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70 Jahre Junger Westen: Ernst Hermanns und sechs Preisträger im Museum DKM in Duisburg

Abstrakte Formensprachen
Von Petra Grünendahl

Michel Sauer: Methode – Skulpturen aus Lindenholz sowie (vorne links) Zinn und Kupfersulfat. Foto: Petra Grünendahl.
Obwohl der Recklinghäuser Kunstpreis in jedem Jahr mit einem anderen künstlerischen Schwerpunkt ausgeschrieben wird, stehen doch in dieser Sonderausstellung von sieben Preisträgern Plastiken, das Skulpturale und das Räumliche im Vordergrund. Das gilt selbst für die wenigen Bilder an den Wänden der Erdgeschossräume, in denen die Werke präsentiert werden. Neben Ernst Hermanns sind Emil Cimiotti, Michel Sauer, Otto Boll, Stefan Kern, Heike Mutter/Ulrich Genth und Gereon Krebber in der Ausstellung vertreten. Alle Künstler sind Kunstpreisträger, in ihrer Arbeitsweise unterscheiden sie sich erheblich. Damit gibt die Ausstellung Einblicke in die Entwicklung der Bildhauerei in Deutschland.
 
 
 
Bei der Pressevorbesichtigung führte Klaus Maas (2. v. r.) von der Stiftung DKM zusammen mit ausstellenden Künstlern durch die Sammlung (v. l.): Heike Mutter und Ulrich Genth. Foto: Petra Grünendahl.
Im Jahr 1947 wird in Recklinghausen mit der Ausstellung „Junge Künstler zwischen Rhein und Ruhr“ der Grundstein gelegt für die Künstlergruppe „Junger Westen“. Anlässlich des 70-jährigen Gründungsjubiläums erinnern sieben RuhrKunstMuseen von Februar 2017 bis April 2018 in einer städteübergreifenden Ausstellungsreihe an das Wirken dieser Künstler. Die Künstlergruppe wurde nach zehn Jahren freundschaftlich aufgelöst, der zeitgleich entstandene Kunstpreis wird aber weiterhin alle zwei Jahre ausgeschrieben. Bis heute haben 46 Künstler den Preis erhalten, der hier in der Ausstellung vertretene Emil Cimiotti bekam ihn sogar zwei Mal. Das Museum DKM im Dellviertel zeigt ab Freitag, 25. März, das Werk Ernst Hermanns (1914-2000), Gründungsmitglied der Künstlergruppe und 1951 Preisträger des Recklinghäuser Kunstpreises, in Beziehung zu Arbeiten sechs weiterer Preisträgern aus sieben Jahrzehnten.

Die Künstler

Der Plastiker Ernst Hermanns im Museuim DKM. Foto: Petra Grünendahl.
Das Museum DKM betreut den Nachlass der Werke des Bildhauers Ernst Hermanns (1914–2000), zahlreiche seiner Werke gehören zum festen Bestandteil der Museums-Präsentation bzw. waren auch schon einmal in einer Sonderschau zu sehen. Als Preisträger präsentierte er in der Show von 1951 die ersten Skulpturen in seinem Werk, die kraftvoll in den Raum drängen und die Figuration überwinden. Mit diesen ersten abstrakten Plastiken findet Hermanns zu der Formsprache, die seine Arbeiten der nächsten Jahre entscheidend prägt.

Emil Cimiotti: Insel (im Vordergrund) und zwei Sporaden (gerahmt im Hintergrund). Foto: Petra Grünendahl.
Emil Cimiotti (*1927) hat als einziger Künstler den Kunstpreis zwei Mal erhalten, 1957 für Bildhauerei und 1959 für seine Handzeichnungen. Um dieser materiellen Spannbreite der Arbeit Cimiottis gerecht zu werden, stellt das Museum DKM sowohl eine monumentale und drei kleinere Plastiken aus Bronze als auch filigrane Papierreliefs aus. Die unbearbeiteten, zerklüfteten Oberflächen der Skulpturen erinnern an Naturphänomene, ohne diese abzubilden.

Michel Sauer: Runde Kamine aus verzinktem Eisen. Foto: Petra Grünendahl.
Michel Sauer (*1949) wurde 1972 Preisträger in der einmaligen Kategorie „Politische und gesellschaftliche Karikaturen“. Unabhängig davon arbeitet er hauptsächlich als Zeichner und Plastiker, der in beiden Medien Serien geografischer Formation en herstellt und variiert. Seine Skulpturen erinnern an im kollektiven Gedächtnis verankerte Grundformen von Gegenständen des Alltagsgebrauchs, wie Öfen oder Körbe.

Der Hermanns-Schüler Otto Boll (*1952) erhielt 1981 den Preis für Bildhauerei. Seine Schwebende Skulptur von 1980 ist fester Bestandteil der Dauerausstellung im Museum DKM, entzieht sich jedoch durch ihre unscheinbare Präsentation der Wahrnehmung zahlreicher Besucher. Neben einer weiteren Arbeit aus der Reihe der in den Raum verweisenden linearen Skulpturen, zeigt die Ausstellung auch Zeichnungen Otto Bolls aus den Jahren 1975–1976.

