Deutschland in Ordnung bringen Von Petra Grünendahl
Zeig was du hast: Jörg Immendorff im MKM Museum Küppersmühle. Foto: Petra Grünendahl. __________________________________________________Sein Lebensthema war die kulturelle Identität – eine Frage, die Jörg Immendorff (1945–2007) konsequent malerisch durchdrang. Mit einem unverkennbaren Stil verband er Comic-Ästhetik mit Elementen des Realismus und entlarvte dabei die ideologische Leere des DDR-Sozialismus. „Deutschland in Ordnung bringen“, formulierte er selbst seine Motivation. Werke wie „Café Deutschland“ oder „Langer Marsch auf Adler“ setzen sich intensiv mit politischen und gesellschaftlichen Zuständen auseinander: Er prangerte Missstände an, wollte unbequem sein. Er wollte mitmachen, Gesellschaft mit gestalten: Er setzte sich ein gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Als Professor an der Kunstakademie Düsseldorf prägte er mit großem pädagogischem Gespür eine neue Künstlergeneration. Seine Bilder illustrieren nicht nur Zeitgeschichte: Sie dokumentieren, kommentieren und machen sie erfahrbar. Mit scharfem Blick analysierte Immendorff in den 1970er- und 1980er-Jahren die politischen Konflikte seiner Zeit. „Ich bin der einzige Maler der Kunstgeschichte, der an einer Utopie gearbeitet hat, die dann Realität wurde“, schrieb er Anfang der 1990er-Jahre: Gemeint war die deutsche Wiedervereinigung, die er in seinem Schaffen nie aus den Augen verloren hatte, obwohl andere schon lange nicht mehr dran geglaubt hatten. Immendorff betonte stets die Verantwortung des Einzelnen, sich einzumischen und Haltung zu zeigen: Seine Gesellschaftskritik spiegelt sich über vier Jahrzehnte in seinen Bildern.
Jörg Immendorff im MKM Museum Küppersmühle. Foto: Petra Grünendahl. __________________________________________________Unter dem Titel „Zeig was du hast“ (auch Titel eines Gemäldes von 1983) zeigt das MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst Werke des Malers Jörg Immendorff: 23 herausragende Arbeiten aus der Sammlung Ströher, die exemplarisch für das malerische Schaffen des Künstlers stehen. Museumsdirektor Prof. Dr. h.c. Walter Smerling und Museumskurator Kay Heymer stellten die Ausstellung im Pressegespräch vor. Jörg Immendorff habe vor 25 Jahren zur Eröffnung des MKM in den Wechselausstellungsräumen gehangen, unterstrich Smerling die Bedeutung des Künstlers in der Sammlung Ströher (damals noch die Sammlung Grothe). Die ausgestellten Werke reichen vom frühen „Babybild“ (1966) über „Cafe Deutschland“ (1979) bis hin zu späten Bildern wie „Painter on Canvas“ (Maler auf Leinwand, 1991), „Langer Marsch auf Adler“ (1992) und der „Adlerpartitur“ (1997). Die überwiegend großformatigen Werke, die in den hohen Räumen des Oberlichtsaals gut zur Geltung kommen, laden den Betrachter zu wahren Entdeckungsreisen ein: Viele kleine Details werden erst auf den zweiten, genaueren Blick sichtbar. Unterstützt wird die Ausstellung von der Sparkasse Duisburg. Heute Abend wird sie mit geladenen Gästen eröffnet und ist ab Freitag, 16. Mai, fürs Publikum zugänglich.
Der Künstler Adlerpartitur: Jörg Immendorff im MKM Museum Küppersmühle. Foto: Petra Grünendahl. __________________________________________________Jörg Immendorff (* 14. Juni 1945 in Bleckede; † 28. Mai 2007 in Düsseldorf) war ein deutscher Künstler (Malerei, Bildhauerei, Grafik und Aktionskunst) und Kunstprofessor. Immendorff wurde seit Beginn der 1980er Jahre zu einem der bekanntesten deutschen Künstler der Gegenwart. Er studierte in den 1960er Jahren an der Kunstakademie Düsseldorf zuerst Bühnenbild bei Teo Otto und anschließend ab 1964 Kunst bei Joseph Beuys. Gemeinsam mit Chris Reinecke, die er 1965 kennenlernte, gründete er 1968 das Aktionsprojekt „LIDL“. Während und nach seiner Studienzeit engagierte sich Immendorff politisch in der Außerparlamentarischen Opposition (Gruppe „Mietersolidarität“ in Düsseldorf) und wurde Mitglied der maoistischen KPD/AO, für die er Flugblätter grafisch gestaltete. Er engagierte sich für die dieser Partei nahestehenden Organisationen Nationales Vietnam-Komitee, Liga gegen den Imperialismus und Vereinigung Sozialistischer Kulturschaffender (VSK). Von 1968 bis 1981 arbeitete Immendorff als Kunstlehrer (von 1971 bis 1981 an der Dumont-Lindemann-Hauptschule in Düsseldorf), bevor er sich ganz der freien Kunst widmete. Er malte – im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Malern, die sich nach 1945 der gegenstandslosen Kunst zuwandten – schon früh gegenständliche Bilder mit politisch-gesellschaftskritischen Inhalten. Diese Werkgruppe mit plakativen Bildern aus den frühen 1970er Jahren figuriert unter der Bezeichnung „Agitprop“. 1972 nahm er mit einer Auswahl solcher Gemälde an der documenta 5 in Kassel teil. Schließlich wurde Immendorff zum Vertreter einer neuen Historienmalerei in Deutschland. 1989 erhielt er eine Professur an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste – Städelschule in Frankfurt am Main, ab 1996 war er Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. Als Atelier bezog er 1997 im Düsseldorfer Medienhafen die obersten Geschosse des von David Chipperfield entworfenen Neubaus Kaistraße Studios. Neben seinen Bildern schuf er auch expressive Plastiken. Am 28. Mai 2007 erlag Immendorff der amyotrophen Lateralsklerose (ALS), einer tödlichen Nervenkrankheit, an der er seit 1997 litt. Quelle: Wikipedia (Auszug) (https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%B6rg_Immendorff).
