Entfluchtungsanalyse: „Ich habe nur die
wissenschaftliche Methodik begutachtet“
Von Petra Grünendahl
In den Zeugenstand hatte die 6. große Strafkammer des Landgerichts Duisburg Prof. Dr. Michael Schreckenberg geladen. Der Vorsitzende Richter Mario Plein ließ den Zeugen wie gehabt erst erzählen, bevor er anhand von Ermittlungsakten und Vernehmungsprotokollen nachfragte. Der gerne als Stau- oder Panikforscher bezeichnete Professor der Universität Duisburg-Essen (Lehrstuhlinhaber „Physik von Transport und Verkehr“) beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Simulation von Verkehrsströmen und – seit dem Untergang der Fähre Estonia 1994 – auch von Menschenmassen. Er habe für die Stadt Duisburg schon früher Verkehrsimulationen gefertigt. Die Stadt bzw. das Ordnungsamt seien an ihn herangetreten, um „auf Anfrage zu einzelnen Fragestellungen Bewertungen abzugeben.“ Er sei aber nicht in die Planungen einbezogen worden, so Schreckenberg. Ordnungsdezernent Wolfgang Rabe habe ihm damals für die nicht klar definierten Aufgaben 20.000 Euro (inkl. Umsatzsteuer) angeboten.
Ordnungsamt war Kontakt und Auftraggeber
Erst im Frühjahr 2010 war die Verantwortlichkeit für die Genehmigung an das Baudezernat gewechselt, obwohl Ordnungsdezernent Wolfgang Rabe immer noch federführend verantwortlich blieb. Ab dem Wechsel der Zuständigkeit ging es auch nicht mehr um die Genehmigung einer Veranstaltung, sondern um die Genehmigung einer Nutzungsänderung für ein geschlossenes (eingezäuntes) Privatgelände. Für die Überprüfung der im Auftrag der Lopavent GmbH erstellten Entfluchtungsanalyse von Dr. Hubert Klüpfl (TraffGo HT GmbH) sei er vom Ordnungsdezernat beauftragt gewesen. Darüber hinaus sei er nicht beteiligt gewesen. Mit dem Baudezernat bzw. dem Bauamt, wo die sechs städtischen Mitarbeiter auf der Anklagebank arbeiten bzw. gearbeitet haben, habe er während des Genehmigungsverfahrens keinen Kontakt gehabt.
Die Mitarbeiter von Lopavent – vier sitzen hier auf der Anklagebank – seien an seiner Meinung nie interessiert gewesen: „Die wussten alles besser“, so Schreckenberg. Schließlich, so sei deren Aussage gewesen, machten sie solche Veranstaltungen schon seit 20 Jahren, sagte Schreckenberg. Nur: Eben vielleicht nie auf einem solch problematischen Gelände, welches rundum eingezäunt war. So hatten frühere Loveparades im öffentlichen Raum stattgefunden und waren nach allen Seiten offen zugänglich.
Nur mal so …
Zu einer ähnlichen Einschätzung seiner Rolle im Planungsverfahren für die Loveparade (Zitat: „Der Stadt war mein Name wichtiger als mein wissenschaftlicher Beitrag.“) war ich übrigens auch mal gekommen: https://duisburgamrhein.wordpress.com/warum/professor-schreckenberg/.
© 2018 Petra Grünendahl (Text und Fotos)
Sie muessen eingeloggt sein um einen Kommentar zu schreiben Einloggen