Die AG der Freien Wohlfahrtspflege lädt zur Kundgebung in der Duisburger Innenstadt am 22. November 2023
Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Duisburg blickt mit großen Sorgen in die Zukunft: Das Jahr 2023 geht zu Ende und bis jetzt gibt es keine konkreten Finanzierungs- zusagen für die sozialen Angebote in Duisburg. Lohnerhöhungen, Preissteigerungen und enorme Kürzungen im Bundeshaushalt stehen bevor.
„Duisburger Appell“: Duisburg, bleib sozial! Aufruf für ein soziales Duisburg
Mitarbeitende und Träger sozialer Angebote sind am Limit und befürchten: „Bald geht bei uns das Licht aus!“ Deshalb machen die Duisburger Wohlfahrts-verbände mit roten Blinklichtern die drohenden Kürzungen in dieser Stadt sichtbar.
Die Probleme sind vielschichtig: unzureichende Refinanzierung, unklare Zukunftsperspektiven und akute Personalnot. Die Bedingungen, unter denen soziale Arbeit geleistet wird, sind oft prekär und unterfinanziert. In der Folge müssen viele Träger Angebote einschränken oder ganz einstellen.
Rückbau von Beratungsstellen für Familien, für Schuldnerinnen und Schuldner, für Geflüchtete und Migrantinnen und Migranten, Kürzung der Familienhilfe sofort vor Ort, Schließung von Sozialkaufhäusern, Abbau von Pflegeplätzen, Abwicklung einzelner Standorte der Schulsozialarbeit, Reduzierung von Betreuungszeiten z.B. in Kindertageseinrichtungen und Offenen Ganztagen:
Das leise Sterben der sozialen Infrastruktur in Duisburg beginnt und die Auswirkungen sind in der Stadt zu spüren.
Mangelverwaltung gehört seit Jahren zum frustrierenden Alltag, nun ist offenbar der Kipppunkt erreicht. In dieser dramatischen Lage macht die Duisburger Wohlfahrtspflege aufmerksam auf die dringenden Probleme und fordert die politisch Verantwortlichen in der Stadt Duisburg auf, sich für eine umfassende Verbesserung der Situation der sozialen Träger einzusetzen. Denn:
So geht es nicht mehr weiter!
Die Politik in der Stadt Duisburg, im Land NRW und im Bund haben eine gemeinschaftliche Verantwortung und müssen jetzt handeln, sonst drohen durch den Wegfall zahlreicher sozialer Angebote große gesellschaftliche und politische Nöte. Um diese Angebote in Duisburg zu sichern und eine qualitativ hochwertige soziale Arbeit aufrechtzuerhalten, fordern wir:
- Genug von Lippenbekenntnissen – das politische Bekenntnis zur sozialen Arbeit in Form von praktischen und spürbaren Verbesserungen muss sich deutlich widerspiegeln!
- Wertvolle Arbeit verdient eine angemessene Bezahlung – und das umgehend und langfristig gesichert. Akut müssen Schließungen und Reduzierungen aufgrund von Unterfinanzierung verhindert werden!
- Gute soziale Arbeit braucht klare rechtliche Standards und gute Arbeitsbedingungen!
- Die Einbindung der Träger in die Planung und Entwicklung einer sozialräumlichen und präventiven Sozialpolitik! Wir sind die Expertinnen und Experten der Angebote und Maßnahmen und für deren Realisierung verantwortlich. Wir fordern die frühzeitige Beteiligung bei der Entwicklung sozialpolitischer Ziele, Strategien und Maßnahmen auf Augenhöhe.