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Impressionen aus der Ausstellung. Fotos: Petra Grünendahl
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Museum Küppersmühle:
Duisburger haben donnerstags freien Eintritt MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst am Innenhafen. Foto: Petra Grünendahl. __________________________________________________Jörg Immendorff ist noch bis zum Frühjahr 2026 im Oberlichtsaal des Erweiterungsbaus zu sehen. In den Wechselausstellungsräumen im Erdgeschoss zeigt das MKM die Ausstellung „Maler, Diebe und Gesindel“ mit Werken von Dieter Krieg bis zum 24. August. Das Museum Küppersmühle findet man im Innenhafen am Philosophenweg 55 (Haupteingang, der Parkplatz befindet sich auf der anderen Straßenseite). Mittwochs ist das Museum von 14 bis 18 Uhr geöffnet, donnerstags bis sonntags sowie feiertags von 11 bis 18 Uhr. Montags und dienstags ist Ruhetag. Der Eintritt kostet nur für die Wechselausstellungen 8 Euro (ermäßigt 4 Euro), für das gesamte Haus (inkl. Wechselausstellung) 14 Euro (ermäßigt 7 Euro). Familien (2 Erwachsene plus Kinder) zahlen 22 Euro für das ganze Haus. Kinder bis 16 Jahren haben freien Eintritt. Kindergruppen (Schule, Kita, Kinderfreizeit) zahlen 2 Euro pro Kind und Betreuer. Der Besuch der Aussichtsplattform ist gegen Aufpreis von 4 Euro beim Besuch des gesamten Hauses zubuchbar. Donnerstags haben alle Duisburger (gegen Vorlage des Personalausweises) freien Eintritt. Das MKM ist Partner der Ruhrkultur.Card. Alle Ausstellungsräume des Museums sind auch für Menschen mit eingeschränkter Mobilität zugänglich.
Offene Führungen durch die Sammlung sowie durch laufende Ausstellungen gibt es jeden Sonntag um 15 Uhr, aber auch nach Vereinbarung. Durch die Ausstellung gibt es mittwochs zwischen 15 und 16 Uhr die Führung „KunstMittwoch“. Beide Führungen sind im Eintritt enthalten. Zu den Ausstellungen bietet das MKM zudem immer wieder Themenführungen, Künstlergespräche oder Sonderformate an. Zu den Highlights zählt hier „Klang und Performance im Dialog mit Bild und Raum“ mit den Duisburger Philharmonikern: Am 21. Mai, am 29. Oktober und am 18. März 2026 – jeweils um 18 Uhr und um 19:30 Uhr. Informationen zu Führungen und dem Begleitprogramm zu Ausstellungen gibt es unter www.museum-kueppersmuehle.de).
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Das Museum Küppersmühle als Kunstwerk um die Moderne Kunst MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst am Innenhafen. Foto: Petra Grünendahl. __________________________________________________Das Museum Küppersmühle für Moderne Kunst wurde im April 1999 in einem ehemaligen Getreidespeicher im Innenhafen eröffnet. Er wurde nach Plänen der Basler Architekten Herzog & de Meuron zum Museum umgebaut. Initiator des Museumsprojekts war der Duisburger Kunstsammler Hans Grothe (1930–2019). Grothes Sammlung umfasste über 800 Werke von mehr als 40 deutschen Künstlern. Seit der Übernahme seiner Sammlung durch das Darmstädter Sammlerpaar Sylvia und Ulrich Ströher 2004/2005 stieg die Anzahl der Ausstellungsstücke und der vertretenen Künstler noch erheblich an. Insgesamt handelt es sich um eine der wichtigsten und umfangreichsten Sammlungen deutscher Kunst seit 1945. Zur Präsentation der ständigen Sammlung kommen immer wieder Wechselausstellungen hinzu. Seit 2008 war ein Erweiterungsbau geplant: Zunächst als ein „Schuhkarton“ auf den Silotürmen, der 2011 wegen Baumängeln scheiterte. Bei einem neuen Anlauf beauftragten die Ströhers 2014 das Architektenbüro Herzog & de Meuron erneut mit der Planung (Baubeginn war 2016): Der Erweiterungsbau wurde im September 2021 eröffnet. Seitdem sind im MKM in 42 Räumen auf gut 5.000 Quadratmetern etwas 320 Werke als Highlights aus der Sammlung Ströher in der Dauerausstellung zu sehen. Die Sammlung ist um ein mehrfaches größer: Schließlich sammelt das Darmstädter Ehepaar ja schon seit Mitte der 1980er-Jahre – und immer noch weiter. Der Fokus liegt auf Malerei, aber auch Skulptur, Installation und Fotografie sind vertreten. Die Sammlung umfasst zentrale Positionen der Kunstentwicklung in Deutschland, von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis in die Gegenwart.
Das MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst als Standort der Sammlung Grothe wird seit seiner Gründung von der Stiftung für Kunst und Kultur e. V. Bonn betrieben. Die Stiftung konzipiert und organisiert die Ausstellungen und betreut die umfangreiche Sammlung, die heute dem Kunstsammler-Ehepaar Ströher aus Darmstadt gehört, im MKM. Direktor ist seit 1999 Walter Smerling.
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