Reduzierte Formensprache und Verzicht auf Details als Stilmittel
Von Petra Grünendahl
Die Arbeiten von Barbara Hepworth (1903–1975) zeichnen sich aus durch ihre reduzierte Formensprache. Die Skulpturen mit ihrem Verzicht auf Details, zeitlosen Materialien und der Konzentration auf das Wesentliche wirken in ihrer Zeit stilbildend. „Formvollendung, Präzision und eine neue Schönheit sind die Kennzeichen ihrer Skulpturen, die uns zum freien Denken inspirieren. Sie streben danach, die Beschränkungen von Zeit und Raum zu überwinden und lassen neue Dimensionen des ästhetischen Erlebens entstehen“, so Dr. Söke Dinkla, Direktorin des Lehmbruck Museums. Heute stehen sie für die Aufbruchstimmung nach dem Zweiten Weltkrieg – die Befreiung der Form hat die Kraft, an der Befreiung der Gesellschaft mitzuwirken. Hepworth war Teil eines großen Netzwerks an fortschrittlich denkenden Künstlern ihrer Zeit, die der modernen Kunst wichtige Impulse gegeben haben. Zu ihnen gehörten Jean Arp, Constantin Brâncuși, Naum Gabo, Alberto Giacometti, Henry Moore und Antoine Pevsner, deren Skulpturen in der Zusammenschau mit den Werken Hepworths zu sehen sind. Die Ausstellung gibt so Einblicke in einen der entscheidenden Momente in der Entwicklung der modernen Bildhauerei.
Die Sonderausstellung „Die Befreiung der Form. Barbara Hepworth“ umfasst rund 50 Exponate, darunter mehr als zwanzig Skulpturen von Barbara Hepworth sowie zeitgenössische Positionen von Künstlern wie Nevin Aladağ, Claudia Comte, Tacita Dean und Julian Charrière. Die Ausstellung entstand in enger Kooperation mit The Hepworth Wakefield, das der Künstlerin an ihrem Geburtsort gewidmet ist, mit Leihgaben aus prominenten Sammlungen wie The Royal Collection, London, dem Kröller-Müller Museum, Otterlo (Niederlande), dem Sprengel Museum, Hannover, dem Pier Arts Centre, Stromness (UK), dem Kunstmuseum Den Haag und dem Museum Morsbroich in Leverkusen. Gefördert wird die Sonderausstellung durch die Kunststiftung NRW, durch die Kulturstiftung des Bundes sowie durch den Landschaftsverband Rheinland (LVR), das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, die Kulturstiftung der Länder, die Ernst von Siemens Kunststiftung und die Duisburger Akzente. Die Ausstellung wird heute Nachmittag mit geladenen Gästen eröffnet und ist ab Sonntag, 2. April, fürs Publikum zugänglich.
Die Künstlerin
Barbara Hepworth wurde 1903 in Wakefield, Yorkshire, als Tochter eines Bauingenieurs geboren. Sie erhielt Stipendien für die Leeds School of Arts (1919–21) und das Royal College of Art (1921–24). Mit einem Reisestipendium und verbrachte sie die Jahre 1924/25 in Italien. Obwohl Hepworths frühe Skulpturen noch figurativ waren, begann sie damit, Formen zu vereinfachen, indem sie Details reduzierte oder eliminierte. Ab Mitte der 1930er-Jahre arbeitete sie vollständig abstrakt. Sie gilt als Schlüsselfigur der europäischen Avantgarde und Meisterin der Abstraktion. Ihr Werk steht beispielhaft für die Befreiung der Form: Mit ihrer Ruhe und inneren Balance setzen Hepworths Skulpturen die befriedende Kraft der Kunst frei. Als Vorkämpferin der modernen Bildhauerei revolutionierte Hepworth mit den „piercings“, dem Durchstechen der Form, in ihren Skulpturen die Kunst fundamental. Mit ihrer einzigartigen Kombination aus reduzierten Formen, zeitlosen Materialien und einer humanistischen, naturverbundenen Haltung wurde sie zu einer der führenden britischen Künstlerinnen ihrer Zeit, die internationale Anerkennung fand.
Das Lehmbruck Museum
Das mitten in Duisburg im Kantpark gelegene Lehmbruck Museum ist ein Museum für Skulptur. Seine Sammlung moderner Plastiken von Künstlern wie Alberto Giacometti, Pablo Picasso, Hans Arp und natürlich Wilhelm Lehmbruck ist europaweit einzigartig. Beheimatet ist das Museum in einem eindrucksvollen Museumsbau inmitten eines Skulpturenparks, der zum Schlendern und Entdecken einlädt.
Namensgeber des Hauses ist der Bildhauer Wilhelm Lehmbruck, der 1881 in Meiderich, heute ein Stadtteil von Duisburg, geboren wurde. Lehmbruck ist einer der bedeutendsten Bildhauer der Klassischen Moderne. Er hat mit seinem Werk maßgeblichen Einfluss auf nachfolgende Künstlergenerationen und ist auch nach seinem frühen Freitod im Jahr 1919 bis heute einflussreich geblieben.
Öffnungszeiten und Eintrittspreise
Die Sonderausstellung „Die Befreiung der Form. Barbara Hepworth“ ist zu sehen bis zum 20. August. Geöffnet ist das Lehmbruck Museum dienstags bis freitags ab 12 Uhr, samstags und sonntags ab 11 Uhr. Die Öffnungszeiten gehen bis 17 Uhr, donnerstags an Terminen der plastikBAR (erster Donnerstag im Monat ab 17.30 Uhr) bis 20 Uhr. An Feiertagen gelten ggf. besondere Öffnungszeiten. Regulär kostet der Eintritt 9 Euro (ermäßigt* 5 Euro), eine Jahreskarte 35 Euro (ermäßigt* 20 Euro). Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre in Begleitung von Angehörigen sowie Blinden- und Demenzbegleitung haben kostenlos Eintritt. Schulklassen und Kindergärten zahlen pro Person 2 Euro (gilt nur für Selbstführergruppen), eine Familienkarte (2 Erwachsene plus Kinder bis 14 Jahre) gibt es für 15 Euro. Jeden ersten Freitag im Monat gilt: „Pay what you want“. Ausgenommen davon sind angemeldete Gruppen.
Zu seinen Sonderausstellungen bietet das Lehmbruck Museum verschiedene Veranstaltungen als Rahmenprogramm an. Öffentliche Führungen durch das Museum gibt es jeden Sonntag um 11.30 Uhr. Für Informationen steht die Kunstvermittlung des Lehmbruck Museums unter Telefon 0203 / 283-2195 oder eMail kunstvermittlung@lehmbruckmuseum.de zur Verfügung (Zu Preisen und Buchungen für Führungen geht es hier). Tickets für Führungen und Veranstaltungen können vorab im Ticket-Shop des Museums gebucht werden.
(*) Ermäßigung erhalten gebuchte Gruppen, Selbstführer ab 20 Personen, Menschen mit Behinderung (ab 70 Prozent), Schüler & Studenten, Wehr- & Zivildienstleistende sowie Menschen mit Sozialhilfebezug.
© 2023 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: siehe individuelle Bildunterschriften
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