt grüßen. Bücher und Akten stehen da schnell nicht nur in Kellerräumen unter Wasser. Und auch wenn in Archiven oder Museen Feuer ausbricht: Ein nicht unerheblicher Teil des Schadens entsteht durch Löschwasser. Die archivischen Notfallverbünde in Nordrhein-Westfalen haben zusammen mit der Sauerländer Firma „Dünschede Fahrzeugbau“ eine mobile Werkstatt in Containerform entwickelt, mit deren Hilfe eine schnelle und professionelle Erstversorgung von wassergeschädigtem Archivgut möglich ist. „Ein Rettungswagen in Containerform“, nannte ihn Nadine Thiel, leitende Restauratorin des Stadtarchivs Köln. „Wir müssen geschädigte Akten dokumentieren, reinigen und verpacken. Dann werden sie eingefroren, bis sie in einer der bestehenden Anlagen gefriergetrocknet werden können“, erläuterte sie die Arbeitsabläufe im Schadenfall. Das vorübergehende Einfrieren ist nötig, um biologische Prozesse und Zersetzung aufzuhalten, bis die Papiere in speziellen Anlagen getrocknet werden können. Für Duisburg wäre hier Köln zuständig: Die Anlagen müssen ja nicht überall stehen, dafür braucht man sie zu selten. Gemeinsame Übungen archivischer Teams und der Feuerwehr mit dem Notfallcontainer sichern die Einsatzfähigkeit von mobilen Erstretterteams.

 

Von links: Dr. Kathrin Pilger (Landesarchiv NRW), Dr. Frank Bischoff (Präsident Landesarchiv NRW), Dr. Susanne Sommer (Direktorin Kultur- und Stadthistorischen Museum Duisburg), Matthias Börger (Dezernent für Umwelt und Klimaschutz, Gesundheit, Verbraucherschutz und Kultur der Stadt Duisburg) , Dr. Andreas Pilger (Stadtarchiv und Notfallverbund Duisburg), Nadine Thiel (Stadtarchiv Köln, Notfallverbund Köln), Nils Radtke (Feuerwehr Duisburg), Frank Peters (Feuerwehr Köln). Foto: Petra Grünendahl.
Anlässlich einer solchen Übung vor dem Kultur- und Stadthistorischen Museum (KSM) im Innenhafen unterstrichen Dr. Andreas Pilger, Leiter des Stadtarchivs Duisburg und Vorsitzender des Duisburger Notfallverbundes, und Dr. Susanne Sommer, Direktorin des KSM, die Bedeutung solcher Notfallmaßnahmen für ihr Archivgut. Außerdem standen Duisburgs Umwelt- und Kulturdezernent Matthias Börger, Dr. Frank M. Bischoff (Präsident des Landesarchivs NRW), Nils Radtke von der Feuerwehr Duisburg sowie Nadine Thiel Rede und Antwort. Beteiligt war an der Übung neben der Feuerwehr Duisburg auch die der Stadt Köln, wo der bislang einzige Notfallcontainer in NRW stationiert ist: Ein Prototyp, der anhand der bislang gesammelten Erfahrungen bei Notfalleinsätzen weiter entwickelt und optimiert wird. Die Feuerwehr ist bei solchen Rettungsaktionen für die Logistik und den Transport von Container und Arbeitsgerät für die Ersthelfer zuständig.

 

 
Unglücke und Wetterkatastrophen erfordern schnelle Hilfe

Geübt wurde mit nicht archivwürdigem Schriftgut. Foto: Petra Grünendahl.
Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs beim U-Bahn-Bau im März 2009 war das Initial für die Entwicklung eines Notfallplans und der Schaffung einer Infrastruktur zur Rettung von Kultur- und Archivgütern. Was dort an Akten aus dem Grund gerettet werden konnte, war nicht nur dreckig, sondern auch durchfeuchtet. Diese „alten Akten“ sind jedoch das Gedächtnis einer Stadt und von Menschen: ein Weg, die Vergangenheit zu erforschen. Das macht sie so wertvoll, auch wenn man es ihnen so nicht ansieht. Die Übung in Duisburg trainierte den Umgang mit der neuartigen mobilen Container-Werkstatt und ermittelte dabei auch mögliche Optimierungspotentiale für die Technik und den Workflow. Erfahrungen aus Einsatzgebieten wie zuletzt Leichlingen (Kreis Mettmann) oder Stolberg (bei Aachen) sollen auch künftig in regelmäßigen Übungen weiter ausgebaut werden.

 

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Aus der Not geboren

Der Container als mobile Werkstatt für die Erstversorgung. Foto: Petra Grünendahl.
Schon seit vielen Jahren schließen sich bundesweit Archive regional und lokal in so genannten Notfallverbünden zusammen, um im Bedarfsfall rasch und konzentriert Personal und Material bereitstellen zu können. Auch in Duisburg existiert seit 2016 ein solcher Notfallverbund, in dem sich neun städtische Kultureinrichtungen und lokale Archive zusammengeschlossen haben. Kooperation und Teamwork sind nötig, denn nur gemeinsam lassen sich im Notfall die Rettungsmaßnahmen auf die Beine stellen: Alle mit ihren Kompetenzen und Fähigkeiten für den einen, der gerade Hilfe braucht. Nach den Erfahrungen mit der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr soll die Infrastruktur der archivischen Notfallprävention weiter ausgebaut werden. Die neuartige mobile Werkstatt, in der nasses und verschmutztes Archivgut gereinigt und für die spätere Gefriertrocknung vorbereitet werden kann, ermöglicht eine qualitativ hochwertige und besonders effiziente Form der archivischen Erstversorgung. Der Container mit bis zu acht Arbeitsplätzen wird aus den bislang gemachten Erfahrungen weiter entwickelt und soll ein Facelift bekommen, bevor weitere mobile Werkstätten der überarbeiteten Art angeschafft werden.

Fotostrecke: Petra Grünendahl

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© 2022 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl

 
 

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