Handwerksbetriebe und Bauunternehmen, und damit die Beschäftigten, sollen selbst alte Häuser auf Asbest prüfen
„Die Bundesregierung knickt vor den Eigentümerverbänden und der Wohnungswirtschaft ein und nimmt in Kauf, dass sich tausende Baubeschäftigte mit dem tödlichen Asbest in Gefahr bringen. Das ist ein ungeheuerlicher Skandal! Auf Kosten der Gesundheit der Handwerksbeschäftigten, und nicht auf Kosten der Immobilienbesitzer, soll die energetische, familiengerechte und altersgerechte Sanierung von alten Häusern schneller vorangebracht werden. Das muss gestoppt werden!“ So kommentiert Carsten Burckhardt, im Bundesvorstand der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) zuständig für die Baubranche, die jüngste Kabinettsentscheidung zur Novellierung der Gefahrstoffverordnung. Danach sollen nicht Bauherren zuständig für die Untersuchung alter Gebäude auf Asbest sein, sondern die Bau- und Handwerksbetriebe selbst. „Da bricht doch das völlige Chaos aus: die Fensterbauer starten eine Untersuchung, und finden nichts, die Fliesenleger werden fündig und die Parkettverleger lassen eine Asbestanalyse erst gar nicht machen. Und jetzt? Steckt in dem alten Haus nun Asbest oder nicht?“, fragt Burckhardt. „Da muss doch eine Gesamtuntersuchung her, und das auf Kosten des Bauherrn – sonst passiert nichts!“ Die Bau- und Handwerksbetriebe stünden zudem unter hohem Kostendruck, wer wolle da noch zusätzliche Prüfungskosten verursachen.
Der Gewerkschafter versteht nicht, wie es dazu kommen konnte. An sich waren sich im vorausgegangenem „Asbestdialog“ Baugewerbe, Wohnungswirtschaft, Berufsgenossenschaft, Gewerkschaft und Politik einig, dass für vor 1993 erstellte Häuser, von da an galt ein Verbauungsverbot von Asbest, bei einer Sanierung Bauherren für eine umfassende Prüfung auf gefährliche Stoffe verantwortlich sind. „Dahinter steckt wohl die Befürchtung, dass die energetische, familiengerechte oder altersgerechte Sanierung für viele Großimmobilienbesitzer zu teuer wird und sie lieber die Hände davon lassen statt den dringenden Wohnraum zu schaffen.“ Burckhardt erinnert daran, dass die IG BAU schon lange eine KfW-Förderung für Häusersanierungen fordert, die gerade für Familien den Traum vom Eigenheim durch Abfederung der Asbestsanierungskosten ermöglichen soll.
Die IG BAU hatte erst im vergangenen Jahr eine Asbest-Charta herausgegeben. Unter anderem wird darin ein Asbest-Gebäudepass sowie ein Asbest-Kataster gefordert. Zudem sollte es Sanierungs- und Abwrack-Prämien für Asbest-Häuser geben. Auch die Arbeitsschutzkontrollen sollten intensiviert werden. „Mit der Gesundheit, und bei Asbest muss man auch sagen mit dem Leben, der Beschäftigten ist nicht zu spaßen. Ich appelliere auch an die Bundesländer, die im Bundesrat diesen Vorstoß noch stoppen können“, sagt Burckhardt abschließend.
Nach Schätzungen sterben Jahr für Jahr etwa 1500 Menschen an den Folgen von Asbest, viele davon frühere Handwerker, noch mehr wahrscheinlich ambitionierte Heimwerker. Noch immer stecken Millionen Tonnen asbesthaltiger Baustoffe in den Gebäuden, nicht nur in den bekannten Eternitplatten, sondern auch in Fensterkitt, Fliesen- und Teppichklebern, Rohren, Putz oder Estrich.
Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU)
Foto: Klaus Hausmann / pixabay
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