Zurück in die Bilderwelten der Kindheit
Von Petra Grünendahl
Generationen von Kindern sind mit den Figuren von Otfried Preußler aufgewachsen. Illustrationen von F. J. Tripp (1915–1978) verliehen dem Räuber Hotzenplotz sein markantes Äußeres. Für Krabat hatte Herbert Holzing (1931–2000) die holzschnitthaften Sepia-Zeichnungen erschaffen, die über zahlreiche Auflagen hinweg bestehen blieben. Das unverwechselbare Aussehen der kleinen Hexe, aber auch des kleinen Wassermanns, ist der Künstlerin Winnie Gebhardt (1929–2014) zu verdanken. Sie prägten die Bildwelten der Leser. Spätere Generationen von Kindern sind mit den Neuillustrationen der Klassiker durch Daniel Napp (*1974), Thorsten Saleina (*1970) und Annette Swoboda (*1962) aufgewachsen. Diese Zeichnungen werden in der umfangreichen Schau genauso vertreten sein wie die frühen Zeichnungen. Mehr als 50 ihrer originalen Tuschezeichnungen stellt der Thienemann-Esslinger Verlag aus seinem Archiv eigens für die Ausstellung bereit. Indem die Präsentation nahezu alle Protagonisten Preußlers vorstellt, unterstreicht die Ausstellung die immense Bandbreite seines Schaffens. Zum ersten Mal beleuchtet damit eine Ausstellung grundlegend die Illustratoren, die den Büchern durch ihre eindringlichen Bilder zu großem Erfolg verholfen haben. Originalzeichnungen zu Hörbe, die Otfried Preußler selbst angefertigt hat und die selten gezeigt werden, sind hier ebenfalls zu sehen.
Auch die Schau „Otfried Preußler – Figurenschöpfer und Geschichtenerzähler“, die in ihrer kurzen Öffnungszeit viel Beachtung fand, war 2020 wegen Corona von einer vorzeitigen Schließung betroffen. Zahlreiche Nachfragen nach einer Wiederauflage haben die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen dazu bewogen, sie ein weiteres Mal zu zeigen: Inklusive eines breiten Rahmenprogramms. Außerdem gibt es neue zusätzliche Exponate aus dem Düsseldorfer Marionetten-Theater zu sehen. Ein Kinder-Mitmach-Heft führt spielend durch die Ausstellung und Kinder der Luisenschule haben einen Kinder-Audioguide kreiert. Und Führungen werden jetzt auch auf Ukrainisch/Russisch und Arabisch angeboten. Die Ausstellung lädt dazu ein, unterschiedlichste Gattungen zu durchwandern: Von klassischen Bilderbüchern über Geschichtensammlungen und traditionelle Sagen bis hin zu fantastischen Erzählungen. Dabei können Besucher den gesamten Preußler-Kosmos kennenlernen. Neben dem Räuber Hotzenplotz, dem kleine Gespenst, Krabat oder der kleinen Hexe gehören dazu auch Charaktere wie die dumme Augustine, Tella, die Schildbürger und Wanja sowie einige der weniger bekannten Protagonisten. Die Ausstellung wird gefördert von der Stadtsparkasse Oberhausen und dem Freundeskreis der Ludwiggalerie.
Der Künstler
Otfried Preußler (1923–2013) gehört zu den bedeutendsten und einflussreichsten Kinder- und Jugendbuchautoren des deutschsprachigen Raums. Mit Geschichten wie „Der Räuber Hotzenplotz“, „Die kleine Hexe“ und „Das kleine Gespenst“ hat der Autor seit den 1950er Jahren Figuren erschaffen, die bis heute Generationen von Heranwachsenden prägen und aus den Kinderzimmern dieser Welt sowie dem Schulunterricht nicht mehr wegzudenken sind. Insgesamt schrieb er über 35 Bücher, die in mehr als 50 Sprachen übersetzt wurden und mit einer Gesamtauflage von über 50 Millionen Exemplaren weltweit seine Leser begeistern. Preußler arbeitete in seiner langen Schaffenszeit mit zahlreichen Zeichnern zusammen. Diese illustrierten nicht nur seine Geschichten, sondern erweckten die Figuren zum Leben, indem sie von ihrem persönlichen Stil und eigenen Ideen Gebrauch machten. Diese Illustrationen wiederum prägten die Bildwelten von Millionen von Kindern.
Viele Geschichten Preußlers wurden auch in andere Medien übertragen: Hörbücher, Theateradaptionen, Filme und Spiele zeugen von der immensen Beliebtheit der jeweiligen Werke. Über 300 originale Zeichnungen sowie Filmrequisiten, Buchausgaben und Fotografien ermöglichen erstmals einen umfangreichen Überblick über das Wirken Otfried Preußlers und seiner Illustratoren.
Zur Ausstellung ist ein 160-seitiger bebilderter Katalog (Hrsg. Linda Schmitz-Kleinreesink und Christine Vogt) erschienen, der für 29,80 Euro erhältlich ist (ISBN 978-3-932236-44-0).
Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen
Die Sonderausstellung im Großen Schloss läuft bis zum 15. Januar 2023. Das Museum ist geöffnet von Dienstag bis Sonntag zwischen 11 und 18 Uhr. Montags ist Ruhetag, feiertags sowie Oster- und Pfingstmontag ist jedoch geöffnet. Geschlossen ist am 24., 25. und 31. Dezember sowie 1. Januar. Der Eintritt kostet 8,00 Euro (ermäßigt 4,00 Euro, Familien mit zwei Erwachsenen plus Kindern 12,00 Euro). Außerdem gibt es ein Kombiticket mit dem Gasometer Oberhausen für 14,00 Euro.
Öffentliche Führungen finden im Großen Schloss sonn- und feiertags um 11.30 Uhr statt. Zudem gibt es zur Ausstellung Kuratorinnenführungen (mit Linda Schmitz-Kleinreesink) am:
- Sonntag, 16. Oktober 2022, 15 Uhr,
- Sonntag, 13. November 2022, 15 Uhr,
- Sonntag, 11. Dezember 2022, 15 Uhr, und
- Sonntag, 15. Januar 2023, 15 Uhr.
Am 19. Oktober und am 30. November (jeweils mittwochs, 16 Uhr) führt Museumsdirektorin Dr. Christine Vogt durch die Ausstellung. Alle Führungen sind im Museumseintritt inklusive. Details zum Rahmenprogramm zu den Ausstellungen sowie zum museumspädagogischen Angebot gibt es hier. Tagesaktuelle Informationen zu den Corona-Regeln auf gibt es auf der Website.
Bis zum 16. Oktober 2022 ist im Kleinen Schloss der Ludwiggalerie der Kunstverein zu Gast mit der Reihe „Parallel“. Anschließend ist dort vom 23. Oktober 2022 bis zum 22. Januar 2023 die Ausstellung des Stadtarchivs Oberhausen mit dem Titel „Oberhausen – Aufbruch macht Geschichte. Strukturwandel 1847–2006“ zu sehen.
© 2022 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl
Sie muessen eingeloggt sein um einen Kommentar zu schreiben Einloggen