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Duisburger Bündnis verleiht Preis für Toleranz und Zivilcourage 2023

Projektgruppe des Abtei-Gymnasiums vermittelt Facetten deutscher Vergangenheit
Von Petra Grünendahl

Die Schülergruppe vom Abtei-Gymnasium mit ihrer Lehrerin Christina van Laack (3. v. r.). Foto: Petra Grünendahl.
Die Schülergruppe vom Abtei-Gymnasium in Hamborn, Jugendliche der Jahrgangsstufen 8 bis 12, hatte in verschieden Projekten zur nationalsozialistischen Herrschaft und dem Holocaust nicht nur Gedenkstätten besucht, sondern auch Biografien und Lebenswebe der Opfer recherchiert: „Dadurch sind die Opfer für uns lebendig geworden“, sagte einer der Schüler. Sie seien auch von dem Nachfahren eines Holocaust-Opfers aus Israel kontaktiert worden und hätten dessen Lebensweg für die Stolperstein-Verlegung recherchiert, erzählte ein anderer. „Mit der zeitlichen Entfernung ändert sich der Zugang zur Geschichte“, erklärte Bürgermeister Volker Mosblech in seinem Grußwort. Zeitzeugen sterben langsam aus. „Wir sind in der Verantwortung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu bekämpfen“, so Mosblech. Die Aufarbeitung des Holocaust in der Schule sei unverzichtbar. Das Schülerprojekt, das die Lehrerinnen Christina van Laack und Katharina Middendorf betreuen, macht dagegen den Terror und die Unmenschlichkeit des Nazi-Regimes für die Jugendlichen greifbar. Und das nicht nur an ihrer Schule: Die Schüler arbeiten gemeinsam an einer Graphic Novel, einem Comic-Roman, der diesen Teil der deutschen Geschichte Grundschülern näher bringen soll.

 

Laudatorin Astrid Neese (l.) und Angelika Wagner vom Bündnis für Toleranz und Zivilcourage. Foto: Petra Grünendahl.
Die Arbeit und das Engagement der Hamborner Schülergruppe im Projekt „Das Abtei vergisst nicht“ würdigte das Duisburger Bündnis für Toleranz und Zivilcourage mit seiner Preisverleihung im Gemeindesaal der Jüdischen Gemeinde. „Erinnerungstage alleine können die Ereignisse nicht deutlich machen. Wir müssen das Geschehene mit Inhalten füllen und Lehren daraus ziehen“, unterstrich Laudatorin Astrid Neese, Dezernentin für Bildung, Arbeit und Soziales, den Wert des Schulprojekts.
Die Schülergruppe vom Abtei-Gymnasium mit Bündnis-Sprecher Rainer Bischoff (2. v. r.) und Bürgermeister Volker Mosblech (r.). Foto: Petra Grünendahl.
Geschichte sei nicht nur Vergangenheit, sondern auch auf die Zukunft bezogen. „Im Leben mitmischen fängt nicht erst nach der Schule an“, sagte Christina van Laack. Ihre Schüler hätten Bereitschaft zur Aufarbeitung der Vergangenheit und dazu, Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen. Ein Schweigen sei Beihilfe: „Habt den Mut, eure Stimme zu erheben.“ Zu den Opfern der Nazi-Diktatur zählen neben Juden auch Sinti, Roma, Behinderte und Homosexuelle sowie politisch anders Denkende. Die Erinnerung helfe vorbeugen, mahnte auch Angelika Wagner vom Bündnis für Toleranz und Zivilcourage. Es geht nicht um Schuld, sondern um die Verantwortung, dass so etwas nie wieder passiert! „Never again“ beginnt mit „Never forget“.