Hintergrund
Die Unsicherheit über die Zukunft sozialer Dienstleistungen ist so groß wie nie. Die Rahmenbedingungen waren schon in der Vergangenheit selten auskömmlich, nun sind sie endgültig untragbar. Die Träger hängen von der öffentlichen Finanzierung ab, doch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zögern die Kostenträger – der Bund, das Land NRW, die Pflegekassen und auch die Stadt Duisburg – die notwendigen Mittel bereitzustellen. Viele Träger bekommen seit Jahren unveränderte Pauschalen, deren Nichtanpassung sich faktisch wie Kürzungen auswirkt. Tatsächliche und aktuell bestehende Mehrkosten werden nicht anerkannt. Oft fehlen klare rechtliche Ansprüche und Vorgaben, so dass die Träger von der Eigenmächtigkeit und dem Wohlwollen der Kostenträger abhängig sind. Viele Einrichtungen rutschen dadurch jetzt in akute Finanzierungsprobleme. Damit einher geht eine Gefährdung der Trägervielfalt, welche aktuell sicherstellt, dass individuellen Bedürfnissen und der Wahlfreiheit Rechnung getragen werden kann.
Das Durchhaltevermögen der Träger, deren Angestellten und Ehrenamtlichen ist zunehmend erschöpft. Der Rückbau oder gar die Einstellung sozialer Angebote wird zunehmend zur Realität. Während Soziale Einrichtungen in der Vergangenheit Unterfinanzierung durch eigene Mittel, z.B. durch Spenden oder Mitgliedsbeiträge, abfedern konnten, sind die Rücklagen vielerorts endgültig aufgebraucht. Die Krisen der vergangenen Jahre, allen voran die Corona- Pandemie, haben die Ressourcen der Einrichtungen aufgezehrt. Gerade in dieser Zeit wurde auch von öffentlicher Seite immer wieder der Wert frei-gemeinnütziger Organisationen im Sozialbereich betont. Sie haben mit ihrer Arbeit und ihrem Engagement maßgeblich dazu beigetragen, dass wir als Gesellschaft durch diese Krise hindurchgekommen sind.
Durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat sich diese Situation noch einmal dramatisch verschärft. Die dem Krieg folgenden inflationsbedingten Preissteigerungen haben soziale Organisationen genauso getroffen wie den Rest der Gesellschaft. Allerdings wurde die Resilienz der Träger, solche Krisen durchzustehen, in den vergangenen Jahren massiv geschwächt. Vor besondere Herausforderungen werden die Träger aktuell durch die steigenden Personalkosten gestellt. Wenn diese Kostensteigerungen sich nicht in höheren Refinanzierungen für die Träger niederschlagen, nimmt man in Kauf, dass Träger entweder nicht in der Lage sein werden, ihre Mitarbeitenden entsprechend zu bezahlen, oder eine finanzielle Mehrbelastung eingehen müssen, die sie an den Rand ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit treibt.
Die Mitarbeitenden und die Betroffenen (Kinder, Familien, Migrantinnen und Migranten, Arbeitslose und ältere Menschen) sind die Leidtragenden dieser Entwicklung. Viele Mitarbeitende wandern bereits jetzt in weniger prekär finanzierte Bereiche ab. Der Fachkräftemangel trifft die sozialen Organisationen besonders hart. Die ungünstigen Rahmenbedingungen machen es potenziellen Fachkräften nicht einfach, sich für einen Beruf in diesem Bereich zu entscheiden. Der positive Fokus auf den Wert der Sozialberufe, der während der Pandemie vielerorts beschworen wurde, hat sich als kurzlebig erwiesen. Faktisch folgten kaum nachhaltige Verbesserungen der Rahmenbedingungen.
Dadurch leiden vor allem Familien mit Kindern oder älteren Angehörigen, denen ein qualitativ hochwertiges und verlässliches Angebot in den Einrichtungen verwehrt bleibt.
Wir stehen in Nordrhein-Westfalen und auch in Duisburg an einem Wendepunkt. Wenn es uns als Gesellschaft nicht gelingt, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, wird es die soziale Landschaft, wie wir sie brauchen, nicht mehr lange geben. Bund, Land und Kommunen müssen sich zu ihrer Verantwortung bekennen und unverzüglich Maßnahmen zur Rettung der sozialen Infrastruktur ergreifen!
www.duisburg-bleib-sozial.de
Die Veranstaltung in der Kulturkirche wird von Studio 47 gefilmt und ist per Live-Stream bei Youtube zu sehen:
Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
Foto: Diakoniewerk
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