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Niederrheinische IHK stellte Ruhrlagebericht vor: Wirtschaft schafft es nicht aus der Krise

Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet
fordern „Wirtschaft-first-Strategie“
Von Petra Grünendahl

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Die Krisenstimmung der Unternehmen im Ruhrgebiet stellten (v. l.) Kerstin Groß, Hauptgeschäftsführerin der IHK zu Essen, Werner Schaurte-Küppers, Präsident der Niederrheinischen IHK und Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK, vor. Foto: Gruppe C Photography / Niederrheinische IHK.
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„Schon seit Jahresbeginn ist die Lage angespannt und es geht weiter bergab. Wir sind angeschossen: Unsere Unternehmen hängen in der Rezession fest und sind verunsichert“, erklärte Werner Schaurte-Küppers, Präsident der Niederrheinischen IHK, in diesem Jahr Sprecher der IHKs im Ruhrgebiet. „Die Zahlen kann man nicht schönreden. Der Wirtschaft helfen keine politischen Lippenbekenntnisse, wir Unternehmer brauchen jetzt einen Wachstumsturbo aus Berlin“, forderte er. Den Entlastungspaketen der Bundesregierung fehle die Kraft. Die USA machten vor, wie es geht: Sie förderten Innovationen. „Zu viel Bürokratie, teure Energie und hohe Steuern schrecken ab. Viele fragen sich berechtigt: Warum soll ich in Deutschland investieren?“, so der IHK-Präsident. Und das täten Unternehmen immer weniger: Geld wird lieber im Ausland investiert – die Deindustrialisierung hat längst begonnen. „Geld, was ins Ausland geflossen ist, ist für Deutschland verloren und kommt nicht zurück“, sagte Schaurte-Küppers. „Seit mehr als 15 Jahren haben wir im Ruhrgebiet keine so lang an- haltend schlechten Umfragewerte beobachtet. Ja, vereinzelt, zur Coronazeit. Und als Folge des Energieschocks zu Beginn des Krieges in der Ukraine. Aber diese Krisen hatten einen externen Auslöser. Unsere Wirtschaft hat sich in beiden Fällen schnell gefangen und wieder Tritt gefasst. Das sehen wir derzeit nicht. Diese Krise ist anders. Sie ist struktureller Natur“, erklärte Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger.

 

Ruhrlagebericht der Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet. Foto: Titelbild.
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Bei der Niederrheinischen IHK in Duisburg stellten IHK-Präsident Werner Schaurte-Küppers, Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger und Kerstin Groß, Hauptgeschäftführerin der IHK zu Essen, den 113. Ruhrlagebericht (Herbst 2024) im Pressegespräch vor. Die Stimmung der Wirtschaft im Ruhrgebiet ist mies, bilanzierten sie: Der IHK-Konjunkturklimaindex verharrt zum dritten Mal in Folge auf einem niedrigen Wert, aktuell bei 94 Punkten. Der Durchschnittswert der letzten zehn Jahre liegt bei 113 Punkten. Ähnlich sieht die Lage auch NRW-weit aus. Viele Betriebe sehen sich ausgebremst: Die politischen Rahmenbedingen passten nicht mehr in die Zeit, kritisierten 57 Prozent der Befragten. Die Ruhr-IHKs fordern deshalb eine „Wirtschaft- first-Strategie“: Gesetze müssten sich an die Bedürfnisse der Wirtschaft anpassen, so Schaurte-Küppers. „Wir vertreten unsere Unternehmen und müssen ihre Stimme sein.“ Die Industrieregion brauche mehr Gewerbeflächen und bezahlbare Energie. Auch Steuern und Abgaben müssten runter, so die Forderung der Interessenvertreter. Duisburg und Essen wollen die Gewerbesteuer senken: Eine kleine, aber konkrete Wirtschaftshilfe, lobten die IHKs. Gleichzeitig müsse das Ruhrgebiet mobil bleiben. „Bürokratie und lange Planung bremsen. Wir brauchen mehr Beispiele wie die Schlachthofbrücke in Bochum. Hier soll der Verkehr nach 15 Wochen Bauzeit wieder rollen. Bei der Uerdinger Brücke sind es selbst im besten Fall 13 Jahre. Viel zu lange“, kritisierte IHK-Präsident Schaurte-Küppers.

