Jüdische Kultur in Deutschland:
Gemeinde sucht den lokalen DialogVon Petra Grünendahl
Jüdisches Leben hat die deutsche Kultur über Jahrhunderte bereichert. Nach Holocaust und Flucht schrumpften die Gemeinden. Mit dem Fall des eisernen Vorhangs Mitte der 1980-er Jahre kam die zweite Zäsur, die ein neues Kapitel deutsch-jüdischer Geschichte schrieb: Mit der Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion seit dem Ende der 1980-er Jahre gewannen die Gemeinden neue Mitglieder. Mit der Integration der Zuwanderer stärkten sie ihre Sichtbarkeit in der deutschen Gesellschaft. Mit den Jüdischen Kulturtagen öffnet sich nun die Jüdische Gemeinde im Duisburger Innenhafen nach außen, um mit spezifischen kulturpolitischen Akzenten in einen Dialog zu treten.
Vielfältige Bandbreite jüdischen Schaffens
Hochinteressant und vielfältig ist das Programm: Mit Vorträgen, Lesungen, Konzerten von traditioneller jüdischer Musik über die Zwanziger Jahre bis hin zu „jüdischer“ Klassik, mit Ausstellungen und Filmabenden sowie zum Auftakt offene Führungen durch das Gemeindezentrum. Die meisten Veranstaltungen finden in Duisburg statt: im Jüdischen Gemeindezentrum, im Garten der Erinnerungen, im Filmforum am Dellplatz, im Opernfoyer oder im Gemeindehaus Ruhrort: Es gibt aber auch Lesungen und Vorträge in Oberhausen und Mülheim (an den jeweiligen Volkshochschulen sowie in der Stadtbibliothek sowie im Haus der Stadtgeschichte in Mülheim, Details im Programm, Download siehe unten).
Das Fest des Jüdischen Buches am Sonntag, 18. September zwischen 11 und 16.30 Uhr im Gemeindezentrum bietet eine breite Palette an Lesungen: Von autobiographischen Erzählungen reicht das Spektrum über historische Werke bis hin zur Künstlerin und Schriftstellerin Else Lasker-Schüler, die gleich in zwei Beiträgen thematisiert wird. Der in Duisburg aufgewachsene und heute in Berlin lebende Schriftsteller Walter Kaufmann (*1924) wird aus „Schade, dass du Jude bist. Kaleidoskop eines Lebens“ vortragen (weitere Lesungen gibt es an den folgenden Tagen in Mülheim und Oberhausen). Auch Prof. Dr. Daniel Hoffmann, Literaturwissenschafter der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, liest aus seiner Familien-Autobiographie „Heimat, bist du wieder mein“ – nicht nur im Gemeindezentrum, sondern ebenfalls an den Volkshochschulen in Mülheim und Oberhausen.
Kreativquartier Ruhrort, Filmforum am Dellplatz und
Duisburger Philharmoniker beteiligen sich
Die Jüdische Gemeinde hat für ihre Kulturtage auch Unterstützung bei anderen Kultureinrichtungen und Kulturschaffenden in Duisburg gefunden. So zeigt das Kreativquartier Ruhrort am Sonntag, 18. September ab 15 Uhr (Eröffnung) „Der Mensch des Menschen Wolf? – Mahnung – Erinnerung – Verantwortung“ mit Bildern der Künstlerin Francine Mayran, die hier im Vergleich zu einer früheren Präsentation in der Salvatorkirche erweitert wurde. Die Ausstellung ist zwischen dem 19. September und dem 3. Oktober täglich zwischen 10 und 16 Uhr im Gemeindehaus an der Dr.-Hammacher-Straße 6 zu sehen.
Ebenfalls einen Beitrag zu den Kulturtagen leistet das Filmforum am Dellplatz mit den Filmen Rabbi Wolff, Mr. Gaga und Die Frau in Gold.
Die Duisburger Philharmoniker bestreiten ihr 1. Profile-Konzert im Rahmen der Jüdischen Kulturtag mit jüdischen Komponisten: Paul Ben Haim, Ernest Bloch, Mieczyslaw Weinberg und Sergej Prokofjew (Sonntag, 18. September um 11 Uhr im Opernfoyer).
Hier gibt es das komplette Programm als pdf zum Download. Seine ganze Vielfalt sprengt die Möglichkeiten eines Artikels, der nur einzelne Punkte aufgreifen kann. Einige (aber nicht alle) Veranstaltungen sind kostenfrei zugänglich. Der Blick hinein lohnt sich auf jeden Fall …
Für Veranstaltungen im Jüdischen Gemeindezentrum am Springwall 16 ist es aus Sicherheitsgründen für den Einlass unbedingt nötig, seinen Personalausweis bereit zu halten.
© 2016 Petra Grünendahl (Text und Fotos)
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