Stefan Kern: Tisch (vorne) und ISDN (hinten). Foto: Petra Grünendahl.
1995 erhielt Stefan Kern (*1966) den Preis für Bildhauerei, 2001 war er an der Gemeinschaftsausstellung „Echo’s Pool“ in der Galerie DKM beteiligt. Ein Großteil der Arbeiten Stefan Kerns ist begehbar oder lässt sich als Sitzgelegenheit nutzen. Somit bewegen sich die Arbeiten Kerns im Grenzbereich zwischen Kunst und Design, thematisieren mit ironischer Distanz die Frage nach dem Nutzen von Kunst. Häufig im öffentlichen Raum platziert, wirken die in schlichtem weiß lackierten Skulpturen puristisch und auf ihre Funktion reduziert; gleichzeitig laden sie zur interaktiven Teilnahme ein.

Heike Mutter/Ulrich Genth: Fixateurs externes (2013). Foto: Petra Grünendahl.
Ulrich Genth (*1971) bildet seit 2003 mit Heike Mutter (*1969) ein Künstlerduo, das für Duisburg die Landmarke „Tiger and Turtle“ entworfen hat. 2001 hat er den Kunstpreis für Skulptur erhalten. Bekannt sind sie für ihre Interventionen im öffentlichen Raum, mit denen sie kritisch die identitätsstiftende Wahrnehmung von Denkmälern hinterfragen. Auch „Tiger and Turtle“ spielt mit den Erwartungen. Von weitem wie eine rasante Achterbahn wirkend, eignet sie sich doch nur zum behutsamen Hochsteigen der Stufen – wie in dem Namen, der den heroischen Tiger mit der behäbigen Schildkröte verbindet, bereits angedeutet wird. In der Ausstellung im Museum DKM zeigen Mutter und Genth eine ebenfalls mit dem Raum interagierende Installation aus Spiegel- und Lichtfeldern. Wie der Titel „fixateurs externes“ beschreibt, erinnern die ausgestellten Stahlgerüst e an medizinische Feststellkonstruktionen.

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Gereon Krebber: Kernel (2016). Foto:: Petra Grünendahl.
Der Plastiker Ernst Hermanns im Museuim DKM. Foto: Petra Grünendahl.
Als Gereon Krebber (*1973) im Jahr 2007 den Kunstpreis erhielt, fand auch die erste Ausstellung des jetzigen Düsseldorfer Akademieprofessors in der damaligen Galerie DKM im Duisburger Innenhafen statt. Zuletzt wurde Krebber mit der Einzelausstellung „antagomorph“ im Museum DKM umfassend gewürdigt. Die oft vergänglichen, im Verfall begriffene Arbeiten aus Materialien des alltäglichen Gebrauchs wirken bewusst verstörend und hinterfragen damit etablierte Annahmen über Bildhauerei. In der Ausstellung werden aktuelle Arbeiten Krebbers mit Werken aus der Preisträger-Ausstellung in Recklinghausen kombiniert.

Die Exponate von Ernst Hermanns sind Teil der Museumssammlung bzw. im Eigentum der Stiftung Ernst Hermanns Archiv, Duisburg. Weitere Ausstellungsstücke sind überwiegend Leihgaben der Künstler oder stammen als Leihgaben beispielsweise von der Kunsthalle Recklinghausen, dem Kunstverein Hamburg oder der Sammlung Haubrok.

Museum DKM

Michel Sauer: verschiedene Skulpturen (2007-2010. Foto: Petra Grünendahl.
Michel Sauer: Sänfte Mandarin. Foto: Petra Grünendahl.
Die Ausstellung von Ernst Hermanns und sechs Preisträgern aus siebzig Jahren Recklinghäuser Kunstpreis ist ab Freitag, 25. März, bis zum 24. September 2017 zu sehen. Als Begleitprogramm geht die pastikBAR des Lehmbruck Museums am 13. Juli „on tour“: Mit Heike Mutter und Ulrich Genth im Museum DKM. Geplant sind außerdem Künstlergespräche mit Michel Sauer, Otto Boll, Stefan Kern und Gereon Krebber. Termine hierfür stehen aber noch nicht fest.

Regulär geöffnet hat das private Museum DKM an der Güntherstraße 13-15 im Dellviertel samstags und sonntags zwischen 12 und 18 Uhr sowie jeden ersten Freitag im Monat ebenfalls zwischen 12 und 18 Uhr. Montags bis freitags wird ansonsten nur nach Vereinbarung für Gruppen geöffnet. Der Eintritt kostet 10 Euro (ermäßigt 5 Euro, für Schüler und Studenten bis 28 Jahre), Kinder bis 7 Jahre haben freien Eintritt. Für Gruppen (zw. 10 und 15 Personen) gibt es einen Gruppentarif (7 Euro pro Person) zzgl. einer (kostenpflichtigen) Führung. Weitere Infos gibt es hier.

© 2017 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

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