 

 
 
Fachkräfte halten, Integration fördern

Geschäftslage und Erwartungen nach Wirtschaftsbereichen. Infografik: Niederrheinische IHK.
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Im Ruhrgebiet kommen Menschen aus aller Welt zusammen. Das sei eine Stärke, finden die IHKs. Die Hürden seien jedoch zu hoch, bis Fachkräfte aus dem Ausland im Betrieb anfangen können. Die Anerkennung von Qualifikationen dauere zu lange. „Wir brauchen die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitern und wir müssen die Länder identifizieren, wo sie herkommen sollen“, so Stefan Dietzfelbinger, der den Umgang der Behörden mit Zugewanderten kritisierte: „Wir brauchen beschleunigte Visa-Verfahren und hier ‚Willkommens-Center’, die Zuwanderer unterstützen.“ Trotz der schwächelnden Konjunktur bleibt der Fachkräftemangel weiter eine große Sorge vieler Unternehmen. Jeder zweite Betrieb bezeichnet ihn als Risiko für seine Entwicklung. 43 Prozent der Befragten geben an, ihre offenen Stellen langfristig nicht besetzen zu können.

 
Industrie und Handel sehen ihre Lage besonders pessimistisch, lediglich der Bereich Dienstleistungen zeigt sich krisenbeständig und ist zuversichtlicher als andere Branchen. Der Handel spürt hingegen die gesunkene Kauflaune. Auch verlieren stationäre Händler durch hohe Fixkosten gegenüber dem Online-Handel an Boden. Fast 40 Prozent erwarten schlechtere Geschäfte in den kommenden Monaten. Selbst das nahende Weihnachtsgeschäft sorgt in diesem Herbst nicht für Optimismus.

 

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Konjunkturumfrage der IHKs im Ruhrgebiet

Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet (v. l.): Wulf-Christian Ehrich, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK zu Dortmund, Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen, Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK, Dr. Katja Fox, Mitglied der Hauptgeschäftsführerin der IHK Mittleres Ruhrgebiet und Sprecherin für berufliche Bildung, Werner Schaurte-Küppers, Präsident der Niederrheinischen IHK, Kerstin Groß, Hauptgeschäftsführerin der IHK zu Essen, Dr. Ralf Geruschkat, Hauptgeschäftsführer der Südwestfälischen IHK zu Hagen und Dr. Jochen Grütters, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen. Foto: Gruppe C Photography / Niederrheinische IHK.
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Die Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet (Ruhr-IHKs) fragen zwei Mal im Jahr (zum Jahresanfang und im Herbst) bei ihren Mitgliedsunternehmen unter anderem danach, wie sie ihre gegenwärtige wirtschaftliche Lage beurteilen, ob sie von Insolvenz bedroht sind und mit welcher Geschäftsentwicklung sie in den kommenden Monaten rechnen. Bei der aktuellen Umfrage hatten sich rund 720 Unternehmen mit über 100.000 Beschäftigten beteiligt. Auch die Unternehmen im hiesigen IHK-Bezirk haben zum Ruhrlagebericht beigetragen. Zu den Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet zählen neben der Niederrheinischen IHK Duisburg, Wesel, Kleve zu Duisburg die IHK Mittleres Ruhrgebiet Bochum, die IHK zu Dortmund, die IHK für Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen zu Essen, die Südwestfälische IHK zu Hagen und die IHK Nord Westfalen (mit dem Standort Gelsenkirchen für die Emscher-Lippe-Region).

Den 113. Konjunkturbericht der IHKs im Ruhrgebiet findet man hier als pdf zum Download.

 
Niederrheinische IHK
Die Niederrheinische IHK vertritt das Gesamtinteresse von rund 70.000 Mitgliedsunternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen in Duisburg und den Kreisen Wesel und Kleve. Sie versteht sich als zukunftsorientierter Dienstleister und engagiert sich als Wirtschaftsförderer und Motor im Strukturwandel.
www.ihk.de/niederrhein

 
© 2024 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Gruppe C Photography / Niederrheinische IHK, Infografiken: Niederrheinische IHK

 

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