 

Dmitrij Yegudin, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde. Foto: Petra Grünendahl.
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Dmitrij Yegudin, erzählte in seinem Grußwort, dass er aus Charkiv im Nordosten der Ukraine stamme und dort immer noch Freunde und Bekannte habe, die vom russischen Angriffskrieg betroffen seien. Über 75 Prozent seiner Gemeindemitglieder stammten aus der ehemaligen Sowjetunion und sie hätten mit Beginn der Flüchtlingsströme aus der Ukraine die Stadt Duisburg als Dolmetscher und mit weiteren Hilfsangeboten unterstützt, so Yegudin weiter. Er habe damals der Stadt prophezeit, dass sie mit 5.000 Flüchtlingen rechnen könnte: Es sind längst mehr und es kommen weitere. Und: „Die Kämpfer an der Front wissen, dass ihre Familien hier in Duisburg in Sicherheit und guten Händen sind.“

 

 
Preis für Toleranz und Zivilcourage

Duisburger Preis für Toleranz und Zivilcourage. Foto: Petra Grünendahl.
Das Duisburger Bündnis für Toleranz und Zivilcourage verleiht seinen Preis an Menschen, die im alltäglichen Bereich das Zusammenleben, die Zusammenarbeit und die interkulturelle Nachbarschaft pflegen oder die durch Aktionen zur Aufklärung über Unrecht und Intoleranz ein besonderes Zeichen gesetzt haben. Dieses herausragende Engagement soll mit der Preisverleihung gewürdigt werden. Über die Verleihung des Preises aus den alljährlich eingereichten Vorschlägen entscheidet eine Jury aus Vertretern verschiedener Bereiche des öffentlichen Lebens in Duisburg. „Wir haben hier immer eine sehr große Auswahl an Menschen und Gruppen, die den Preis verdient hätten“, erzählte Angelika Wagner vom Duisburger Bündnis. Gastgeber der Preisverleihung ist traditionell die Jüdische Gemeinde Duisburg Mülheim Oberhausen in ihrem Gemeindezentrum am Duisburger Innenhafen.

 

Die Gelsenkirchener Swingfoniker. Foto: Petra Grünnedahl.
Musikalisch begleitet haben die Veranstaltung die Gelsenkirchener Swingfoniker unter der Leitung von Lutz Peller: Auch das ist bereits seit vielen Jahren Tradition. Im Anschluss an die Preisverleihung gab es für die geladenen Gäste aus Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft noch Gelegenheit zu Gesprächen bei einem kleinen Imbiss.

 

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Duisburger Bündnis für Toleranz und Zivilcourage

Duisburger Bündnis für Toleranz und Zivilcourage. Foto: Petra Grünendahl.
Das Bündnis für Toleranz & Zivilcourage ist ein Zusammenschluss zivilgesellschaftlicher Organisationen und Einrichtungen aus Duisburg. Es setzt sich ein für eine lebendige Kultur der Erinnerung und engagiert sich für ein gutes, von Toleranz und Respekt geprägtes Zusammenleben in unserer multikulturellen und multireligiösen Stadtgesellschaft.

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Das Bündnis wurde im Jahr 2000 nach dem Anschlag auf die Düsseldorfer Synagoge gegründet. Getragen von dem Gefühl „Wir müssen etwas tun“, rief man damals für den 27. Januar* — dem Auschwitz-Gedenktag — zu einer Menschenkette rund um die Duisburger Synagoge auf, an der sich spontan viele Duisburger Bürger beteiligten. Mit diesem symbolischen „menschlichen Schutzwall“ wurde ein eindrucksvolles Zeichen dafür gesetzt, dass in Duisburg für Antisemitismus kein Platz ist.

 
Seither verleiht das Bündnis jährlich zum Holocaust-Gedenktag (am Tag davor, wenn der 27. Januar auf den Schabbat fällt, der mit Sonnenuntergang am Freitag beginnt) seinen „Preis für Toleranz und Zivilcourage“ an Duisburger Gruppen und Einzelpersonen für deren engagiertes Eintreten gegen Hass, Fremdenfeindlichkeit und religiösen Fanatismus. Außerdem hat sich das Bündnis auch immer wieder an Aktionen gegen rechte Kräfte beteiligt, die in unserer Stadt Fuß fassen wollen.
www.toleranz-zivilcourage-duisburg.de

*) Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau (im heutigen Polen) durch die Rote Armee am 27. Januar 1945

 
© 2023 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl

 
 

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