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Lektüretipp: „Unter Tage, über Grenzen“ – Verbindungen zwischen Ruhrgebiet und polnischem Kohlerevier

Mottek trifft Pittermesser
Von Petra Grünendahl

Unter Tage, über Grenzen: Der Blick ins Buch. Foto: Petra Grünendahl.
Als der Steinkohlebergbau im 19. Jahrhundert an Fahrt aufnahm, lockte er unter anderem auch zahlreiche Arbeiter aus Schlesien, die für sich und ihre Familien eine bessere Zukunft suchten. Der kulturellen Entwurzelung, Sprachbarrieren und Konflikten mit den „Einheimischen“ folgte die Integration, denn Bergbau und aufkommende Industrie brauchten diese Zuwanderung. Die Polen habe hier Spuren hinterlassen: In der Sprache und in der Gesellschaft. Gemeinsam sind dem Ruhrgebiet und Oberschlesien die Entwicklung als Montanregion. Beide verdanken dem Steinkohlebergbau ihren gewaltigen Entwicklungsschub im 19. und 20. Jahrhundert, der hier wie auch andernorts in Europa Regionen zu Industrialisierung und Wohlstand verhalf. Die Migration aus Polen ins Ruhrgebiet setzte sich in mehreren Etappen bis heute fort: Mit Zuwanderern, die immer noch die Verbindungen nach Polen pflegten und pflegen. Nach dem Zweiten Weltkrieg schuf die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, aus der die heutige EU hervor ging, die Grundzüge für einen gemeinsamen Markt und das friedliche Zusammenleben in Europa. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde auch Polen Teil dieses Europa.

 

Unter Tage, über Grenzen: Der Blick ins Buch. Foto: Petra Grünendahl.
Das Buch „Unter Tage, über Grenzen“ zeigt die Verbindungen zwischen dem Ruhrgebiet und dem polnischen Kohlerevier, die seit dem Beginn der Industrialisierung in einem stetigen Austausch sind. Das Buch ist zweisprachig: in Deutsch und in Polnisch. Herausgeber ist Bodo Hombach als Vorstandsvorsitzender der Brost Stiftung, der auch das Vorwort geschrieben hat. Illustriert ist das Buch mit zahlreichen Fotografien des Jazzmusikers und Fotografen Till Brönner, die eine Auswahl darstellen aus der von der Brost Stiftung geförderten Ausstellung „Melting Pott“, die hier bereits 2019 im MKM Museum Küppersmühle zu sehen war. Brönners Fotos spiegeln eindrucksvoll die Region zwischen Lippe, Emscher und Ruhr in vielfältigen Gesichtern und Identitäten, in den Natur- und Kulturlandschaften ebenso wie in der Architektur. Am 5. Oktober wird die Ausstellung im Schlesischen Museum in Katowice (dt. Kattowitz) in Oberschlesien, Polen eröffnet. „Unter Tage, über Grenzen“ begleitet dieses kulturelle Ereignis und zeigt sich hierbei vor allem als sehr „europäisches“ Buch, das den Bogen weit über Ruhrgebiet und polnischem Kohlerevier hinaus spannt. Das Buch erzählt nicht nur von der polnischen Geschichte des Ruhrgebiets und der deutschen Geschichte in Polen, sondern hat auch dem Ruhri über sich selbst einiges mitzuteilen.

 

 
 

Unter Tage, über Grenzen: Der Blick ins Buch. Foto: Petra Grünendahl.
„Ruhr und Oberschlesien sind Pizzalandschaften: Überall liegt etwas anderes Interessantes oder auch weniger Spannendes“, schrieb der Journalist Konrad Lischka, der in Katowice geboren und im Ruhrgebiet aufgewachsen ist. Die Konstante sei die Veränderung Und: „Wir leben hier heute so zusammen, weil Kohle und Stahl unsere Vorfahren hierher gelockt haben. Aber wie wir zusammenleben und was wir daraus machen – das muss auf das Heute und Morgen gerichtet sein. Tradition im Ruhrgebiet hat auch das Anpacken und nach vorne blicken.“ Und wer im Ruhrgebiet nicht selber polnischer Abstammung ist, kennt Menschen, die es sind: Menschen und deren Vorfahren, die das Ruhrgebiet mit zu dem gemacht haben, was es geworden ist.

 
Die Autoren und das Buch

Unter Tage, über Grenzen: Der Blick ins Buch. Foto: Petra Grünendahl.
Die acht Autoren der einzelnen Beiträge werden im Anhang vorgestellt: Sie haben überwiegend einen wissenschaftlichen Hintergrund, teilweise polnische Wurzeln und sind Grenzgänger zwischen den Kulturen. Sie haben ihre Texte überwiegend gut lesbar und nicht zu trocken wissenschaftlich gehalten, dass sie auch für normale Leser verständlich sind. Das 120-seitige zweisprachige Buch, welches uns als gedruckte Ausgabe mit Klappbroschur-Umschlag vorliegt, gibt es online auf den Webseiten der Brost Stiftung als pdf zum Download. Das Buch ist nicht käuflich zu erwerben, dürfte aber für die Freunde des „Gedruckten“ in öffentlichen Bibliotheken in der Region verfügbar sein.

 

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Der Blick ins Buch. Fotos: Petra Grünendahl

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Brost Stifung und Brost-Akademie
„Ideen mit Wirkung für das Ruhrgebiet und weit über die Grenzen hinaus. Das ist unser Anspruch.“
Brost Stiftung
 

Unter Tage, über Grenzen: Der Blick ins Buch. Foto: Petra Grünendahl.
Die Brost Stiftung ist eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Essen. Sie fördert und entwickelt wissensbasierte, konzeptionsstarke, mutige, zukunftsweisende Projekte, die möglichst durch Kooperation das Miteinander und die anpackende Selbsthilfe im Ruhrgebiet stützen. Die Brost Stiftung wurde am 1. Juni 2011 gegründet. Die Stifterin war Anneliese Brost (1920–2010), Verlegerin und Gesellschafterin der WAZ-Mediengruppe (heute: Funke Mediengruppe), die die Gründung testamentarisch verfügt hatte.
broststiftung.ruhr

 
Die Brost-Akademie gGmbH ist ein 100-prozentige Tochter der Brost Stiftung, das sich als Impulsgeber für das Ruhrgebiet und darüber hinaus versteht. Dazu bringt sie in Projekten, Veranstaltungen und Publikationen Menschen zusammen, die „mit innovativen Ideen und kreativen Lösungen neue Akzente setzen und Strahlkraft über die Region hinaus entwickeln.“
brost-akademie.ruhr

 
© 2023 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl

 
 

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